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Voller Dynamik erheben sich Rümpfe von Schiffen und Flugzeugen gegen Schwerkraft und Zeit, erobern vergessen geglaubte mythische Wesen die Postmoderne und trifft die Patina gealterter Strukturen auf schillernde Oberflächen von Bronze oder Gold – in ihren plastischen Unikaten erzeugt Olivia Berckemeyer Irritation und Faszination durch das Ineinanderfügen von vermeintlichen Gegensätzen. Allein der Einsatz der scheinbar anachronistischen Technik des "Massiv-Bronzegusses der verlorenen Form" in heutigen Tagen, unterläuft Klischees wie gegenwärtige Plastik "zu sein habe". Doch gerade wegen der ungeahnten Flexibilität dieses Mediums gelingt es Berckemeyer auf virtuose Weise ihren Themen den angemessenen Guss zu verleihen. Denn durch die genuinen Eigenschaften dieses Mediums kann sie amorphe Abformungen des Schmelzens, des Zerfließens, des Zergehens - kurz: des Prozesses mit der prägnanten Motivik ihrer Objekte und Personen variieren und zu Gesamtformen legieren. In Folge bleibt die dargestellte Figur bzw. das abgebildete Objekt klar erkennbar, sieht sich jedoch bemerkenswerten Ausprägungen von Verflüssigung ausgesetzt, welche an geschmolzenes Wachs oder triefende Schlacke erinnern und häufig einen Großteil der Plastik ausmachen. Verfahrenstechnisch liegen diese Verformungen nahe, wird doch das zugrundeliegende Positiv des Gusses aus Wachs gebildet. Besonders auffällig wird der Kontrast in der Materialität wenn die klar erkennbaren Partien auf Hochglanz geschliffen und "die Ausprägungen" von einer für Bronze typischen Patina überzogen sind. So entsteht ein sehr sinnliches Wechselspiel zwischen funkelndem Glanz und tiefem, rauhem Matt. Der geneigte Betrachter findet sich unversehens einer Variation des barocken Chiascuro - angewandt in aktueller Plastik - gegenüber.

Diese Dualität in Form und Materialität bringt die inhaltlichen Zugriffe Berckemeyers bestens zur Geltung, welche sich weitestgehend im bipolaren Themenkomplex "Macht und Vergänglichkeit“ verorten lassen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Berckemeyer mit Vorliebe technische Meisterwerke der aufgeklärten Ingenieurskunst wie Schiffe, Unterseeboote und Flugzeuge oder historische Persönlichkeiten dem prozessualen Widerstand aussetzt, umso das Ringen der Zivilisation gegen Chronos festzuhalten. Dieses Ringen bleibt bei Berckemeyer allerdings nicht ohne die eine oder andere augenzwinkernde Pointe, denn viele Ihrer Arbeiten stellen gerade die überraschende Wendung einer "Wiederkehr" aus den Mühlen der Zeitlichkeit in den Vordergrund: Das U-Boot löst sich aus den dunklen Tiefen und steigt wieder auf, der Schlitten Ludwig des II ist immer noch in Bewegung und apokalyptisch anmutende Reiter kehren zurück und bekunden in frontaler Reihung Ihre Liebe zu uns.

Olivia Berckemeyers Arbeiten wurden international in Galerien und Institutionen gezeigt, unter anderem in der Galerie Richard Gray (New York), in der Sammlergalerie Venus over Manhattan (New York) oder die Galerie Hiromi Yoshii (Tokio). Zu den Institutionen zählen unter anderem die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof (Berlin), das Georg Kolbe Museum (Berlin), das ACCLA Art Center Los Angeles, der Kunstverein Heidelberg, das Märkische Museum Witten, der Kunstverein Paderborn und das Autocenter Berlin und Wien. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin.