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Die US-amerikanische Künstlerin Polly Apfelbaum setzt im Belvedere 21 erstmals sechs ihrer raumgreifenden Installationen zueinander in Beziehung. Die Gesamtkomposition, bestehend aus in Mexiko handgewebten Teppichen, tritt in einen Dialog mit der offenen, lichtdurchfluteten Architektur des Hauses.

„Ihre Fähigkeit, Räume zu definieren und zu verwandeln, sowie der interdisziplinäre und einladende Charakter ihrer Kunst machen Polly Apfelbaum zur idealen Künstlerin für die erste Ausstellung im wieder frei erlebbaren Obergeschoss des Schwanzer-Baus“, so Stella Rollig, Generaldirektorin und Kuratorin.

Seit Ende der 1980er-Jahre ist Polly Apfelbaum aus der amerikanischen wie auch der internationalen Kunstszene nicht mehr wegzudenken. Charakteristisch für ihr vielschichtiges OEuvre ist eine hybride Ästhetik, in der Traditionen aus Skulptur, Malerei, Handwerk, Design und Installation ineinander übergehen. Die Künstlerin bedient sich einer Vielzahl von Medien, um die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk auszuloten. Sie experimentiert mit Keramik, Textil, Papier und handgewebten Teppichen.

Apfelbaum geht es darum, das mit Häuslichkeit und Weiblichkeit behaftete „Stigma“ des Kunsthandwerks zu überwinden. „Wir müssen weg davon, Wörter wie Kunstgewerbe und Design zu stigmatisieren, damit diese Begriffe nicht mehr dazu verwendet werden können, gewisse Arbeiten auszugrenzen, Arbeiten, die meist mit Frauen assoziiert werden“, erläutert die Künstlerin im Ausstellungskatalog.

Farbe, visuell wie auch formal, ist ein Schlüsselelement in Polly Apfelbaums Schaffen. Themen wie Feminismus und Spiritualität, kunsthistorische Zitate, sowie Bezüge zu populärer Druckgrafik und Comics sind ihrer Kunst immanent. Die Auseinandersetzung mit künstlerischen Vorbildern wie u. a. Gene Davis, Morris Louis, Andy Warhol oder die Beschäftigung mit stilistischen Einflüssen wie Color-Field- Malerei, Pop Art, Abstraktem Expressionismus und Minimal Art sind manchmal offensichtlich und manchmal nur versteckt wahrnehmbar. Die Künstlerin verknüpft unterschiedliche Gedanken und Erzählstränge und setzt diese Bestandteile zu neuen, eigenständigen Werken zusammen. Ihre Arbeiten bewegen sich an der Grenze zwischen Abstraktion und Narration, verweigern sich jedoch einer eindeutigen Zuschreibung.

Seit den 1990er-Jahren nutzt Polly Apfelbaum den Boden als Präsentationsfläche für ihre Fallen Paintings. Teppiche stellen eine Verdichtung vieler Facetten ihrer radikalen künstlerischen Praxis dar. Der Teppich interessiert die Künstlerin zum einen als häuslicher Gegenstand, zum anderen in seiner Bedeutung für Nomadenvölker: Wo auch immer er ausgebreitet wird, definiert er ein Zuhause. Apfelbaum schafft damit (Versammlungs-)Räume, in denen Kunst wie in einem sakralen Raum erlebbar ist.

Polly Apfelbaums ortsspezifische Arbeiten treten in einen Dialog mit der Umgebung, dem Standort und der Architektur. Im Belvedere 21 findet Apfelbaums konzentrierte Auseinandersetzung mit Raum, Farbe, Form und Materialität eine konsequente Weiterentwicklung. Die Künstlerin interessiert hier insbesondere die Geschichte des Raums – ein spätmodernes, ursprünglich als Pavillon für die Expo 1958 in Brüssel entworfenes Gebäude, das abgebaut und nach Wien transferiert wurde. Auch ihre Arbeit hat mit der Verlagerung, der Verpflanzung und dem Zusammenfügen von Fragmenten zu tun.

Im Sinne des Jahresmottos des Belvedere 21 „Spirit of '68“ basiert der Titel der Ausstellung auf dem Donovan-Song Happiness Runs in a Circular Motion aus dem Jahr 1968. Die schlichte, eindringliche Form des Kanons lässt sich auch auf die Ausstellung übertragen. Mit Happiness Runs bespielt die Künstlerin erstmals den großen, weiten Raum fast ausschließlich mit auf dem Boden liegenden Teppicharbeiten. Die Installationen sind (ohne Schuhe) begeh- und erlebbar. Die Künstlerin ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern ein unmittelbares Eintauchen in die gewebten Farbfelder. Die Ausstellung ist als offener Kontemplationsraum zu verstehen und als eine freundliche Einladung zur Teilhabe.