press release only in german

Wir mustern uns: verhüllen unsere Körper mit Stoffen, schmücken sie mit Ornamenten und verleihen ihnen darüber kulturelle Bedeutung; wir werden gemustert: unsere Körper entkleidet, vermessen und gemäß bestimmter Normen beurteilt – in diese gegenläufigen Richtungen könnte man das „Patterned Bodies“ ins Deutsche übertragen. In Buths Arbeit „Finger it out“ ist der gemusterte Stoff buchstäblich in den Hintergrund gerückt – als backdrop einer Fotoinszenierung – und das Raster in Form einer Gravur auf dem Glas des Rahmens in den Vordergrund; dazwischen haben die Porträtierten mit einer Geste Aufstellung genommen, die sich dem prüfenden Blick scheinbar verweigert. Angespielt wird auf eine im Jahr 2000 erstmals veröffentlichte Untersuchung amerikanischer Wissenschaftler, die ergeben haben soll, dass sich aus der Proportion von Zeige- und Ringfinger einer Person Rückschlüsse auf bestimmte Talente, die sexuelle Orientierung oder auch die Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen ziehen lassen. Nichts liegt näher, als die biomedizinische Neuauflage der Physiognomik, jener im 18. Jahrhundert aufgekommenen Pseudowissenschaft von der Lesbarkeit des Charakters aus den physischen Merkmalen des Gesichts, an sich selbst und seinen Freunden auszuprobieren. Aber Vorsicht: Schon in den bürgerlichen Salons hat das zu manch’ unliebsamen Ergebnissen geführt! Das Muster, das dem Video „you love me?“ als Folie dient, ist die heterosexuelle Matrix und ihre Einkleidung in Geschlechterrollen, sprachliche Stereotypien und Klischeebilder, durch die Klassiker des Film Noir und der Nouvelle Vague ebenso grundiert werden wie neuere Hollywood-Blockbuster. Aus diesem Spektrum von Filmen hat Buth Dialoge extrahiert, nachsprechen lassen und sie mit neuen Bildern, eigens aufgenommenen sowie found footage, zu einer verwickelten Dreiecksgeschichte verwoben. Dabei wurde nicht nur an der Rollenverteilung ‚gedreht’; auch die geläufigen Topoi einer Lieberomanze – Hotelzimmer und Bars, Sonnenuntergänge, Fahrstühle, Meer und Sternenhimmel – kippen aus dem Rahmen, sind entweder einen Tick zu prosaisch oder driften gar in pure Science Fiction ab. Mit den Arbeiten „untitled (figure)“ und „déformation professionelle“ führt Buth die Werkgruppen der Teppichobjekte und Teerbilder fort. Der Bezug auf die patterns ist hier ein abstrakterer. So rekurriert Buth bei den Fräsungen des Teppichs auf die Form des Rasters, bricht dieses jedoch auf, lässt es gleichsam ‚ausfransen’. Die ‚Muster’ entstehen hier durch die Zerstörung der Oberfläche; im Fall des Teerbilds wird dagegen eine Oberfläche durch die Überlagerung von Schichten erst generiert. Die wie mit dem Lineal gezogenen Ritzungen durch die unebenen Teer- und Schellackflächen wirken wie die Parzellierung eines unsicheren Terrains, eine Parzellierung, die sich in ihrer Fragilität zugleich selbst in Frage zu stellen scheint.

(April 2008, Susanne Holschbach)

Besonders möchten wir schon jetzt auf die Präsentation des Künstlerbuches ‚Desire in Representation’ von Peggy Buth am Samstag den 26.04.2008 um 18.00 Uhr aufmerksam machen und Sie zu einem Gespräch mit der Künstlerin, Beatrice von Bismarck, Astrid Wege und Till Gathmann einladen.

only in german

Patterned Bodies
Peggy Buth