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11.09.2022 - 05.11.2022
Eröffnung: Samstag, 5. März, 17–20 Uhr

Olga Balema, Geta Brătescu

Die Galerie Barbara Weiss freut sich, die Ausstellung Olga Balema | Geta Brătescu anzukündigen. Trotz der fast 60 Jahre, die zwischen den Geburtsdaten der beiden Künstlerinnen liegen, ist eine verwandte formale Sensibilität unschwer zu erkennen. Balema und Brătescu schaffen Werke, die meist aus alltäglichen Materialien gemacht, und – um einen von Balema in einem frühen Künstlerstatement verwendeten Begriff zu verwenden – "halbabstrakt" sind. Balema und Brătescu bedienen sich in ihrer Arbeit auf suggestive Weise gewissermaßen den Rändern der Materialität, und aktivieren deren assoziatives Potenzial. Dabei erweist sich für beide Künstlerinnen Sprache als entscheidendes Element, das eine weitere Ebene in die Objekte einführt.

Den Boden des Galerieraums nehmen neun Skulpturen von Balema ein. Sie bestehen aus Gummibändern, wie sie normalerweise in Kleider eingenäht werden, um zu verhindern, dass diese herunterrutschen. Die Bänder wurden auf unterschiedliche Weise zusammengebunden, -geklammert, -genagelt und getackert und teilweise mit Acrylfarbe bemalt. Meist schweben sie einige Zentimeter über dem Boden, gehalten von Nägeln und Schrauben, die in den Boden getrieben wurden, aber sie steigen auch an hin zu den Wänden, an denen sie verankert sind, und laufen zum Boden aus.

Als die Künstlerin solche Skulpturen zum ersten Mal in New York zeigte, nannte sie die Ausstellung brain damage. Wenn diese Werke neuronale Verbindungen beschreiben, dann solche, die kaputt, erschöpft und unzuverlässig zu sein scheinen. Die Synapsen erreichen ihre Gegenspieler nicht mehr. Andererseits sind die Bänder meist in Rastern angeordnet, was ihnen eine technische Qualität verleiht, oder als hätte jemand Spaziergänge auf einem Stadtplan markiert. Die Arbeiten sind kartografisch und beziehen gleichzeitig die sinnliche Erfahrung mit ein, die man auf einem solchen Spaziergang machen kann: das Weggeworfene, das Treibgut der Straße oder des Bürgersteigs, das Straßennetz, die Infrastruktur.

In beiden Räumen der Ausstellung sind Werke aus Brătescus Serie von Zeichnungen und Collagen zu sehen, die auf ihrer Auseinandersetzung mit Medea basieren, einer weiblichen Figur, die das Rationale überschritt. Brătescu hat sich immer wieder Figuren der Literatur und Mythologie gewidmet, so spielen auch Äsop, Mutter Courage und Faust wichtige Rollen in ihrem Werk. Sie fungieren als Alter Ego und häufig auch als eine Form der politischen Subversion. An der Rückwand befinden sich acht Collagen aus Brătescus Serie Costumes for Ephemeral Celebrations (1987). Die Collagen aus Seidenpapier, Teebeuteln und Geschenkpapier wären ohne ihren Titel kaum als Kleidungsstücke erkennbar und zeigen sehr schön, wie Brătescu unter Verwendung preiswerter, alltäglicher Materialien und poetischer Sprache in der Lage ist, imaginäre Räume zu öffnen. Ob diese Kostüme den flüchtigen Akt ihrer Schöpfung, eine phantastische Zusammenkunft oder die Freude beim Auspacken eines Pakets oder am Trinken einer Tasse Tee feiern, lässt die Künstlerin unbeantwortet.

Olga Balemas Skulptur Biomorphic Attachment (2014) verweist ebenso auf die Möglichkeiten der Kleidung, als ob sie – wie der Titel nahelegt – von innen heraus erlebt werden könnte. Die organisch geschwungene Silhouette aus latexgetränktem Schaumstoff hat eine Vorder- und eine Rückseite, aber beide werden gezeigt. Die Wahl des Wortes Attachment – ein Objekt, das ein anderes benötigt, um wirklich nützlich zu sein – fordert implizit die Beteiligung des Betrachters.

An der Rückwand des zweiten Raumes bringt Balemas Installation Saliva in the Shape of Words(2017), noch einmal all das zusammen, was die Werke von beiden Künstlerinnen auszeichnet: ein evokativer Umgang mit Sprache und Materialien, formale Raffinesse und eine Offenheit und Verletzlichkeit, die immer wieder den sehr persönlichen Charakter der Werke unterstreicht.