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re: ex-post Critical Knowledge and the Post-Yugoslavian Condition, 20 Jänner – 21 Februar 2010

Eröffnung: 19 Jänner 2010, 19.00 – 21.00 Uhr Projektkuratorin: Luisa Ziaja Teilnehmende KünstlerInnen:

Chto delat? mit Vladan Jeremić und Rena Rädle Nina Höchtl Marija Mojca Pungerčar Ausstellungsgestaltung: Toledo i Dertschei Präsentation/Diskussion: 19 Jänner 2010, 19.00 Chto Delat International / Issue 001: Transitional Justice mit Vladan Jeremič Das Ausstellungsprojekt re: ex-post. Critical Knowledge and the Post-Yugoslavian Condition untersucht künstlerische Strategien des Neu-Schreibens und -Lesens rezenter Geschichte im post-jugoslawischen Kontext. Trotz ihres komplexen und sehr spezifischen Charakters wird die jugoslawische Erfahrung des Sozialismus ebenso wie dessen Zusammenbruch oftmals durch dieselbe Meistererzählung erklärt, die für die Zeitgeschichte „Ost-Europas” heute so verbreitet ist: vom Kommunismus (der vermeintlich immer schon zum Scheitern verurteilt war) führt ein zwangsläufiger Pfad über den kathartischen Prozess der „Transition” hin zu einer angeblich endgültigen „Normalität”. Dieses Leitmotiv fungiert als „Heilsgeschichte”, begründet durch eine als universell postulierte Norm historischen Fortschritts. Für (Ex-)Jugoslawien hat Boris Buden eine Instrumentalisierung des Jahres 1989 nachgewiesen, das „tatsächlich als eine Art historische Meistererzählung [funktioniert]: die bekannte Geschichte über den Zusammenbruch des Kommunismus 1989 und den endgültigen Sieg des Kapitalismus und der liberalen Demokratie”.1 Allerdings gerät dieser Anspruch einer allumfassenden Erklärung angesichts der politischen Realitäten dieser Gesellschaften ständig an seine Grenzen. So unterscheidet sich Jugoslawien durch seinen unabhängigen Kurs des Sozialismus und seine blutige Auflösung als multi-ethnischer Staat ganz wesentlich von anderen (post)kommunistischen Ländern. Zunehmend thematisieren kritische künstlerische Praxen solche Widersprüche, indem sie beispielsweise ideologische Geschichtspolitiken und die damit einher gehende Geschichtsvergessenheit als intendierte „Nebenwirkungen” der so genannten „Transitions”-Periode in Frage stellen. Die Ausstellung versammelt drei künstlerische Positionen, die die politischen und ökonomischen Bedingungen der Gegenwart mit Potenzialen des Vergangenen verschränken und nach Mitteln ihrer Aktualisierung suchen.

TEILNEHMENDE KÜNSTLERINNEN:

