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Räume schaffen. Aus den Sammlungen

Museum der Moderne – Rupertinum

Für die Ausstellung Räume schaffen lenkt das Museum der Moderne Salzburg den Blick auf die Auseinandersetzung von Künstler_innen mit architektonischen, institutionellen und sozialen Räumen. Die Besucher_innen sind eingeladen, sich auf neun Künstler_innenräume und die darin präsentierten Werke einzulassen, um sie in ihrer je eigenen Position zu erfahren. In der aktuellen Auswahl aus den hauseigenen Sammlungen stehen Neuerwerbungen im Zentrum, insbesondere aus den renommierten Beständen der Generali Foundation.

Salzburg, 21. Oktober 2016. In neun individuellen, eigens für die Künstler_innen und teilweise unter deren Mitwirkung eingerichteten Räumen präsentiert die neue Sammlungsausstellung auf dem Mönchsberg auf 800 qm der Ebene 2 rund 45 Arbeiten aus den Sammlungen am Museum der Moderne Salzburg. „Mit unverwechselbaren, raumgreifenden Werken wie der Installation Rainforest V von David Tudor & Composers Inside Electronics und einer Gruppe von Filmen von Carolee Schneemann sowie einem ihrer frühen kinetischen Objekte liegt ein Fokus der Ausstellung auf zentralen Neuankäufen, die aufgrund der Partnerschaft mit der Generali Foundation für das Museum der Moderne Salzburg gesichert werden konnten“, unterstreicht Sabine Breitwieser, Direktorin des Museum der Moderne Salzburg. Von Adrian Piper und Harun Farocki, die mit einem großen Bestand an bedeutenden Werken in der Sammlung Generali Foundation vertreten sind, werden ergänzend Leihgaben präsentiert. Die Ausstellung wird am 22. Oktober 2016 mit einer kollektiven Performance-Arbeit der bedeutenden Konzeptkünstlerin und Philosophin Adrian Piper eröffnet: My Calling (Card) #3: Guerilla Performance for Disputed Territorial Skirmishes (2012) kommt erstmals im Museum der Moderne Salzburg zur Aufführung.

Die Auseinandersetzung mit Raum als künstlerische Aufgabe hat eine jahrhundertelange Tradition: Steht zunächst die realistische Abbildung im Vordergrund, entstehen im 20. Jahrhundert Arbeiten, die sich mit der Bedeutung des Raums befassen. Künstlerische Inhalte widmen sich dem Museum selbst und den dort etablierten Bedingungen der Kunstbetrachtung. „Insbesondere in den 1960er- und 1970er-Jahren tritt deutlich hervor, was auch den Grundgedanken dieser neuen Sammlungspräsentation bestimmt: Räume sind immer auch Produkte sozialer und politischer Aushandlungen“, erklärt Antonia Lotz, Kuratorin der Sammlung Generali Foundation. In dieser Zeit entstehen Kunstwerke, die Kritik am Museum üben, einem institutionel-len wie physischen Raum, in dem Kunst gesammelt, präsentiert, bewahrt und vermittelt wird. Künstler_innen problematisieren die Kriterien der Auswahl, Bewertung und Historisierung von Kunst. An dem künstlerische Anspruch, Kunst für Menschen aller gesellschaftlichen Schichten zugänglich zu machen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Religions-zugehörigkeit, wird die enge Verbindung zwischen dem künstlerischen Produzieren, Aneignen und Kritisieren von Raum und neuen Forderungen an die Gesellschaft deutlich.

Das Spektrum der Werke in der Ausstellung kreist um drei Themenbereiche: (1) die körperliche Wahrnehmung und Produktion von Räumen, (2) die Aneignung, Kritik und Modifizierung institutioneller und sozialer Räume sowie (3) Räume der Spekulation und Fiktion. Zur Thematik „Körperliche Wahrnehmung und Produktion von Räumen“ werden Werke bzw. Werkgruppen von David Tudor & Composers Inside Electronics und Carolee Schneemann (1938 Fox Chase, PA, US – New Paltz, NY, US) gezeigt, die zu den jüngsten Erwerbungen des Museum der Moderne Salzburg über die Partnerschaft mit der Generali Foundation und deren Sammlung – seit 2014 Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg – zählen. Die Soundinstallation Rainforest V (Variation 2) von David Tudor & Composers Inside Electronics ermöglicht den Betrachter_innen, mit den Objekten zu interagieren, um Klangräume zu erzeugen. Die Beschreibung, Erkundung und Ergreifung von Raum durch den menschlichen Körper ist in den auf Bühnenstücken und Choreografien beruhenden Filmen von Carolee Schneemann zentral. Die Thematik der Aneignung, Kritik und Modifizierung institutioneller und sozialer Räume wird anhand von Werken von Heimo Zobernig (1958 Mauthen, AT – Wien, AT), Lothar Baumgarten (1944 Rheinsberg, DE – Berlin, DE), Goran Trbuljak (1948 Varazdin, HR – Zagreb, HR) und Adrian Piper (1944 New York, NY, US – Berlin, DE) beleuchtet. Heimo Zobernig hinterfragt institutionell bedingte Präsentationsmechanismen, indem er den Ausstellungsraum als solchen durch architektonische und skulpturale Eingriffe in seiner Funktion unterläuft. Bereits in den 1960er-Jahren setzt sich Lothar Baumgarten mit ethnografischen Repräsentationen in institutionellen Räumen auseinander und kritisiert die museologische Praxis der Bedeutungszuschreibung. Goran Trbuljak offenbart die gängigen Erwartungshaltungen im Kunstsystem, indem er eine Ausstellungssituation herstellt, in der die Betrachter_innen mit dessen Mechanismen konfrontiert werden. Adrian Piper setzt sich in ihren konzeptuellen Arbeiten mit Raum und Zeit auseinander und untersucht besonders mit ihren Performances den öffentlichen und kulturellen Raum und dessen Ausschlusskriterien.

Die Werke von Joëlle Tuerlinckx (1958 Brüssel, BE), Maria Eichhorn (1962 Bamberg, DE – Berlin, DE) und Harun Farocki (1962 Novi Jicín, heutige CZ – 2014, Berlin, DE) eröffnen Räume der Spekulation und Fiktion. Je nach Ausstellungskontext verändert Joëlle Tuerlinckx ihre Werke und deren Installation und entzieht diese damit einer Historisierung und Festschreibung. Maria Eichhorn entwirft für ihre Installation eine fiktive Person, die sich dazu entschlossen hat, ihre Post nicht mehr zu öffnen. Harun Farocki widmet sich in seiner vierteiligen Videoinstallation Parallele I-IV (2014) dem virtuellen Raum in Form einer Geschichte der Computeranimationen.

Kuratorinnen: Sabine Breitwieser, Direktorin, und Antonia Lotz, Kuratorin Sammlung Generali Foundation