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Pia Lanzinger (*1960, lebt in Berlin) interessiert sich für (un)spektakuläre Orte, die sie nach ihren historischen Schichten befragt. Ihre Recherchepraxis umfasst neben der multimedialen Feldforschung Text- und Medienanalysen, die sie in den eigenen Arbeiten reflektiert. Ihre Installationen verstehen sich deshalb auch als Spurensicherung. Auf Einladung des Kunstvereins Langenhagen konnte sie ihre Forschungsarbeit zum Obersalzberg fortführen.

Seit 2005 setzt sich Pia Lanzinger mit der Konditionierung von Blicken auf dem Obersalzberg auseinander. Dort hat sich im Laufe von 150 Jahren Tourismus und 12 Jahren nationalsozialistischer Herrschaft ein moderner Mythos in die Architekturen vor Ort eingeschrieben. Nach einer Phase, in der das gehobene Bürgertum die Bergschönheiten genoss, bediente sich Adolf Hitler der Natur, indem er sie den Staatsgästen durch das Panoramafenster seines Berghofs als ultimativen Ausdruck von Macht und Stärke präsentierte. Die symbolträchtige Kulisse gewinnt durch die Eröffnung eines Luxushotels im Jahr 2005 neuerliche Brisanz, wobei Zweideutigkeiten, Parallelisierungen sowie Illusionismen nicht zu vermeiden sind. Die Reaktionen auf die historischen Überformungen schwanken zwischen dem Versuch der Zerstreuung und blanker Faszination.

Im Frühjahr 2009 besuchte Pia Lanzinger das Hotel Zum Türken, das sich rühmt, den originalen Blick von Hitlers Berghof zu bieten. 1934 für Hitlers persönliche Leibwache, dem Reichssicherheitsdienst, umgebaut, wird es seit 1949 wieder in Familienbesitz geführt. In den Fluren finden sich in trautem Nebeneinander Bilder des Berghofes und seiner ehemaligen Bewohner und Dankesbriefe der Besucher. Fragwürdige Devotionaliensammlungen und reiner Kitsch verquicken sich zu einer privaten Mythologie, die ein abgründiges Szenario vor dem Panorama des Berchtesgadener Lands entwirft.

Neben neuen Arbeiten umfasst die Einzelausstellung die multimediale Installation Eine atemberaubende Kulisse von 2005. Insgesamt ergibt sich so ein differenzierter historischer Blick auf das Verhältnis von Rahmungen und Machtinteressen anhand der Aussicht auf das sagenumwobene Land um Watzmann und Untersberg.

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Pia Lanzinger
Verhängnisvolle Rahmen
Kurator: Ursula Schöndeling