Chto delat? mit Vladan Jeremić und Rena Rädle Partisan Songspiel. Belgrade Story, 2009 Angelegt wie eine antike Tragödie bildet die Videoarbeit „Partisan Songspiel. Belgrade Story“ die gegenwärtige serbische Gesellschaft anhand von verschiedenen Archetypen ab, die die Konfrontation politischer und ökonomischer Systeme und ihrer Ideologien verkörpern. Anlass ist die Räumung der Romasiedlung Belleville für die Belgrad Universiade 2009. Die herrschende Macht am Beispiel einer Politikerin, eines Oligarchen, eines Nationalisten und eines Mafioso trifft auf die Beherrschten am Beispiel eines Kriegsveteranen, einer Romni, eines Arbeiters und einer lesbischen Aktivistin. Dazwischen operiert ein Chor „toter PartisanInnen“ als geschichtliches Bewusstsein und politisches Gewissen, das den Schlagabtausch kommentiert. Im Rahmen der Ausstellung wird zudem die jüngste Ausgabe der Zeitung Chto delat? mit dem Titel „Transitional Justice“ präsentiert, die sich mit Problematiken der „Transition“ in Serbien beschäftigt. Kurzbiografien: Die 2003 in Petersburg gegründete Plattform Chto delat? / What is to be done? agiert zwischen Theorie, Kunst und politischem Aktivismus und wird von einer Arbeitsgruppe von KünstlerInnen, KritikerInnen, PhilosophInnen und SchriftstellerInnen aus Petersburg, Moskau und Nizhny Novgorod koordiniert. Seither publiziert Chto delat? eine englisch-russische Zeitung zu Themen einer engagierten Kulturproduktion mit besonderem Fokus auf die künstlerisch-intellektuelle Situation in Russland. Die Zeitung zielt darauf ab, die Kultur des heutigen russischen Neo-Kapitalismus zu problematisieren und ihr entgegenzuwirken, sowie gleichzeitig die hier herausgearbeiteten Problematiken in den Kontext paralleler Entwicklungen an anderen Orten zu stellen. In der Regel wird die Publikation im Zusammenhang mit Kunstprojekten und Konferenzen produziert und gratis verteilt. Die Arbeitsgruppe Chto delat? besteht aus: Olga Egorova/Tsaplya (Künstlerin, Petersburg), Artiom Magun (Philosoph, Petersburg), Nikolai Oleynikov (Künstler, Moskau), Natalia Pershina/Glucklya (Künstlerin, Petersburg), Alexei Penzin (Philosoph, Moskau), David Riff (Kunstkritiker, Moskau), Alexander Skidan (Schriftsteller, Petersburg), Kirill Shuvalov (Künstler, Petersburg), Oxana Timofeeva (Philosophin, Moskau) und Dmitry Vilensky (Künstler, Petersburg). http://www.chtodelat.org Vladan Jeremić und Rena Rädle arbeiten seit 2002 in Belgrad, Serbien und anderswo zusammen. Sie setzen Kunst als ein mögliches Format für radikale Kritik ein und nehmen eine aktive, öffentliche Position in verschiedenen Bereichen des sozialen Aktivismus ein. Jeremić/Rädle sind GründerInnen und Mitglieder der Organisationen für Kultur und Kommunikation Biro Beograd, slobodnakultura.org aus Belgrad und Top e.V in Berlin. http://www.modukit.com/raedle-jeremic

Nina Höchtl Tales of Protest. A Necessity, 2009 Fünf-Kanal-Videoinstallation Ausgangspunkt der Fünf-Kanal-Videoinstallation „Tales of Protest. A Necessity“ ist der zweijährige, letztlich erfolgreiche Kampf von ArbeiterInnen gegen die Privatisierung ihrer Fabrik „Jugoremedija“ in Zrenjanin/Serbien, die schließlich als erstes Beispiel in den „Transitionsländern“ des ehemaligen Jugoslawien wieder der Selbstverwaltung übergeben wurde. Die Erfahrungen der ArbeiterInnen sind Grundlage von fünf fiktiven Geschichten, die Nina Höchtl mit Footage aus dem Stummfilm „Streik“ von Sergej Eisenstein verschränkt. Dieser re-inszenierte 1925 mit dem Proletkult Theater einen Arbeitskampf, der 1912 im prä-revolutionären Russland stattgefunden hatte. Auf mehreren Ebenen wird hier Geschichte und ihr politisches Potenzial wiederaufgenommen, nicht nur abgebildet, sondern aktualisiert. In welchem Verhältnis stehen Kollektivität und Individualismus und wie werden sie repräsentiert? Kurzbiografie: Nina Höchtl, geboren 1978. Lebt in Wien, Mexiko Stadt und derzeit London. Studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien und am Piet Zwart Institute in Rotterdam. Derzeit ist sie eine Doktoratskandidatin im „Art by Practice“ Programm an der Goldsmiths Universität in London. Ihre Projekte beschäftigen sich mit Identität, Sprache und Kommunikation und setzen unterschiedliche Medien ein. Seit 2000 eine Reihe von Ausstellungsbeteiligungen und Projekten im öffentlichen Raum, zuletzt Tales of Protest. A necessity., CZKd, Belgrad (SER); Print Matters, CHAUVEL CINEMA, Sydney (AU); moved, mutated and disturbed identities, Casino Luxemburg (LU); DONAU GEHT, Viertelfestival Weinviertel (A); 2009; „Too Early for Vacation“, OPEN / INVITED e v +a 2008 Kurator: Hou Hanru, Belltable Arts Centre, Limerick (IR) 2008. http://www.ninahoechtl.org

