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Przemyslaw Matecki Am Dienstag, den 28.10.2008 eröffnet carlier | gebauer die erste Einzelpräsentation des polnischen Malers Przemyslaw Matecki. Erstmalig werden hier seine aus Magazinen, gefundenen Fotografien, Dokumenten und Öl zusammengesetzten Malereien in Berlin zu sehen sein. Arbeitete Matecki in der Vergangenheit vor allem in den Formaten der Magazine, deren Seiten er übermalte, produziert er nun auch collagierte Malereien auf Leinwänden. Auf ihnen ordnet er gefundene Fotografien und Materialien an, um die herum er seine Malerei formiert.

In seinen kleinformatigeren Arbeiten benutzt er Seiten aus Hochglanzmagazinen als Untergrund, auf dem er zwischen massiven Übermalungen aus ungegenständlichen Farbschichtungen Ausblicke auf Ikonen der Populärkultur freigibt. Seine größeren Leinwände hingegen kehren dieses Verhältnis um. Auf ihnen befestigt er gefundene Fotografien, Notizen und Dokumente unbekannter Privatpersonen und beginnt die Malerei um diese herum immer weiter zu intensivieren, bis sie eine Richtung gefunden hat und ihre Farbverläufe den Fotografien und Materialien einen neuen Zusammenhalt geben. Dieser Zusammenhang verändert sich mit den Vorlagen selbst jeweils grundlegend. Matecki zeichnet den Moment der Konfrontation nach, in dem die Malerei dem gefundenen Bild begegnet. Die globalen Popikonen zwischen Superman und Robert Smith, die er aus ihrem Fankontext heraussetzt, fordern eine andere Farbigkeit heraus als die so viel regionalere Ästhetik der Pornomagazine oder die befremdende Intimität der gefundenen, schwarz-weißen Fotoalben. Es geht in Mateckis Behandlungen dieser unterschiedlichen Formate nicht um deren Sortierung und Klassifizierung, sondern um einen unmittelbaren malerischen Affekt auf das fotografische Bild. Mateckis Malerei ist real.

In vielfachen Schichten aufgetragen wird Mateckis Malerei nie formal, nie beruhigt. Sie produziert ihre Realität aus fotografischen Indizien heraus. Sie sucht weniger nach einer abgeschlossenen Form als vielmehr nach einer Richtung, in der sie mit den auf ihr angebrachten Dokumenten zusammenläuft. Sie zeichnet einen Bearbeitungsprozess auf, eine Dringlichkeit und Gegenwärtigkeit, die aus dem Zusammenhang von gefundenen Dokumenten und Malerei entspringt. Dabei sucht Matecki die Fotografien die er verarbeitet nicht, er findet sie; auf den Strassen Warschaus, in Wohnungen, durch Zufälle. Hierdurch erschafft er eine Bildwelt, in der alle Elemente gleichwertig erscheinen. Die Menschen, seien es Embleme der Massenkultur, wie in seinen früheren Arbeiten, oder, wie in denjenigen der Ausstellung, Fotografien aus Familienalben werden von seiner ungegenständlichen Malerei eingeschlossen. In diesem Gefühl einer Ansammlung von Indizien, in die Popikonen und Privatpersonen sich einreihen, bauen seine Arbeiten ein eindringliches, fast gewalttätig erscheinendes Spannungsverhältnis zwischen den gefundenen Dokumenten und ihrer malerischen Einarbeitung in die Leinwand auf.

Parallel zur Frieze Art Fair waren seine Arbeiten in der Galerie Hollybush Garden zu sehen, und wurden zuletzt in der Londoner Zabludowicz Collection gezeigt.

Rosa Barba Outwardly from Earth's Center Gleichzeitig mit Mateckis Ausstellung wird im Projektraum der Galerie erstmals eine Arbeit der in Berlin arbeitenden Filmerin Rosa Barba bei carlier | gebauer präsentiert. Der Film „Outwardly from Earth’s Center“ (2007) ist Barbas erste Präsentation als Künstlerin der Galerie. Aus geschichtlichen und gesellschaftlichen Fakten entwickelt Barba Narrationen, die aus Filmen, Installationen und Publikationen fiktive Räume erschaffen. Die Filmrolle ist hierbei, ebenso wie der Sound der Projektoren Teil des Materials. Oft sind ihre Arbeiten daher als Skulpturen zu verstehen, die Projektoren als ‚Zeugen’ der projizierten Filme. Häufig verwendet sie 16mm Film und Projektoren - Medien bei denen die ,bewegten Bilder’, anders als im Digitalformat noch als Reihung erfahrbar bleiben. Diesen Zugang zur Erzählung als einer Abfolge von Bildern verfolgt Barba auch im Umgang mit den projizierenden Maschinen. Oft sind sie als Körper im Raum präsent, sei es einander gegenübergestellt, beweglich oder als Raumachsen. Die soziologischen und kulturellen Recherchen, die am Ausgangspunkt ihrer Arbeiten stehen, verkehren sich in ihrem Verlauf in eine Überschneidung von Fiktion und Realem, die beide ebenso gleichwertig setzt, wie sie auch die Ebenen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einem zeitlosen Raum zusammenzieht. Zeit und Raum bleiben nurmehr innerhalb der Narration klar positionierbar.

In „Outwardly from Earth’s Center“ (2007) folgt Barbas Narration einem geologischen Faktum, dem meterweisen Abdriften der schwedischen Insel Gotska Sandön vom Schwedischen Festland. Der Film zeigt die beschwerlichen Bemühungen der Bewohner die Verschiebung ihrer Insel zu stoppen. Doch die Situation erscheint weder zeitlich identifizierbar, noch erschließt sie ein konsistentes, reales Bild. Vielmehr werden Einblendung von Gegenwart und Vergangenheit durch zeitlich nicht genau bestimmbare Zwischenschnitte irritiert, reale Handlungen und wissenschaftliche Expertenmeinungen werden durch obskure Akte in einen surreal anmutenden Kontext gestellt. Der Sound entsteht zunächst mit den Filmaufnahmen, doch in der Nachbearbeitung wird er als eigenständiges Material separiert. Bei seiner erneuten Zusammenführung mit dem Film funktioniert er als bestärkender, selbstständiger Kommentar.

Derzeit sind Arbeiten von Rosa Barba in der von Francesco Bonami kuratierten Ausstellung „Italics“ im Palazzo Grassi in Venedig, in „Degrees of Remove“ im Sculpture Center New York, in „Rooms look Back“ in der Kunsthalle Basel zu sehen, sowie auf der von Daniel Birnbaum kuratierten Torino Triennale.