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„Rethinking“
Abschlussarbeiten von Studierenden der TransArts-Klasse, Universität für Angewandte Kunst Wien
mit Julia Amelie, Lucia Hofer, Nika Kupyrova, Yen Noh, Dorothea Trappel

TransArts
Ricarda Denzer, Stephan Hilge, Jo Schmeiser

Ausstellungseröffnung: 21.06.2016, 19h
Ausstellungsdauer: 22.06.2016 - 02.07.2016
Ort der Ausstellung: das weisse haus, Hegelgasse 14, 1010 Wien
Öffnungszeiten: Di-Fr 13-19h, Sa 12-17h

Rahmenprogramm am Eröffnungsabend:
- Einführende Worte der Institutsleitung - TransArts, Universität für angewandte Kunst
- 19h: Performance Aveugle Voix: A Homage to Theresa Hak Kyung Cha
von Yen Noh

Rethinking – also um- oder noch einmal durchdenken, titelt die Ausstellung im weissen haus, die die Masterarbeiten von fünf Studierenden der Universität für angewandte Kunst zeigt. Während des Studiums des Fachs TransArts haben die Künstlerinnen diese Aufforderung wohl öfters gehört, die nun als Ausstellungstitel ihre inhaltlich sehr unterschiedlichen Arbeiten verbindet. Dabei ist die Verschiedenheit freilich kein Zufall. Sie liegt vielmehr in dem relativ jungen Fach selber begründet, in dem neben der Annäherung von Kunsttheorie und -praxis die Anpassung der Ausdrucksform an das jeweils zu verhandelnde Thema auf der Agenda steht.
Die Arbeiten von Julia Amelie, Lucia Hofer, Nika Kupyrova, Yen Noh und Dorothea Trappel sind nun dementsprechend nicht nur zwischen den unterschiedlichen Medien (u.a. Film, Performance, Installation) angesiedelt, sondern auch transdisziplinär angelegt: Sprache, Identität, Kunstgeschichte und -theorie, Migration, Krieg, filmische Fragen, Literatur, aber auch die Kunstausbildung selber sind Ausgangspunkte ihrer Masterarbeiten, von denen jede ein eigenes Kapitel aufmacht.

Als Reflexion auf die vielen Reflexionsaufforderungen könnte man am ehesten die Arbeit von Nika Kupyrova lesen: Thinking about Artists heißt ihre Masterarbeit, der man sich über die Werke anderer KünstlerInnen annähern muss. Zu sehen sind ihre Neu-Interpretationen berühmter Werke von Brancusi, Sarah Lucas oder auch Isa Genzken, die man ihr als Anschauungsmaterial für ihre eigene Arbeit empfohlen hat. Damit wirft die Künstlerin spannende Fragen nach Original, Plagiat und Referenz in der Gegenwartskunst auf; gleichzeitig ließe sich ihre Aneignung freilich auch dahingehend interpretieren, dass sie mit der Autorität und Übermacht dieser Vorbilder endlich abschließen will.

Dorothea Trappel beschäftigt sich in der traum ist aus mit den Themen Inszenierung und Appropriation. Was passiert, wenn ein über 200 Jahre altes Textzitat in die Gegenwart, sowie aus den Feldern der Literatur und des Theaters in die Räume der bildenden Kunst transferiert wird? Und, wenn mit dem Material Neon Themen, wie Ausgrenzung und Xenophobie transportiert werden sollen, die in dem Originaltext sehr präsent sind. In Trappels Installation ist ein Zitat Medeas aus einem Theaterstück von Franz Grillparzer als Neonschriftzug installiert, wobei für sie neben der gesellschaftspolitischen Dimension auch die Zusammenführung von Literatur und Kunst, Geschichte und Gegenwart sowie Theater und White Cube wesentlich war.

Ähnlich wie bei ihr bilden die Migrationsbewegungen auch bei Julia Amelie einen wichtigen Hintergrund. Sie hat sich in ihrer Masterarbeit jedoch auf deren Auslöser konzentriert und stellt die Frage: Was bedeutet Krieg? Als ein Teil der Werkserie Bang Bodies, wird in der Videoinstallation Boom dieser Themenkomplex weitgehend abstrahiert. Es sind riesige Popcorn zu sehen, die zu dem Geräusch einer einschlagenden Bombe aufspringen. Das bewirkt nicht nur einen unmittelbaren Effekt, die Zusammenführung von Popcorn mit Chaos und Lärm lässt auch an den fatalen Unterhaltungswert denken, den die Kriegsberichterstattung im Fernsehen bewirkt. In War drums ist die Reproduktion eines klassischen Marschrhythmus mit handelsüblichen Sylvester-Knallern zu hören und in der Arbeit An-atomique färbt und entfärbt sich nahezu unbemerkbar das ikonische Bild einer detonierenden Atombombe im Bikini-Atoll.

Lucia Hofer hat sich mit Laufbildern filmischen Ursprungs befasst: Ihre Arbeit Wechselspiel ist eine Dreikanal-Filminstallation, in der sie mit Parametern wie Narration oder Suspense, aber auch mit der Ästhetik von Filmbildern experimentiert. Für Letzteres hat sie eigens eine „Handkamera-Spiegel-Rig“ konstruiert, die die Reflexionen vor der Linse einsammelt und eine geheimnisvoll-märchenhafte Atmosphäre kreiert. Zu dieser trägt zudem die Story bei: Ein junger Mann begegnet einem Mädchen im Wald, wobei die Künstlerin durch die Montage und das Nebeneinander der Bilder zwar laufend Spannung aufkommen lässt, jede Erwartungshaltung jedoch unterminiert.

Während Lucia Hofers Arbeit dadurch nicht wirklich Anfang und Ende hat, ist die Performance von Yen Noh linear konzipiert. Ausschlaggebend für ihr bereits mehrjähriges Interesse am Medium Performance war die koreanisch-amerikanische Künstlerin Theresa Hak Kyung Cha, die die Verknüpfung unterschiedlichster Disziplinen wie Sprache, Poesie und Literatur mit feministischen und identitätspolitischen Themen schon sehr früh vorangetrieben hat. Yen Noh greift in ihrer Masterarbeit ebenfalls auf Sprache als künstlerisches Material und mit ihr verbundene Fragen rund um Identität, Erinnerung und Körper zurück. Die Performance, mit der sie das Fach TransArts abschließt, heißt Aveugle Voix – a homage to Theresa Hak Kyung Cha und reflektiert auf sehr tiefsinnige und poetische Weise die psychischen und physischen Erfahrungen, die man beim Erlernen einer Fremdsprache macht. (Christa Benzer)