press release only in german

10.12.2022 - 05.03.2023, bis 12.03.2023 verlängert

Pattern Recognition
Wiedersehen mit der Städtischen Sammlung Erlangen

mit: Monira Al Qadiri, Athanasios Argianas, Thomas Bayrle, Anna & Bernhard Blume, Martin Disler, Aleksandra Domanović, Jack Goldstein, Eugen Gomringer, Keith Haring, John Hilliard, Sofia Hultén, Fritz Koenig, Simon Lehner, Lawrence Lek, Richard Long, Frida Orupabo, Alona Rodeh, Paul Mpagi Sepuya, Nora Turato, Cy Twombly, Wolf Vostell, Sonja Yakovleva

kuratiert von Malte Lin-Kröger

Seit über 50 Jahren wird in Erlangen internationale zeitgenössische Kunst gesammelt. Mit einem Fokus auf Grafiken, Multiples, Fotografie und neue Medien umfasst die Städtische Sammlung eine reiche Bandbreite multiplizierter und serieller Kunst und listet heute so bedeutende und bekannte Namen wie Joseph Beuys, Christo und Jeanne-Claude, Nan Goldin, Keith Haring, Rebecca Horn, Sigmar Polke, Gerhard Richter oder Andy Warhol auf. Sie bildet prägende Kunstströmungen der Nachkriegszeit ab und versteht sich daher als eine Ideengeschichte der Kunst nach 1945. Die Ausstellung „Pattern Recognition. Wiedersehen mit der Städtischen Sammlung Erlangen“ untersucht den reichen Sammlungsbestand vor dem Hintergrund zahlreicher Umwälzungen in Kunst und Gesellschaft seit den Gründungsjahren der Sammlung. Da die Städtische Sammlung gegenwärtig über keinen Ort für eine dauerhafte Präsentation verfügt, bedeuten Sammlungsausstellungen immer auch eine Art Inventur. Die zahlreichen starken und repräsentativen Werke, die Erlangen über viele Jahre hinweg erworben oder gestiftet bekommen hat, rufen dabei je ganz eigene Themen, Erinnerungen und Emotionen wach. In ihnen spiegelt sich nicht zuletzt das Maß an vergangener Zeit, durch das sich ein bestimmter Stil oder ein gewisser Blick auf die Welt von unserem heutigen unterscheidet.

Die Ausrichtung der Sammlung auf Innovationen in der internationalen Kunst macht sie zum Seismografen für Umbrüche in der gesamten Gesellschaft. Neue technische Verfahren, Veränderungen politischer Systeme, die Globalisierung allgemein, aber auch ein genereller Wandel in den Normen von Sehen und Ausstellen lassen nicht zuletzt die Frage aufkommen, wo und wann das Zeitgenössische ins Historische übergeht. Gerade einer Sammlung für zeitgenössische Kunst ist dieser Gedanke in die DNA eingeschrieben. In der Gegenüberstellung von elf langjährigen Sammlungswerken mit elf Neuerwerbungen bzw. Leihgaben jüngerer Künstler*innen möchte „Pattern Recognition“ diesen Überlegungen nachgehen.

So trifft zum Beispiel die Land Art Richard Longs ( 1945 in Bristol, UK), die seinerzeit den Kunstbegriff um monumentale Werke unter freiem Himmel erweiterte und mit dem Ausbruch aus den engen Museumsmauern verbunden wird, auf die Kunst von Monira Al Qadiri ( 1983 in Dakar, SN), die unseren Raubbau an der Natur durch Ölförderung und die daraus resultierende Umweltzerstörung kritisch hinterfragt. Der Künstler Lawrence Lek ( 1982 in Frankfurt a. M., DE) wiederum wirft in seinen Videos tiefgründige Fragen nach der Zukunft unserer Medien und der immer rasanter und autonomer ablaufenden Technologieentwicklung auf – und nähert sich in seiner prophetischen Radikalität den bahnbrechenden Arbeiten Wolf Vostells ( 1931 in Leverkusen, DE, † 1998 in Berlin, DE), die vor allem das Massenmedium Fernsehen früh durchschauten. Nora Turato ( 1991 in Zagreb, HR) nimmt mit ihren pointierten und humorvollen Sprachspielen den ideologischen Ballast unserer Alltagswelt aufs Korn, was überraschend gut zusammenklingt mit der konkreten Poesie von Eugen Gomringer ( 1925 in Cachuela Esperanza, BO), die sich sowohl an Dada wie an Werbeslogans orientiert.

„Pattern Recognition“ macht sich auf die Suche nach Mustern, Ähnlichkeiten und Unterschieden, die den diversen künstlerischen Strategien aus unterschiedlichen Generationen zugrunde liegen. Dabei wird deutlich, wie nachhaltig weibliche, queere und nicht-weiße Stimmen mit ihren Sichtweisen den heutigen Kunstdiskurs prägen. Ästhetisch-formale wie inhaltliche Gemeinsamkeiten der verschiedenen Arbeiten zeugen aber auch von den Konstanten künstlerischen Schaffens im fortschreitenden 21. Jahrhundert. So entstehen elf intensive Dialoge, die auf über fünf Jahrzehnte Kunstgeschichte zurückblicken und aus denen sich zugleich zukunftsweisende Erzählungen entwickeln. Zur Ausstellung erscheint im Frühjahr 2023 im Eigenverlag ein umfangreicher Katalog, herausgegeben von Amely Deiss und Malte Lin-Kröger.