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Peggy Buth legt sich in ihrem künstlerischen Schaffen weder auf ein bestimmtes Medium noch auf einen engen Kunstbegriff fest, sondern untersucht die Repräsentationssysteme von Kunst, Literatur, Politik, Geschichte und Wissenschaften im Hinblick darauf, was in ihnen verdrängt wird und was darin unbeabsichtigt zu Tage tritt. Ein Schwerpunkt dabei ist die Hinterfragung kultureller Bedeutungs- und Identitätskonstitutionen. Kennzeichnend ist dabei eine intensive Bearbeitung der verwendeten Materialien und die Verschränkung verschiedener Medien, Ausdrucks- und Präsentationsformen.

In ‘Listeners & Typewriters’ befasst sich Peggy Buth im engeren Sinne mit dem Zeichensystem von Sprache und Schrift und untersucht dieses hinsichtlich Konstitution, Bedeutungsaufladung und –verschiebung. Die versammelten Arbeiten kreisen um den linguistischen Begriff des ‘shifting’ bzw. des ‘shifters’ (Roman Jakobson), der von ‘Natur’ aus als ‘leer’ charakterisiert wird und seine Bedeutung nach dem jeweiligen Subjekt, dem Gebrauch bzw. dem auszufüllenden Kontext ausrichtet. Dazu entwickelt Peggy Buth einen Dialog autarker und zugleich aufeinander bezogener Arbeiten – gemäß ihrem Ansatz in einer Verschränkung von Fotografie, installativer Anordnung, Malerei, Sound- und Textarbeiten.

Ausgangspunkt ist die titelgebende Installation ‘Listeners & Typewriters’. Auf einem zweigeteilten Sockel, irgendwo zwischen Bühne und Siegerpodest zu verorten, stehen sich zwei Hörsaalbänke gegenüber, auf denen antiquierte Schreibmaschinen angeordnet sind. Die Wahl der Hersteller spricht Bände – Triumph und Olympia. Sprache und die Möglichkeit, sie aufzuzeichnen und zu verbreiten bedeutet Einfluss/Macht. Die offen zur Schau gestellte Patina der Aufzeichnungsgeräte und die brüchige Konstruiertheit des Podests, gleichsam eine andere Deutung.

Eine Entsprechung findet ‘Listeners & Typewriters’ in der wandfüllenden Arbeit ‘Nominativ’, welche in Format und Ausdehnung ähnlich, aber dabei deutlich zurückgenommener wirkt. 64 Bild-Text-Rahmen mit den 8 Personalpronomen sind in einem losen ‘Flattersatz’ installiert. Eine einheitliche Systematik sucht man vergebens, da Peggy Buth der konzeptuellen Strenge der Arbeit mittels eines für ihr Werk typischen Eingriffs entgegengewirkt hat: jedem Pronomen hat sie ein in das Glas des Rahmens gekratztes Gegenüber zugewiesen, welches in Größe und Schriftbild variiert. Kein “ich” ohne “sie”, “der, die, das Andere” muss immer mitgedacht werden…

Dem geschriebenen bzw. gemeißelten Wort steht die Arbeit ‘Boom! Box (Tropen)’ gegenüber: ein in eine Glasvitrine verbannter Ghettoblaster neuerer Bauart, stillgestellt und seiner Funktion des ‘loudspeaking’ enthoben, funktioniert er umso besser als Memento einer spezifischen Kulturtechnik, die mit klarer Benennung sozialer Ungerechtigkeiten und dem Wunsch nach Äußerung/Änderung derselben verbunden ist. Bei Peggy Buth dient er als Vehikel für den Sound per Kopfhörer. Trotz einer vermeintlich erhöhten Konzentration fällt es schwer den Worten des Sprechers, der hörbar mit dem Verlesen und Verstehen einer ihm fremden Sprache kämpft, über die gesamte Länge zu folgen. Der Eindruck dieses Konfliktes vermittelt sich hingegen sofort.

Wie ein assoziativer Rahmen fungieren drei über den Ausstellungsraum verteilte Wandarbeiten. Zwei Fotografien, einmal in direktester Form als Abzug postergleich an die Wand gepinnt, zum anderen als edel gerahmtes Kleinformat präsentiert, zeigen seltsam undefinierte Orte – Bühnenambiente, Podest und Sockel werden als Verweis auf verschiedene settings von (öffentlicher) Rede und Ansprache angeboten. In der großformatigen Arbeit ‘group (shifter)’ schließlich, lässt sich unter diversen Materialschichten und Übermalungen eine Figurengruppe identifizieren, die je nach Lesart Sprecher oder Publikum gleichermaßen verkörpern könnte.

Peggy Buth hat die Ausstellung selbst als ‘offenes System’ angelegt: Verweise, Codes und Referenzen sind bewusst gewählt, werden aber sogleich als bloßes ‘Material’ dargestellt und widersetzen sich somit der Vorstellung einer endgültigen Fixierung. Vielmehr kristallisiert sich ihre stetige Befragung, Verschiebung und erneute Vereinnahmung als beabsichtigte Methode heraus.

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Peggy Buth
Listeners & Typewriters