Städel Museum, Frankfurt

Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie | Dürerstr. 2
60596 Frankfurt

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Vom 7. November 2012 bis 3. Februar 2013 präsentiert das Frankfurter Städel Museum die Ausstellung „Raffael. Zeichnungen“. Die Schau zeigt insgesamt 48 Zeichnungen des Meisters der italienischen Hochrenaissance, darunter elf Blätter aus dem eigenen Bestand sowie weitere 37 Leihgaben aus international renommierten Sammlungen wie der von Queen Elizabeth II., dem Musée du Louvre in Paris oder den Uffizien in Florenz. Raffael (Raffaello Santi, Urbino 1483–1520 Rom) gehört zu den großen Künstlerpersönlichkeiten der italienischen Hochrenaissance, seine Werke prägten über Jahrhunderte die europäische Kunst. Die Verehrung, die ihm entgegengebracht wurde, erreichte schon zu seinen Lebzeiten, aber auch in späteren Epochen einen fast religiösen Charakter. Raffael hat neben seinen Gemälden und Fresken eine große Anzahl von Zeichnungen hervorgebracht, die ihm in der täglichen Arbeit als Mittel der Ideenfindung, der Entwicklung von Kompositionen und der Vermittlung seiner Vorstellungen an seine Werkstattmitarbeiter dienten. Diesen kostbaren Äußerungen künstlerischer Schaffenskraft, die den einmaligen Reiz bieten, dem Künstler „beim Denken zuzuschauen“, widmet das Städel Museum in Frankfurt eine umfassende Ausstellung. Es ist die erste Ausstellung in Deutschland, die Raffael als Zeichner präsentiert.

Das Städel Museum bewahrt mit elf Blättern den umfangreichsten und künstlerisch bedeutendsten Bestand von Zeichnungen Raffaels in Deutschland. Dies ist in der Geschichte der Institution begründet. Der deutsche Kunsthistoriker Johann David Passavant, Inspektor der Städelschen Sammlung von 1840 bis 1861, richtete seine Verehrung Raffaels, die ihn als nazarenischen Maler früh ergriffen hatte, auf die wissenschaftliche Erforschung von Leben und Werk des großen Vorbilds und schrieb die erste bis heute richtungsweisende wissenschaftliche Raffael-Monografie (1839). Dank seiner hochentwickelten Kennerschaft gelang es ihm, Mitte des 19. Jahrhunderts nach und nach eine bedeutende Gruppe von eigenhändigen Zeichnungen für das Städel Museum zu erwerben. Dank ihrer herausragenden Qualität bilden sie bis heute den Kern der Sammlung italienischer Zeichnungen im Städel. Die Blätter stammen aus allen Phasen von Raffaels künstlerischer Tätigkeit, bieten einen Überblick über das gesamte Spektrum seiner zeichnerischen Aktivität und geben mit zwei Werkstattzeichnungen auch einen Einblick in die Arbeitsabläufe seines großen Ateliers. Sie werden in der Ausstellung mit wertvollen Leihgaben aus internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen zusammengebracht.

Die Ausstellung, die zugleich Auftakt einer Neubearbeitung des Bestands der italienischen Renaissancezeichnungen im Städel Museum ist, verfolgt neben der Präsentation größter Meisterwerke der Zeichenkunst ein übergreifendes Konzept. Sie veranschaulicht aus unterschiedlichen Perspektiven, wie Raffael seine vollendeten, zwingenden Strukturen der Bilderzählung entwickelte, die ihn zum großen Ausgangspunkt europäischer Historienmalerei gemacht haben. Die Entstehung und das Heranreifen von Raffaels meisterhafter Erzählkunst werden in der Ausstellung in vier Themengruppen vor Augen gestellt: Die erste Themengruppe veranschaulicht die Entwicklung der Darstellung der Muttergottes mit dem Kind, die zweite die Darstellung von Begriffen oder abstrakten Ideen, vor allem in den Fresken der vatikanischen Stanza della Segnatura (z. B. der Philosophie oder der Dichtkunst). Weitere Themengebiete der Ausstellung sind Raffaels Entwürfe für Geschichts- oder Historienbilder, die einen Höhepunkt in den Teppichentwürfen für die Sixtinische Kapelle finden, sowie die umfassende Dekoration der Chigi-Kapelle in der Kirche Santa Maria della Pace in Rom.

Den Auftakt der Ausstellung bilden zwei Zeichnungen aus dem Städel Museum, eine frühe Darstellung der Madonna mit dem Kind und Raffaels Silberstiftstudie des Kinderkopfes für das Gemälde Madonna del Granduca. Weitere Blätter aus der Sammlung des Duke of Devonshire (Chatsworth) zeichnen den Weg nach, auf dem Raffael unter dem Einfluss von Leonardo da Vinci und anderen zeitgenössischen Künstlern das Verhältnis von Mutter und Kind belebt, und spannen einen Bogen bis hin zu den komplexen Lösungen, zu denen er in der Sixtinischen Madonna und anderen späten Darstellungen des Themas gefunden hat.

