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„Es mag zutreffen, dass das Unheimliche das Heimlich-Heimische ist, das eine Verdrängung erfahren hat und aus ihr wiedergekehrt ist“. Siegmund Freud

Ralf Ziervogel gehört zu den Künstlern, die dem Medium Zeichnung eine neue Aufmerksamkeit verschafft haben. Eine ziemliche Zeitlang hat er der Darstellung menschlicher, vorzugsweise deutlich männlicher Körper gewidmet, die verschränkt, verknotet in sich selbst, unentrinnbar eingespannt in Gerüste oder eingebunden in Seile von einer namenlosen Gewalt künden. Für den Kunstverein Ulm hat Ralf Ziervogel eine Installation entwickelt, die auf eine ganz eigene Weise zugespitzt ihre „schwarze Seite“ zeigen wird. Zur Eröffnung der Ausstellung am Sonntag, 7. September um 11 Uhr spricht die Leiterin des Kunstvereins Monika Machnicki.

Dunkel und kühl soll die Ausstellung wirken, minimalistisch dazu, höchst ungewöhnlich für einen Künstler, der bislang mit gezeichneten, riesenformatigen „Höllenstürzen“ Furore gemacht hat. Auch die idyllischen, klischeehaften Vorstellungen, die sich mit dem Titel „Immenhof“ verbinden, wird die Präsentation sicher nicht einlösen. Zur Erinnerung: Um den „Immenhof“, einen Ponyhof, rankten sich in den 50er bis 70er Jahren eine Reihe von Filmen, in denen es um Herz und Schmerz, Tierliebe und das Erwachsenwerden ging, je häufiger aufgegossen, um so seichter. Aber vielleicht nicht uninteressant zu wissen – es handelte sich zumindest bei dem ersten Film „Die Mädels vom Immenhof“ um die Überführung eines Jugendbuches in einen Film, die Umsetzung in ein anderes Medium. Von der Methode her gibt es Parallelen zum Werk Ziervogels: die Umsetzung von einem Medium in ein anderes, von Gelesenem und Gesehenem in das Medium der Zeichnung und von dort die Überführung in verschiedene Druckformate. In den Zeichnungen lassen sich zum Beispiel eingeschriebene Marken- oder Autorennamen ablesen. So kniet in der Zeichnung „Endeneu“ von 2006 eine Gruppe hamsterbäckig-unrasierter, entblößter Männer auf Büchern des kanadischen Thriller-Autors David Morell, dessen Werk „First Blood“ als Vorlage zu dem Action-Film „Rambo“ diente. Ralf Ziervogel polarisiert, als Künstler und als Mensch. Schwarz und weiß, in harten Kontrasten baut sich die Spannung in seinen Arbeiten auf. Als unverzichtbare Polarität vermittelt der Hell-Dunkel-Kontrast die Klarheit der Formen und deren Körperlichkeit. „Endeneu“ – diesen Titel tragen verschiedene Zeichnungen und Installationen der letzten Jahre, die sich formal höchst gegensätzlich darstellen – zarte schleierhafte Gespinste, weichen Pinseln oder fließenden Bärten ähnlich, ebenso wie drastische Darstellungen der bekannten Art. „Endeneu“, das hört sich an wie ein Maschinenbefehl, in eine Zeitschleife zu gehen, „wenn zu Ende, dann wieder von vorne“. Alles befindet sich in dieser Zeitschleife, es gibt scheinbar kein Entrinnen. Durch Umstellen eines Buchstaben erhält man das Wort „Edenneu“, einen neuen Garten Eden, das Paradies. Das ist die andere Taste an der Welt-Maschine: hier kehrt sich Vorgang um. Die ausgespieenen Höllen stürzen zurück ins schwarze Loch, zurück bleiben Dunkelheit und Kälte.

© Monika Machnicki M.A. und Kunstverein Ulm

Sonntag, 26. Oktober 2008, 11 Uhr Ralf Ziervogel - Vortrag

Biografie Ralf Ziervogel, 1975 geb. in Clausthal-Zellerfeld, lebt in Berlin 2000 bis 2005 Universität der Künste Berlin, Meisterschüler in der Klasse Lothar Baumgarten; 2003/05 Förderprogramm der Studienstiftung des deutschen Volkes; 2003/05 Arbeitsstipendium New York City, Studienstiftung des deutschen Volkes; 2008/08 Karl Schmitt-Rottluff-Stipendium, 2007/08 Kunstzeitraum, Stipendium, Freunde der Pinakothek der Moderne, München Einzelausstellungen (Auswahl): 2003 Scope, Standard, Los Angeles, 2004 Galerie Barbara Thumm, Berlin; 2005 Galerie Bernd Kugler, Innsbruck; 2006 Art Statements, Art 37 Basel; 2007 Modern Art Museum of Fort Worth Gruppenausstellungen (Auswahl): 2001 Brandenburger Kunstverein Potsdam; 2004 David Zwirner Gallery, New York, Made in Berlin, Art Forum; 2005 Carré d’Art – Musée d’Art Contemporaine de Nîmes; 2006 Centre d’Art Santa Monica und CAAM, Las Palmas; 2007 Made in Germany , Sprengel Museum, Kestnergesellschaft und Kunstverein Hannover; Traum und Trauma, Mumok und Wiener Kunsthalle, hamsterwheel Arsenale, Biennale Venedig.

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Ralf Ziervogel
Immenhof
Installation und Zeichnung