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Eine neue Lust am Ornament scheint sich in der Kunst der Gegenwart zu verbreiten. Die Kunsthalle Wilhelmshaven zeigt Werke von vier Künstlern in den Medien Installation (Mariella Mosler), Textilobjekt (Silke Radenhausen) und Malerei (Jochen Twelker, Ekrem Yalcindag), die sich mit einem fast tabuisierten Thema in der Kunst beschäftigen: Darf Gegenwartskunst dekorativ sein? Hatte doch der Wiener Architekt und Theoretiker Adolf Loos schon 1910 vom Ornament als Verbrechen an der Kultur gesprochen. Ornamente würden die klare Form und den reinen Gedanken eines Werkes nur überdecken. Die Künstler der Ausstellung haben individuelle Wege gefunden, dieses Problem so spannend wie ästhetisch überzeugend zu beleuchten.

Mariella Mosler ist international durch ihre ornamentale Sandarbeit für die documenta X bekannt geworden. Eigens für die Kunsthalle Wilhelmshaven wird die Künstlerin eine neue Arbeit für unsere zentrale Schauwand (5,74 x 3,75 m) schaffen. Dabei verwendet sie Fruchtgummis in Form von Riesenboas und Glotzaugen, die sie in einer ornamentalen Anordnung auf die Wand bringen wird. Das Gruselnaschwerk wird zu einer monumentalen Installation, in der sich archaischer Abwehrzauber (Medusenhäupter) und moderne Industriekultur auf verblüffende Weise verbinden.

1868 erschien in London Owen Jones Prachtband Grammar of Ornament. Silke Radenhausen übersetzt dieses berühmt gewordene Kompendium in ihre eigene künstlerische Sprache: sie gestaltet textile Plastiken, die eine überraschende Körperlichkeit gewinnen und zudem die stereotyp Frauen zugesprochene Kulturtechnik textilen Werkens thematisieren. In der Ausstellung zeigen wir erstmals alle vier Tableaus (4 x 3 Meter) ihrer beeindruckenden Werkserie „Grammar of Ornament“.

Der Maler Jochen Twelker versetzt ornamental gemusterte Textilobjekte wieder ins zweidimensionale Bild zurück. Er zeigt ihre Realität als Hemd, Kleid oder Jacke wie sie scheinbar ungeordnet im Kleiderschrank hängen. Die scheinbar klare Welt eines ornamentierten Stoffes gewinnt in der Wirklichkeit als genähtes Objekt eine Komplexität, die sich im Bild jeder schnellen Begreifbarkeit anschaulich widersetzt.

Auch der aus der Türkei stammende Künstler Ekrem Yalcindag bedient sich ebenfalls der Technik der Malerei. Doch verwirklicht er eine „harte Malerei“, in der er ornamentale Strukturen über die ganze Bildfläche zieht. Plastische Wirkung erzielt der Künstler, indem er die Farbe unter Verwendung eines sehr feinen Pinsels als kleinteiliges, ausgeprägtes Relief aufträgt. Norm und Freiheit im ornamentalen System seiner Malerei werden auf diese Weise höchst spannungsvoll ausgelotet.

Es erscheint ein Katalog von 96 Seiten mit 79 farbigen Abbildungen.

Pressetext

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Ornament - Schönheit und Verbrechen
Mariella Mosler, Silke Radenhausen, Jochen Twelker, Ekrem Yalcindag