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In den 1960er-Jahren entstand durch Weiterentwicklungen der bildenden und darstellenden Künste eine neue Kunstform: die Performance. Die Quellen der Performance waren meistens Malerei, Skulptur, Musik und Tanz. Peter Weibel (*1944 in Odessa) hat ab 1964 einen einflussreichen Sonderweg gebahnt, nämlich 1. Sprache und Medien in Handlungsfelder zu verwandeln und 2. die Partizipation des Publikums zu betonen. Statt der monarchistischen Tradition der Präsenz des Künstlers stellte er als demokratisches Versprechen das Publikum in den Mittelpunkt. Er erkannte das Politische als entscheidendes Handlungsfeld und entwickelte so eine eigene Richtung der politischen Performance, welche den Aktivismus des 21. Jahrhunderts antizipierte.

Die Ausstellung Politische Performance zeigt Hauptwerke aus den 1960er- und 1970er-Jahren sowie ausgewählte neuere Arbeiten des Künstlers. Ab den 1960er-Jahren verließen die Künstler zunehmend die sicheren Räume der Institutionen und drückten sich – diese zugleich kritisierend – in ephemeren Ereignissen wie Performances, Happenings und Aktionen aus. Normalerweise werden die Relikte solcher Aktionen auf geschickte Weise in Vitrinen ausgestellt, um den skulpturalen Charakter zurückzugewinnen. Fotografische Dokumente werden überdimensional vergrößert und auf Leinwand gedruckt, um den malerischen Charakter wieder herzustellen. Für Peter Weibel allerdings bleibt die Aktion als Prozess das Kunstwerk und der Prozess wird in kein Objekt zurückverwandelt. Daher verweisen die Exponate auf ihren dokumentarischen Charakter, es sei denn, es handelt sich von vornherein um Medienkunstwerke.

In vielen Fällen war die Performance-Kunst des 20. Jahrhunderts allerdings nur der Selbstdarstellung des Künstlers bzw. der Künstlerin und der eigenen (künstlerischen) Identität gewidmet. Im Mittelpunkt stand der Künstler als Performer. Peter Weibel stellte dem gegenüber die Partizipation und die Interaktion des Publikums in den Vordergrund. Im Sinne eines demokratischen Versprechens wandte er sich dabei nicht nur an ein Publikum im Galerie- oder Theaterraum, das bereits in eine Kunstinstitution eingetreten war, sondern an das Publikum auf der offenen Straße. Legendär sind »Tapp- und Tastkino« (1968, München) oder die »Aktion Aus der Mappe der Hundigkeit« (1969, Wien) gemeinsam mit Valie Export sowie »Kunst und Revolution« (1968, Wien) mit den Wiener Aktionisten. Peter Weibel erkannte dabei die Rolle der Massenmedien in der Konstruktion unserer Wirklichkeit und machte sie als Handlungsfeld fruchtbar.

Seine Arbeiten sind immer politisch: Im Hinblick auf die gegenwärtige Diskussionen um Globalisierung, Finanzkrise und Kapitalismus erscheinen viele seiner Werke aus den 1960er- bis 1980er-Jahren fast prophetisch, etwa eine Arbeit aus dem Jahre 1984 mit dem Titel Skulptur im öffentlichen Raum, bei dem ein Spaceshuttle in einen Wolkenkratzer kracht. Immer wieder erscheint Feuer als Motiv, das nicht nur auf schon damals empfundene Dringlichkeit der Probleme hindeutet, sondern immer auch im Kontext aktivistischen, revolutionären und terroristischen Handelns auftaucht. Mit der Konvergenz von politischer und künstlerischer Aktion antizipierte Peter Weibel den künstlerischen Aktivismus des 21. Jahrhunderts. Davon zeugen Themenkomplexe zur Rechts- und Sozialstaatlichkeit, zum Terrorismus und zur Revolution.

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POLITISCHE PERFORMANCE
Peter Weibel