Marija Mojca Pungerčar Brotherhood and Unity, 2006 Foto-Video-Installation Der wohl bekannteste Slogan der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien „Bratstvo in Enotnost“ – „Brüderlichkeit und Einheit“ fungiert auf mehreren Ebenen als Referenzrahmen der gleichnamigen Foto-Video-Installation von Marija Mojca Pungerčar: Als Motto des jugoslawischen Befreiungskampfes 1941 von Tito geprägt, wendete es sich gegen nationalistische und separatistische Tendenzen in den verschiedenen Volks- und Religionsgruppen und diente später als politische Richtlinie für die inter-ethnischen Beziehungen, die eine Gleichstellung der Nationalitäten und Minderheiten anstrebte. „Bratstvo in Enotnost“ heißt auch die in den 1950er Jahren von freiwilligen Arbeitsbrigaden aus den Teilrepubliken erbaute Autobahn Ljubljana-Zagreb-Belgrad-Skopje. Anlässlich des Neubaus des slowenischen Teilstücks im Jahr 2006 beleuchtet Pungercar die veränderten politischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen dieser Arbeit. So sind zum Großteil Migranten aus den ehemaligen Teilrepubliken zu vergleichsweise niedrigen Löhnen im Straßenbau tätig. Welche Relevanz haben die Ideale Brüderlichkeit und Einheit oder auch Solidarität und Gemeinschaft in fragmentierten Gesellschaften, die nunmehr eine neo-liberale Logik zu folgen haben? Kurzbiografie: Marija Mojca Pungerčar, geboren in Novo Mesto, lebt und arbeitet in Ljubljana, Slowenien. Zunächst als Modedesignerin tätig (1983–87) graduierte sie an der Akademie der Bildenden Künste in Ljubljana (1989) und am San Francisco Art Institute (2001). 2004 war sie Gründungsmitglied von Trivia Art (KUD Trivia). Pungercar ist als Künstlerin in den Medien Video, Fotografie, Performance, Installation sowie als Kostümbildnerin tätig. Ihre Arbeit ist von einer kritischen Auseinandersetzung mit der Konsumkultur geprägt und zeichnet sich durch soziales Engagement aus, das Themen wie Lokalität und Gemeinschaft in den Vordergrund rückt. In Arbeiten wie Singer (2003) und Brotherhood and Unity (2006) untersucht sie die Veränderungen der slowenischen Industrie seit der Unabhängigkeit. In dem fortlaufenden Projekt Socialdress (seit 2006) entwickelte sie eine Kunst-Fashion-Marke. Die Dokumentation ihrer unmittelbaren Umgebung steht im Mittelpunkt der Arbeiten Special Offer, Stereo-Visions (2005) und Outside My Door (2004), letztere wurde für die Sammlung der Moderna Galerija Ljubljana angekauft. http://www.mojca.info

mit freundlicher Unterstützung von: BM:UKK Stadt Wien - Kulturabteilung MA 7

Teilunterstützung: IG Kultur Wien

Über uns: Öffnungszeiten: Freitag u. Samstag 11.00–18.00 Uhr, zusätzlich an Werktagen nach Vereinbarung, Eintritt frei

Open Space Zentrum für Kunstprojekte Lassingleithnerplatz 2 A - 1020 Wien  Österreich (+43) 699 115 286 32 

für mehr Information: office@openspace-zkp.org  http://www.openspace-zkp.org

Mit dem Open Space - Zentrum für Kunstprojekte wird eine essentielle, nichtkommerzielle Einrichtung für zeitgenössische Kunst geschaffen, die das Ziel verfolgt, eine Modellstrategie für grenzüberschreitende und Regionen verbindende Projekte zu erarbeiten und weiterzuentwickeln.

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Critical Knowledge and the Post-Yugoslavian Condition
Kurator: Luisa Ziaja

Künstler: Chto Delat?  / Vladan Jeremic / Rena Rädle, Nina Höchtl, Marija Mojca Pungercar