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Paul Fägerskiöld. Blue Marble

Kunstmuseum Thun, 29. Mai – 15. August 2021
Vernissage: 28. Mai, 18.30 Uhr

Im Sommer eröffnet das Kunstmuseum Thun die erste institutionelle Einzelausstellung des schwedi- schen Künstlers Paul Fägerskiöld (*1982 in Stockholm, lebt und arbeitet in Stockholm) in der Schweiz. Seine künstlerische Sprache lässt sich in der Tradition der Landschaftsmalerei verorten. Dabei unter- sucht Fägerskiöld aktuelle, tiefgründige Fragen zur Menschheit und ihrer Rolle im Universum. Die Ausstellung zeigt Werke aus den letzten zehn Schaffensjahren, darunter mehrere neue Arbeiten, die explizit für die Schau in Thun erstellt wurden.

Landschaft heisst «Land» «schaffen»
Mit dem Begriff «Landschaftsmalerei» wird oft eine romantische Vorstellung von unberührter Natur verbun- den. Wie jedoch kann Landschaftsmalerei heutzutage aussehen – im Anthropozän, wo der Mensch mitsamt seinen technologischen Fortschritten zum wichtigsten Einflussfaktor auf die Prozesse der Erde geworden ist, gar eine Naturbeherrschung anstrebt? Eine Zeit also, in der der Mensch der Natur nicht gegenübertritt, son- dern sich selbst als Teil der Natur versteht? Sich mit diesen Fragen auseinandersetzend, versteht Fägerski- öld den Begriff «Landschaft» als einen Ort, wo das soziale Milieu, der Habitus, die Sprache, die visuelle Symbolik oder die persönliche Perspektive stets gleichsam miteinfliessen – Faktoren, die uns Menschen vor Ort betreffen und beeinflussen. In der Ausstellung werden die Besucherinnen und Besuchern mit unterschiedlichen Möglichkeiten von Land- schaftsdarstellungen konfrontiert: So sammelt Fägerskiöld beispielsweise auf dem Weg in sein Atelier Sym- bole und Zeichen, die ihm täglich im urbanen Raum begegnen und denen er dadurch Bedeutung zuschreibt. Zusammen können sie als erzählerische Darstellung seiner persönlichen, «realen» Welt, seiner wahrgenom- menen Landschaft gelesen werden.
Der Landschaftsbegriff verweist auch auf kollektive Wahrnehmungen im Sinne von Heimat oder Vaterland. Damit geht oft eine patriotische Gesinnung einher, die in Wappen zum Ausdruck gebracht wird. Fägerskiöld greift das Wappenelement auf und reduziert die Inhalte auf die grafischen Elemente, indem er die Farben weglässt. Die Zuschreibung wird nur noch über die Benennung der Symbole möglich – mit denen zu gegebe- nen Zeiten Ausdruck und Bedeutung verliehen sowie Grenzen markiert wurden. Immer wieder aufs Neue nähert sich der Künstler dem Landschaftsbegriff an, hinterfragt ihn und regt uns an über Sprache und damit einhergehende Metaphern nachzudenken.

Referenzen aus der Wissenschaft und Populärkultur
Inspiration findet der Künstler in der Literatur und in der Wissenschaft. Mit dem Betreten der Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher Teil einer semiotischen Hyper-Landschaft voller Metaphern, Sym- bolen sowie Referenzen aus der Populärkultur.
Eine der neuesten Arbeiten Fägerskiölds ist die Serie mit Sternenhimmel. In der Auseinandersetzung mit astrologischen Phänomenen beginnt er mit Hilfe des Computerprogramms namens Starry Night zukünftige und vergangene Positionen von Sternen und Planeten zu berechnen. Er kreiert fortan mehrere grossformati- ge Sternenhimmel, die er selbst in echt erleben möchte. Dazu gehört der Ausblick in seiner Geburtsstadt Stockholm am 1. Januar im Jahr 100'000. Mit Monastery of Saint-Paul de Mausole, Saint-Rémy-de-Provence. Night between 17-18th June 1889. View east-southeast (2020) referiert er auf eines der wichtigsten Werke des bekannten niederländischen Künstler Vincent van Gogh, der sich im Jahr 1889 in der Nervenheilanstalt Saint-Paul-de-Mausole befand und den Blick aus dem Fenster des Sanatoriums malerisch festgehalten hat. Auch dieses trägt den Titel Starry Night – eine sternenklare Nacht.

«Blue Marble»
Paul Fägerskiöld erkennt in der Kunst das Potenzial immer wieder neue Perspektiven aufzuzeigen, die es ermöglichen unser sprachliches Repertoire zu erweitern sowie Alternativen anzudenken, um uns darauf auf- bauend mit den grossen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen. Der Titel der Ausstellung verweist auf die bekannte Fotografie der Erdkugel, welche im Jahr 1972 aus einer 29'000 km grossen Entfernung geschossen wurde. Diese neue Perspektive auf die Welt wurde zum Symbolbild der Umweltschutzbewegung der 1970er- Jahre sowie der Ausformulierung des Weltethos. Sinnbildlich dafür trägt der Künstler mit den ausgestellten Werken auf seine Weise zum fortlaufenden Diskurs bei.

CV Paul Fägerskiöld
Paul Fägerskiöld wurde 1982 in Stockholm geboren, wo er zurzeit lebt und arbeitet. 2010 schloss er sein Studium an der Royal Art Academy mit einem zweijährigen Austauschprogramm an der Akademie der bil- denden Künste in Wien ab. Einzelausstellungen beinhalten u.a. Galerie Nordenhake, Stockholm und Mexico City (2020), Peter Blum Gallery, New York und Borås Konstmuseum, Borås (2019) sowie Jönköping County Museum, Jönköping und Prince Eugen ́s Waldermarsudde, Stockholm (2018). Seine Werke wurden zudem in mehreren Gruppenausstellungen in Europa und Indien gezeigt. 2018 erhielt er den Åke Andrén Foundation ́s Art Grant, 2015 The Swedish Art Grants Committee Working Grant, 2013 wurde sein Werk mit dem Fredrik Roos Award ausgezeichnet.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint eine Publikation (D/E) mit einem umfangreichen Abbildungsteil, und Tex- ten von Katrin Sperry, John Tremblay und ein Interview mit Paul Fägerskiöld und Helen Hirsch; Verlag für moderne Kunst, Wien 2021.