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Der früh verstorbene Paul Adolf Seehaus nimmt im Kreis der Rheinischen Expressionisten eine Sonderstellung ein. Er ist der einzige gebürtige Bonner unter ihnen; keiner außer ihm hatte neben der künstlerischen Tätigkeit eine wissenschaftliche Ausbildung – Seehaus war promovierter Kunsthistoriker –, vor allem aber: Seehaus wurde schon als Gymnasiast von August Macke, der seine künstlerische Begabung entdeckte, als „einziger und unentgeltlicher Meisterschüler“ (Elisabeth Erdmann-Macke) angenommen. Von 1911 bis zu Mackes Einberufung am 8. August 1914 währte der Kontakt, der weit über ein bloßes Lehrer-Schülerverhältnis hinausging. In kürzester Zeit machte der junge Maler sich mit den wesentlichen Strömungen der jüngsten Kunst, mit Fauvismus, Kubismus, Futurismus und Orphismus vertraut.

Spätestens im Frühsommer 1913 dürfte Macke ihn als eigenständigen und weit überdurchschnittlichen Künstler gesehen haben. Bei der Vorbereitung der „Ausstellung Rheinischer Expressionisten“ nahm er ihn schon in die erste, engere Auswahl auf. In einer Ausstellungsbesprechung der „Frankfurter Zeitung“ wurde Seehaus als “die eigentliche Überraschung der Ausstellung..., der als echtestes Malerblut unbedingt große Erwartungen weckt“ bezeichnet. Im selben Jahr stellte er im legendären „Ersten Deutschen Herbstsalon“ der Galerie „Der Sturm“ in Berlin aus.

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges und der frühe Tod August Mackes im September 1914 führten Seehaus in eine essentielle, aber zugleich kreative Krise. Es kam zu einer Verlagerung der Themen in seinen Bildern. Neben Darstellungen der vertrauten heimatlichen Welt entstanden düstere „keltische“ Landschaften, die seine Sehnsucht nach einer menschenleeren, ungezähmten Natur widerspiegeln. In den letzten Kriegsjahren malte Seehaus vorwiegend kleinformatige, sehr farbintensive Aquarelle. In ihnen, wie auch in gleichzeitigen großen Farbstiftzeichnungen von hoher Qualität, zog er das Fazit seiner bisherigen Tätigkeit. Es ist weniger die Nähe zu August Macke, als vielmehr die Auseinandersetzung mit dem Orphismus eines Robert Delaunay, die Seehaus in seinem reifen Werk reflektiert. Mehr als alle anderen rheinischen Expressionisten verarbeitete Seehaus kubo-futuristisches Formvokabular in seinen Bildern. Eine ausgeprägte Lust am Narrativen korrespondiert mit einem kristallinen Formgerüst aus farbigen Facetten, die in ihrer Leuchtkraft neue, zukunftsweisende Dimensionen eröffneten.

Völlig unerwartet erlag Paul Adolf Seehaus im Alter von 27 Jahren einer Lungenentzündung. In einer Rezension der ersten großen Nachkriegsausstellung im Westen Deutschlands „Das junge Rheinland“ im Jahr 1919, heißt es: „Unglück traf zu, da in dieser Ausstellung rheinischer Jugend die lebendigsten zwei Tote sind: A. Macke und Seehaus“.

Die Paul A. Seehaus-Ausstellung ist retrospektiv angelegt und vereinigt rund 80 Gemälde, Aquarelle, Farbstiftzeichnungen und Radierungen, darunter frühe Werke, die sehr wahrscheinlich in Mackes Atelier entstanden und erstmals wieder am Ort ihres Entstehens zu sehen sind.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, die auf der Dissertation des Kurators beruht und erstmals umfassend über Leben und Werk von P. A. Seehaus informiert. Hinzu kommt ein durchgehend bebildertes Werkverzeichnis mit 470 Nummern.

Pressetext

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Paul Adolf Seehaus - Retrospektive
Kurator: Peter Dering