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14. Januar - 4. März 2023
Galerie EIGEN + ART Leipzig

Raul Walch. NOTOPIA

Raul Walch (*1980, lebt und arbeitet in Berlin) präsentiert in seiner aktuellen Einzelausstellung NOTOPIA einen neuen Film, in dem verschiedene Charaktere in Walchs phantastischen Kostümen in Aktion treten. Als Skulptur reinterpretiert kontrastieren die Outfits die in der Ausstellung vorherrschende Atmosphäre von Eleganz und Reduktion. Arbeiten aus verschiedenen Stoffen beziehen sich auf die übergreifende Erzählung und werden durch ein großes, über allem schwebendes Mobile miteinander zusammengeführt.

(...) Der besondere materielle Fokus verbindet die Arbeiten der Präsentation. Denim ist Trägermaterial und zugleich Bildgrund der großformatigen Drucke und Textilarbeiten, welche abstrakte Linienführungen in geschwungener Bewegungen aufgreifen und auf diese Weise mit den Mobiles korrespondieren. Inspiration hierfür waren unter anderem Stoffstrukturen und die charakteristischen Ziernähte der Hosentaschen. Die zu Skulpturen verfestigten Kostüme sind wiederum aus beiderlei Materialien gefertigt. Als Hüllen und geisterhafte Gestalten bleibt die Fünfergruppe rätselhaft. Ihre pathosschwangere, an Fantasy- und Super-Held:innen erinnernde Pose erscheint als ironische Brechung der sonst dominierenden Atmosphäre von Eleganz und Reduktion.

Es folgt ein symbolischer Abstieg in die Katakomben des Unbewussten und Verdrängten. Im Untergeschoss zeigt der Künstler die Videoarbeit Squatting the Ruins of Utopia. Im Video begegnen wir erneut den fünf verhüllten Gestalten. Die futuristisch-fantastischen Symbolträger:innen führen uns zu unwirtlichen Orten: Die zerstörte Landschaft eines verkohlten Waldes, den architektonischen Nicht-Ort eines blutleeren Bürogebäudeensembles in gerasterter Schießschartenarchitektur, ein seelenloses, künstliches Tropenparadies und die sich türmenden Stoffberge einer Recyclingstätte. Es sind Orte einer vermeintlich dystopischen Zukunft. Allerdings befinden sich diese Orte schon heute mitten unter uns. Gedreht hat Raul Walch mit seinem Team in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Eine fünfte Sequenz zeigt die Ruinen des Kolosseums in Rom und verhält sich zu den anderen wie ein Kommentar: Blicken wir bereits jetzt schon auf die Ruinen unserer Zivilisation? War die Moderne selbst nur eine Utopie?

Textauszug von Sandra Beate Reimann