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Monika Sprüth und Philomene Magers freuen sich zum Jahresbeginn neue Arbeiten von Philip-Lorca diCorcia im Rahmen der aktuellen Ausstellung zu präsentieren.

Seit Ende der 70er Jahre war der in New York lebende Künstler in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten, wie etwa im Museum of Modern Art / New York, in der Photographer’s Gallery / London oder zuletzt im Carnegie Museum of Art / Pittsburgh. Ende der 70er Jahre begann Philip-Lorca diCorcia, Fotografie als künstlerisches Medium einzusetzen und zugleich seine besondere, für ihn typische Methode zu entwickeln. In dieser Zeit entstand eine Serie von Fotografien, die Portraits von den engsten Freunden und der Familie des Künstlers zeigen. 1978 entsteht eine Aufnahme seines Bruders Mario, der in der elterlichen Küche steht und in einen Kühlschrank schaut. Während diese alltägliche Situation inhaltlich banal anmutet, so ist doch die Umsetzung dieser Szene vom Künstler genau geplant und umgesetzt. Durch die sorgfältige Inszenierung eines scheinbar belanglosen Sujets verleiht diCorcia einer nüchternen Begebenheit eine vielschichtige Bildrealität. Diese initiale Arbeit Mario zeigt dem Betrachter nicht nur einen Mann auf der Suche nach einem Snack, sondern konfrontiert ihn zugleich mit dessen Menschlichkeit, Sehnsüchten und Fehlern.

Durch die Inszenierung und die kalkulierte Theatralik der Situationen evoziert diCorcia beim Betrachter ein Bewusstsein über die Psychologie und die Emotionen der gezeigten Personen. Dieses Moment ist ein zentraler Aspekt der fotografischen Arbeiten des Künstlers, wie anhand der Serien Hollywood Hustlers sowie der aktuellen Serie der Pole Dancers zu sehen ist. Ob es sich nun um ausdrücklich inszenierte Aufnahmen oder um flüchtige Portraits von unbekannten Passanten im Rahmen der Serie Streetworks handelt, so ist doch allen Aufnahmen das Moment des Innehaltens gemein: Ein flüchtiger Moment wird durch die Kamera fixiert und zeigt dem Betrachter eine komplexe Bildrealität auf, die in jedem banalen Augenblick des alltäglichen Lebens wiederzufinden ist. Das Aufzeigen dieser Komplexität und der potentiellen Mystik jedes erlebten Moments wirft den Betrachter auf seine eigenen Erfahrungen zurück, die aus unzähligen dieser Momente bestehen.

Für die Serie Pole Dancers wendet sich diCorcia einer bereits existenten Gruppe und ihrem Milieu zu: der Welt der exotischen Tänzerinnen. Hier ist diCorcia jedoch nicht der versteckte Beobachter in der Menge, wie etwa bei der Entstehung der Serie Streetworks, sondern einziger Zuschauer, da die Tänzerinnen eigens für ihn performen. Die Isolierung dieser Performance, die explizit auf die Reaktion der Zuschauer ausgelegt ist, bewirkt eine befremdliche Leere, welche die Aufmerksamkeit des Betrachters so auf die Bewegung an sich zurückführt. Die zentrale Positionierung der Tänzerinnen im Bildraum verstärkt diesen Aspekt. Die Frauen, die sich verführerisch um die Tanzstange winden, befinden sich in der Luft und scheinen in ihrer Position durch die Kamera eingefroren. Diese Exponierung der Körper gibt ihnen den Charakter von klassischen Statuen, die sich durch Athletik und die physische Kunst und Perfektion ihres Könnens auszeichnen.

Philip-Lorca diCorcia zeigt die Komplexität von Erleben und Wahrnehmung durch die bewusste Inszenierung scheinbar banaler Situationen des alltäglichen Lebens. Hier richtet sich sein Blick auf banale Gegebenheiten des Alltags sowie auf Gruppen von Personen, denen durch ihre Lebensumstände bereits eine gewisse Theatralik innewohnt. Dieser Blick ist teils ein schweifender, faszinierter Blick, der sich von der Mystik der Oberfläche nicht abzulösen vermag, der das Auge zum Halten und Verweilen bringt. Zugleich geht der Blick des Künstlers jedoch unter die Oberfläche, indem er eben das Innere nach außen kehrt: „Their image is the outward facing front belied by the inwardly gazing eyes.“. Das vielfältige Feld der Blicke, das des Künstlers, das der Betrachter und das der gezeigten Personen, findet in der Serie der Pole Dancers eine ästhetische Formulierung, die flüchtige, fast unsichtbare Augenblicke zu zeitlosen Momenten des komplexen menschlichen Daseins werden lässt.

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Philip-Lorca diCorcia