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Die Vorstellung von Heimat als stabilem Rückzugsort gehört längst der Vergangenheit an. Die Künstler, Musiker und Vortragenden des Programms Rasende Heimat - das Kulturprogramm des Hauses der Kulturen der Welt im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen 2009 - kommen aus so unterschiedlichen Städten wie Jakarta, Osaka und Beijing, doch haben sie vieles gemeinsam: Ihre Gesellschaften verändern sich und das rasant. In ihre Kunst ist urbanes Tempo eingeschrieben. Die beiden Künstler Qiu Zhijie und Tadashi Kawamata illustrieren mit ihren Arbeiten die Konsequenzen der Globalisierung. Das Programm bringt Bildende Kunst, Literatur und Musik zusammen: So sind für das Literatur-Programm chinesische Gegenwartsautoren nach Berlin eingeladen und das Musikprogramm vereint junge Bands aus Indonesien, Japan und Neuseeland.

Qiu Zhijie greift in seiner Ausstellung Götzendämmerung die Geschichte der symbolträchtigen Nanjing-Yangtze-Brücke in China auf. Errichtet 1968, steht das Bauwerk für die Revolutionsideen Maos, Fortschrittsglauben und Ingenieurskunst. Es markiert Chinas Marsch in die Modernisierung. Gleichzeitig erfuhr es traurige Berühmtheit, begehen hier doch tausende Menschen Selbstmord. In Antwort darauf entwirft Qiu Zhijie aus verschiedensten Materialien Metaphern für die gigantischen Bögen der Brücke. In seinem Gesamtkunstwerk „A Suicidology of the Nanjing Yangtze River Bridge“ verbindet er unter anderem Lithographien, Radierungen und Papierreliefs zu Dokumentation und raumgreifenden Inszenierungen. Für Berlin erarbeitete er eigens eine neue Installation, die seine Arbeit zur Geschichte und zwiespältigen Symbolik der Brücke um neue Facetten erweitert und frühere Elemente in anderem Licht reflektiert. Teile des umfangreichen Archivs an historischem Material zur Brücke, welches der Künstler bei seinen Recherchen sammelte werden in der Ausstellung zugänglich sein. Die Werke Zhijies sind auf der Shanghai-Biennale ebenso vertreten wie im Londoner Victoria & Albert Museum. 1969 während der Spätphase der chinesischen Kulturrevolution in Zhangzou geboren, erlernte Qiu Zhijie bereits als Kind die Kunst der Kalligraphie. Hohes technisches Können und konzeptionelle Dichte setzt er in Arbeiten mit so unterschiedlichen Medien wie Kalligraphie, Radierungen, Lithographien oder Skulpturen, Fotografien, Multimedia, Videoarbeiten und Performances um. Dabei bewegen sich seine Arbeiten kontinuierlich zwischen Tradition und Moderne, und machen ihn zu einem der provokantesten Künstler Chinas.

Die Berliner Baumhäuser von Tadashi Kawamata drücken das menschliche Bedürfnis nach Schutz und Individualität aus. Sie stehen für das Gegenteil standardisierter Architekturen. Der japanische Documenta-Künstler Tadashi Kawamata entwickelt eine Installation, die bis zur Dachterrasse und in den Tiergarten hinauswuchert: ein intuitives Nachdenken über öffentliche und private Räume. Kawamata schafft kleine Nester des zivilen Ungehorsams und eignet sich so die modernistische Kongresshalle an. Tadashi Kawamata, geboren 1953 auf der japanischen Insel Hokkaido, studierte an der Tokyo University of Fine Art. Schon als 28-jähriger Absolvent wurde er eingeladen, im Japanischen Pavillon auf der Venedig Biennale 1982 auszustellen. Seither führten ihn seine weltumspannenden ortsspezifischen Projekte in die verschiedensten Kontexte: vom New Yorker Central Park, über die Tokyoter Stadtränder bis hin zu einer Kirche in Kassel. Holz wurde zum Charakteristikum seines Werks: Ihn interessiert die Vergänglichkeit dieses Materials, aus dem oftmals behelfsmäßige und temporäre, und damit unkonventionelle Architekturformen bestehen. Die beiden Projekte fangen Momente des Dazwischen ein: Sie bringen Tradition und Fortschritt, Einfaches und Monumentales zusammen, fordern aber auch Entschleunigung ein.

Zu beiden Projekten wird ein Katalog veröffentlicht. Voraussichtlicher Erscheinungstermin: 18. Oktober 2009.

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RASENDE HEIMAT
Tadashi Kawamata „Berliner Baumhäuser“ / Qiu Zhijie „Götzendämmerung“
im Rahmen der Asien-Pazifik Wochen Berlin 2009