Der zweite Teil der Ausstellung in der Graphischen Sammlung des Städel ist der Frage gewidmet, wie es Raffael gelungen ist, abstrakte Ideen in einer fließend verwobenen Figurenfolge in reicher Anschaulichkeit zu verbildlichen – ganz im Gegensatz zu den noch statisch wirkenden Lösungen seines Meisters Perugino. Diese Gruppe wird mit dem Karton für den sogenannten Traum des Ritters aus dem British Museum eröffnet, einem hochkarätigen Werk des jungen Raffael. Diesem Meisterwerk folgen Zeichnungen aus u. a. dem Ashmolean Museum of Art and Archeology (Oxford) und der Sammlung der englischen Königin auf Schloss Windsor. Im Mittelpunkt steht dann die Gestaltung der Wandfresken in der Stanza della Segnatura, einem repräsentativen Zimmer in den päpstlichen Gemächern des Vatikans, mit denen Raffael zu einem der führenden Künstler der italienischen Renaissance aufstieg. In der Ausstellung machen zahlreiche Blätter das langsame Heranreifen des berühmten Freskos der Theologie, der Disputa, und die Entstehung der anderen Wandbilder des Raumes (der Schule von Athen für die Philosophie, der Dichtkunst und der Jurisprudenz) erlebbar.

Der dritte Teil der Ausstellung rückt die Entwicklung der Bildmittel in den Blickpunkt, mit denen Raffael eine stringente erzählerische Dynamik erzielt hat. Neben einigen frühen Beispielen wie der Belagerung von Perugia aus dem Louvre (Paris) stehen ausgereifte Lösungen wie eine Studie für den bekannten Kupferstich des Bethlehemitischen Kindermordes (Royal Collection, Windsor). Den Höhepunkt dieser Gruppe bilden Raffaels Entwürfe für die Begegnung von Papst Leo I. und dem Hunnenkönig Attila (Stanza di Eliodoro, Vatikan), für die das Städel eine seltene Studie besitzt, und Raffaels Zeichnungen für die Teppiche in der Sixtinischen Kapelle, darunter ein Werk aus der Privatsammlung Jean Bonna (Genf). Den Abschluss bilden einige späte Arbeiten, darunter der Frankfurter Entwurf für eine Karyatide in der Sala di Costantino im Vatikan.

Das Thema der vierten Abteilung der Ausstellung ist die niemals vollendete, anspruchsvolle Gesamtdekoration der Cappella Chigi in der Kirche Santa Maria della Pace in Rom mit Raffaels berühmten Propheten und Sibyllen, einem geplanten Altargemälde mit der Auferstehung Christi und zwei Bronzereliefs. Ausgehend von der Frankfurter Silberstiftzeichnung des Ungläubigen Thomas für ein Bronzerelief der Kapelle findet hier eine Vielzahl von Raffaels Studien für die Kapellenausstattung aus dem British Museum (London), den Uffizien (Florenz), dem Palais des Beaux-Arts in Lille, dem Fitzwilliam Museum (Cambridge) und der Devonshire Collection aus Chatsworth zusammen.

Wie kaum ein anderer Künstler hat der 1483 in Urbino geborene Raffaelo Santi die Kunst des Abendlandes geprägt. Gemeinsam mit Leonardo da Vinci, Michelangelo und Albrecht Dürer gehört er zu den großen, grundlegenden Künstlern der Neuzeit. Neben seiner Tätigkeit als Maler in Florenz und am päpstlichen Hof in Rom war Raffael auch Architekt des Petersdoms und Aufseher über die römischen Antiken. Seine Zeichnungen und Gemälde gehören zu den kostbarsten Meisterwerken in den großen Museen der Welt. Seine Fresken in Rom ziehen Jahr für Jahr Tausende von Besuchern an.

Begleitend zur Ausstellung findet vom 18. bis 20. Januar 2013 ein wissenschaftliches Kolloquium unter internationaler Beteiligung statt. Das Kolloquium wird von der Stiftung Gabriele Busch-Hauck, Frankfurt am Main, gefördert.

Im Vorfeld der Ausstellung startet das Städel Museum mit einem neuen Onlineangebot: Bereits ab Anfang Oktober erhalten Besucher in der Onlineserie "Raffael entdecken – Meisterzeichnungen unter der Lupe“ zahlreiche Hintergrundinformationen über Raffael und seine überwältigende Zeichenkunst und können sich somit bereits im Vorfeld ihres Besuchs auf ein besonders intensives Ausstellungserlebnis einstimmen.

RAFFAEL. ZEICHNUNGEN

Kuratoren: Dr. Joachim Jacoby und Dr. Martin Sonnabend (Städel Museum)

Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Hatje-Cantz-Verlag ein umfangreicher von Joachim Jacoby und Martin Sonnabend herausgegebener Katalog mit Beiträgen von Henry Keazor, Ruth Schmutzler und Anna Motz, deutsch und englisch, ca. 260 Seiten

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Raffael . Zeichnungen
Kuratoren: Joachim Jacoby, Martin Sonnabend