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Per Kirkeby (*1938), bestens bekannt als Maler, hat ein weitverzweigtes Werk geschaffen, das u.a. Collagen, Cartoons, Monotypien, Radierungen, Plakate, Wandmalerei, Skulpturen und Bücher umfasst. Dieser höchst produktiven, wenn auch weniger im Fokus stehenden Seite des Künstlers spürt das MKM in seiner großen Frühjahrsausstellung nach – und würdigt natürlich auch umfassend den Maler Kirkeby, retrospektiv und mit ganz neuen Arbeiten.

Das Werk des gebürtigen Dänen Kirkeby, der lange in Deutschland gelebt und an der Kunstakademie in Karlsruhe (1978-88) und an der Frankfurter Städelschule (1989-2000) unterrichtet hat, überrascht durch seine Vielgestaltigkeit und unerwarteten Wendungen. Dies entspricht den breit gefächerten Interessen des Künstlers, der zuerst ein Geologiestudium absolviert, ehe er sich in den frühen 60er Jahren endgültig für eine Laufbahn zugunsten der Kunst entscheidet. Sein Ausgangspunkt ist denn auch die Beobachtung von Formen in der Natur, die er – erdschichtengleich sich überlagernd – in künstlerische Strukturen übersetzt. Wie lässt sich eine Beobachtung festhalten? Wie die Wahrnehmung künstlerisch überschreiten? „Die Welt“, so Kirkeby, „ist Material, aus dem man Kunst macht, vermittels eines kunsthistorischen Prozesses…eines Prozesses, der sich im tiefsten Inneren nicht kontrollieren lässt.“

Bei Kirkeby gehen wissenschaftliche Beobachtung und künstlerische Orientierung Hand in Hand. In der Ausstellung lässt sie das anhand von ausgewählten Werken nachvollziehen. Vor allem die Radierungen der frühen Jahre nehmen hier eine zentrale Rolle ein, daneben Collagen und Fotografien von einer Expedition nach Pearyland im nördlichen Grönland aus den frühen 60er Jahren und Aufnahmen aus dem Pariser Rodin-Museum von 1985. Künstlerbücher, Übermalungen, experimentelle und dokumentarische Filme hat Kirkeby ebenfalls realisiert. Der Besucher lernt zudem den Plakatentwerfer Kirkeby kennen und den Gestalter von Buchumschlägen. Auch eigene Texte hat Kirkeby verfasst, die das MKM im Rahmenprogramm der Ausstellung vorstellt. 1982 wird der Künstler gar zum Mitglied der dänischen Literaturakademie ernannt.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung, die das dänisch-deutsche Kuratorenteam Siegfried Gohr und Lars Morell zusammengestellt hat, liegt bei der Malerei, die in ihrer Entwicklung von den 1970er Jahren bis heute präsentiert wird. Kirkeby trägt seine Farben in Schichten auf, die gleichsam auf den Betrachter zuwachsen, auch hier ist der Geologe im Künstler erkennbar. Ein Ausstellungsraum ist den jüngsten Bildern vorbehalten, die im MKM erstmals gezeigt werden. In diesen Bildern greift Kirkeby auf frühere Motive zurück, verwendet dabei jedoch (dies seit ungefähr 2008) eine ungewöhnlich helle Farbpalette – das Spätwerk als fortgeschrittene Reflektion des Frühwerks. Über seine Arbeitsweise sagt Kirkeby: „Ich bin ein Maler, der mit seinem Instinkt malt und stets verführt wird vom Malprozess und von seinen Händen, vom Pinsel und all dem. Es steckt natürlich etwas anderes dahinter. Ich bin auch etwas ungewöhnlich. Ich bin eine Art Intellektueller, einer, der viel liest. [...] Aber ich bin mir auch bewusst, dass ich das nicht als Grund anführen kann, dass die Bilder ›schlau‹ werden. Alle diesen klugen und schlauen Intentionen müssen überwunden werden. Das ist für mich keine Mühsal, das geschieht einfach. Irgendwann kommt der Moment, wo ich das Gefühl habe, es ist passiert. [...] In dem Moment, wo das alles weg ist, da entsteht das Bild. Aber ich brauche diesen riesigen Apparat, um überhaupt anfangen zu können.“

Das MKM würdigt auch den Zeichner, Grafiker und Bildhauer Kirkeby. Gleichzeitig mit der Malerei auf Leinwand, die um 1976/77 beginnt, entstehen großformatige Zeichnungen, die teilweise Eindrücke von einer Mexiko-Reise zur Maya-Kultur im Jahre 1971 reflektieren. Eine Besonderheit des grafischen Schaffens stellen Kirkebys Monotypien dar, die ebenso im MKM zu sehen sind wie seine architektonischen Modelle. Diese gehören einerseits zur Skulptur, bereiten andererseits große Backsteinbauten vor, von denen mittlerweile fast hundert in Europa und Amerika realisiert wurden. Einige der figürlichen Bronzen zeigen den Bildhauer Kirkeby als einen eigenwilligen Umformer der bildhauerischen Tradition seit Auguste Rodin.

Per Kirkeby blickt auf eine umfangreiche internationale Ausstellungskarriere zurück. Wiederholt hat er an der documenta in Kassel, an der Biennale von Venedig sowie an der Biennale von São Paulo teilgenommen. Seine Werke befinden sich u.a. in den Sammlungen der Londoner Tate Gallery, des New Yorker Metropolitan Museum oder des Centre Pompidou in Paris. Auch in der Sammlung Ströher im MKM ist ein Kirkeby-Raum mit Gemälden der 80er/90er Jahre zu sehen.

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Per Kirkeby
Maler - Forscher - Bildhauer - Poet
Kuratoren: Siegfried Gohr, Lars Morell