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Die Galerie freut sich, die erste Einzelausstellung von Philipp Morlock ankündigen zu dürfen.

Obwohl Philipp Morlocks Skulpturen keine Menschen(ab)bilder zeigen, sind sie doch meistens eine Art Sinnbild für menschliche Charakteren, Handlungen und Eigenheiten. Elementar sind Gegenstände deren Abnutzungsspuren bereits eine Geschichte vergangener Funktionen erzählen. Manchmal stößt Philipp Morlock zufällig auf die Gegenstände, manchmal sucht er nach etwas Bestimmten, da wird auch schon mal einem Gärtner spontan der Besen abgekauft – ein „Kulturopfer“ wie er sagt. Bei Morlocks Skulpturen passiert immer eine Art „Dingverwandlung“ oder „Objekt-Umerfindung“, die die „Welt mit Objekten bevölkern, die nicht da sind“ (Klaus Theweleit).

Die Werk- und Skulpturengruppen verweisen durch ihre ausgewählte formale Beschaffenheit auf bestimmte Menschengruppen und deren Lebensgefühl. Nicht selten stehen Philipp Morlocks Skulpturen auf irgendeine Weise mit verschiedenen Mitteln der Fortbewegung in Verbindung wie beispielsweise die Werkgruppe der Kutschen. Sie sind zum einen Platzhalter für die längst vergangenen Wahrnehmungsweisen von Raum und Zeit, zum anderen gibt ihre jweils sehr markante Physiognomie Auskunft über bestimmte Charaktere: Al Capone ist die schwarze Gangsterkutsche, Casanova ist rot und hat eine charmant geschwungene Form oder schließlich die beiden Kutschen Stan & Oliver, die Eine gekennzeichnet von konkaven und die Andere von konvexen Formen. Vom Fegen und Wandern sind jeweils Raum füllende Installationen, die für das Paradox des Ausbruchs und dem gleichzeitigen Gefangensein (klein)bürgerlicher Ordnung stehen. Auf gefundenen Besen sind die Wegmarken populärer Tourismusorte in Deutschland genagelt, als Großaufnahmen sind diese einerseits in einem Album und als gerahmte Fotografien archiviert – individuelles und kollektives Erleben sind so zwangsläufig verflochten. Namen berühmter Pferde wie Lamri (König Arthur), Jolly Jumper (Lucky Luke) oder Marengo (Napoleon) sind die Titel verschiedener Moped-Skulpturen, die nun als „zweiter Körper, parfümiert mit Sprit und Gummi, Mythen und Sehnsüchte verbrennen und aus den Drehschiebern ihrer Zweitakter Freiheit und Abenteuer, Heldentum und Selbstbestimmung in die Umwelt pusten.“ (Thomas Wagner).

In der Ausstellung Wo ist Inge? sind ein gefundenes nostalgisches Gruppenfoto mit Frauen in aufgeplusterten Kleidern, weißen Schürzen und jeweils eigenem Schlüsselbund samt einem vor der Galerie geparkten weißen Capri-Roller Indizien, die auf eine vermisste Person hinweisen. Die Skulpturengruppe der Polemiker steht in ihrer formalen Geschlossenheit als markanter Kontrast zu der angedeuteten Handlung. Jeder einzelne besteht aus einem originalen Mopedtank, der jeweils auf unterschiedlich hohen Metallstelen befestigt ist. Sie erinnern vage an Sockel, werden jedoch durch Farblinien aufgelöst, die als Art Wirbelsäule der Tanks erscheinen. Jeder einzelne wird durch die individuelle visuelle Form und Farbe zu einem scharf geschnittenen „Charakterkopf“ und bildet gleichzeitig einen Teil der im Galerieraum vehement stehenden Gruppe. Philipp Morlocks Skulpturen zerlegen die Formen menschlicher Kommunikation, um diese umso deutlicher zum Vorschein zu bringen: man steht hier von „Angesicht zu Angesicht“ - indiviuell und kollektiv, bewegt und starr, enthusiastisch und vielleicht ein bisschen besorgt über den Verbleib von Inge.

Philipp Morlock wurde 1974 in Pforzheim geboren. Er lebt und arbeitet in Mannheim. Zwischen 1998 und 2004 hat er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof. Harald Klingelhöller und Prof. Andreas Slominski studiert. Er war Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und wurde u.a. 2005-06 mit dem Stipendium „Junge Kunst Essen“ ausgezeichnet in dessen Rahmen ein monografischer Katalog erschienen ist und Philipp Morlocks Einzelausstellung Ich bin schon da im Kunsthaus Essen gezeigt wurde.