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16.09.2021 bis 27.02.2022

Preis der Nationalgalerie 2021
Lamin Fofana, Calla Henkel & Max Pitegoff, Sandra Mujinga, Sung Tieu
Shortlist-Ausstellung zum Preis der Nationalgalerie 2021

Sandra Mujinga erhält den Preis der Nationalgalerie 2021

Sandra Mujinga erhält mit der Auszeichnung im kommenden Jahr eine große Einzelausstellung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin mit begleitender Publikation.

Begründung der Jury:
„Die Jury hat sich entschieden, den Preis der Nationalgalerie in diesem Jahr an Sandra Mujinga zu verleihen. Sandra Mujinga arbeitet mit verschiedenen künstlerischen Medien. In ihrer Präsentation im Hamburger Bahnhof stehen Skulpturen im Mittelpunkt. In ihnen zeigt sich zum einen eine hohe Sensibilität für die verwendeten Materialien. In den gezeigten Werken gelingt es Mujinga zum anderen, widersprüchliche Erfahrungen zu vereinen: Formen, die im Verschwinden sind; Figuren, die geisterhaft-bedrohlich erscheinen, aber auch ihren Schutz anbieten; Bewegungslosigkeit, die dynamisch wirkt; Abgeschlossenheit, die zugleich im Werden zu sein scheint. Hierdurch entsteht eine Offenheit, die Raum für die eigene Imagination schafft. Thematisch lassen sich zahlreiche Anknüpfungspunkte finden, die Mujingas Werk im Hier und Jetzt verorten. Ihre Skulpturen erwecken den Eindruck, als kämen sie aus einer vergangenen Zukunft. Sie erinnern uns daran, dass wir für unser Überleben auf andere Lebewesen Rücksicht nehmen müssen und von ihnen Strategien lernen können, sich an eine stets verändernde Umwelt anzupassen.“

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Im Februar diesen Jahres wurden Lamin Fofana, Calla Henkel & Max Pitegoff, Sandra Mujinga und Sung Tieu von einer internationalen Jury für den Preis der Nationalgalerie 2021 nominiert. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben und ist eine museale Förderung und Anerkennung der Arbeit von Künstlerinnen unter 40 Jahren, die in Deutschland leben. In den künstlerischen Praktiken der nominierten Künstlerinnen spielen u.a. Bewegung und Migration, Zugehörigkeit und Entfremdung, Fremd- und Selbstwahrnehmung, Logiken von sich verändernden öffentlichen und privaten Räumen sowie die gesellschaftliche Kraft von Ton und Musik als Themen zentrale Rollen.

Lamin Fofana. Lamin Fofanas Erfahrungen in der Bewegung zwischen Afrika, Nordamerika und Europa sind spürbar in seiner experimentellen Herangehensweise an die Schaffung akustischer Environments. Entscheidend im Kontext dieser Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit historischen Formen des Schwarzen kritischen Denkens, einschließlich der Schriften von Amiri Baraka, W. E. B. Du Bois und Sylvia Wynter. Seine Arbeit geht jedoch über den Akt des Übersetzens hinaus, um Raum für gemeinsame Erfahrungen und ein geschärftes Bewusstsein zu schaffen. Dabei schlägt er eine aktive und offene Praxis des Zuhörens vor, eine Fähigkeit, die eine wesentliche Voraussetzung für das Zusammenleben darstellt.

Calla Henkel & Max Pitegoff. Im Laufe der vergangenen zehn Jahre haben Calla Henkel & Max Pitegoff den sozio-urbanen Wandel Berlins und über die Stadt hinaus sowohl dokumentiert als auch beeinflusst. Ihr Werk hat sich aus der Tradition der dokumentarischen Fotografie heraus entwickelt und schließt auch die Gründung und Förderung kreativer Gemeinschaften und kollaborativer Räume wie Bars und Orte für Performances und Veranstaltungen mit ein. Aus diesen gelebten Erfahrungen entstehen Arbeiten, die entscheidende Fragen darüber stellen, was nach außen präsentiert und was geschützt werden soll. So ergibt sich eine Vielzahl von Narrativen um verschiedene Settings.

Sandra Mujinga. In ihrer anregenden und energiegeladenen Arbeit findet Sandra Mujinga Bilder und Raumgefüge für flüchtige Welten, die über das anthropozentrische Paradigma hinausweisen. Mit einer Vorstellung von Raum sowohl als Ausstellungsraum wie auch als weiter gefasster sozialer Kategorie kommentiert sie in ihrer Arbeit Situationen und Orte, insbesondere solche, die sich selbst als offen verstehen. Indem sie Zwischenzustände nicht nur abtastet, sondern auch umgestaltet und in verschiedenen Medien teilt, stellt sie etablierte Prinzipien der Skulptur in Frage und schafft neue und oft fanstastische Formen des Da-Seins.

Sung Tieu. Indem Sung Tieu eine große Bandbreite künstlerischer Medien wie Installationen, Ton, Text, Video und öffentliche Interventionen nutzt, schafft sie formal minimalistische und eindrucksvolle Environments, die unmittelbar sinnlich und körperlich erfahrbar sind. Ausgehend von ihrem Interesse an Psychoakustik zeigen ihre Arbeiten auf, wie Klang als invasives Werkzeug verwendet werden kann, um individuelle und kollektive Verhaltensweisen, Überzeugungen und Begierden zu manipulieren. Geprägt von widerstreitenden Mechanismen der Fürsorge und der Kontrolle sowie unbeständigen räumlichen und sozialen Verhältnissen, die spürbare Auswirkungen auf das Leben in der Diaspora haben, untersucht sie die Ausbreitung von Informationen wie die Bewegung von Menschen, Gütern und Waren.

Die Entscheidung über dendie diesjährigen Preisträgerin trifft eine zweite Jury am 7. Oktober 2021.