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Für die Werkgruppe 'Hirtenknabenspiel' (2004) bezieht sich Pia Stadtbäumer erstmals ausschließlich auf eine einzige Referenz: 'Der Titusbogen in Rom' von Franz von Lenbach, entstanden 1860. Seine Modelle, bayrische Hirtenjungen, ließ Lenbach sich so lange sonnen, bis sie die Bräune der römischen Knaben erlangten. Stadtbäumer interessiert, dass Lenbachs Modelle Rollen spielen – sie wiederholte dieses Verfahren und ließ ein Modell die Posen der kunsthistorischen Modelle einnehmen und 'nachspielen'. Die zunehmende Abstraktion nach Übernahme der Posen des Vorbildes über die Isolierung der Figuren, monochrome Farbwahl und Sockel transferiert die Figuren formal in einen zeitgenössischen Kontext.

'Weitere galante Szenen (Inga)' führt dieses Verfahren wiederum weiter, in dem es in Referenz auf Bilder von Fragonard (um 1775) die Galanterie-Szenen der Rokoko-Zeit 'nachspielt'. Die in einer kurzen Phase der spielerischen Frivolität vor der Aufklärung mögliche Freizügigkeit ist von einer überraschend leichten Umgang mit Erotik gekennzeichnet, der eigentlich erst wieder in den 1960er Jahren in der zeitgenössischen Kunst zu finden ist. Zugleich lässt sich der angedeutete Ast als Verweis auf die Thematik der gestalteten Landschaft und geänderten Landschaftsbegriff in der bildenden Kunst lesen.

Die kontemplative Atmosphäre der Skulpturen findet ihre Entsprechung im Gemälde 'L’école boissonière' (1855) von Henri-Jospeph Harpignies. Mit der beschaulichen Stimmung der sich der Natur Betrachtung Hingebenden schließt sich ein fast 100-jähriger historischer Bogen über Rokoko, Historismus und die Schule von Barbizon, der die Zeit der Aufklärung einrahmt und damit geistesgeschichtlich das Zeitalter der Moderne einläutet. Stadtbäumer variiert das Spiel der historischen Zugehörigkeit in der Rokoko-Pudrigkeit und dem Stahlgrau der bemalten Skulpturen.

Anna-Catharina Gebbers

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Pia Stadtbäumer