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Olaf Holzapfel / Guido Yannitto. Blaues Gras entlang der Flüsse
"Pasto azul a lo largo de los ríos"

6. November 2020 bis 2. Mai 2021

Öffnungszeiten:
Montag–Sonntag, 10–18 Uhr, Eintritt frei

Kuratorin: Dr. Christine Nippe

Die Ausstellung in der Galerie der Schwartzschen Villa Blaues Gras entlang der Flüsse – Pasto azul a lo largo de los rios zeigt Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers Olaf Holzapfel und seines in Buenos Aires lebenden argentinischen Kollegen Guido Yannitto. Der Fluss und das Gras; eine Analogie für das Fließende und das Serielle in der Natur und der Welterfahrung stehen bei Holzapfel und Yannitto für ihr Lesen von Räumen und ihre Übertragung in die Kunst.

Beide Künstler arbeiten mit Naturmaterialien wie Textilien, Stroh und Heu ebenso wie mit Performance und Video, die in der Ausstellung präsentiert werden. Sie arbeiten stets mit und zu den Kulturgeschichten und Kontexten, Materialien und Techniken von Orten, sodass sich durch ihre Werke Verbindungslinien und Netze zwischen Argentinien und Deutschland, zwischen Buenos Aires, Nordargentinien und Berlin ergeben.

Entfremdung und ein Gefühl der Enge scheinen im post-industriellen Menschen die Sehnsucht nach Natur zu wecken. Der kulturhistorische Gegensatz zwischen Natur und Stadt wird in dieser Ausstellung hinterfragt. Es geht um die Verbindungen scheinbarer Gegensätze: Stadt und Land, Europa und der globale Süden, Material und Erfahrung, Raster und Fehler, Orte und ihre Pfade. In der Ausstellung kommen verschiedene Stimmen zur Sprache: Uralte Wissensformen, Handwerk und zeitgenössische Kunst vermischen sich zu vielfältigen Quellen und ergeben ein Neues.

So zum Beispiel Guido Yannittos Werk Search Here: Ein Screenshot von Google Earth vom Altiplano, einer Hochebene zwischen Argentinien, Chile, Peru, und Bolivien. Diese Gegend mit ihrem Grenzfluss wird in textile Arbeiten überführt: einmal von einer Weberin aus Peru, ein anderes Mal von einer Frau aus Argentinien und ein drittes Mal vom Künstler selbst. Fragen von Übersetzung, Fehlinterpretation und Subjektivität sowie der Einfluss der unterschiedlichen Körper und Traditionen auf die entstandenen Arbeiten werden sichtbar.

Für das Projekt Chaguar-Bilder kooperierte Olaf Holzapfel mit Wichí-Frauen aus der Region Nordargentiniens und Boliviens.* Mit den Fasern der Chaguar-Pflanze und unter Einbeziehung von Holzapfels Motivik entwickeln diese ihre eigene Bildsprache. Ihr Repertoire nimmt Beobachtungen aus ihrem Lebensumfeld auf. So vereinen die entstandenen Textilbilder Elemente aus der Natur wie einen Berg, Tierpfade oder die Flügel eines Vogels mit den von Holzapfel mitgebrachten Vorlagen von Abstraktions- und Raumstrukturen. Die Chaguar-Arbeiten sprechen von dieser gegenseitigen Beeinflussung ebenso wie dem Lesen und der Interpretation des Raumes.
Beide Künstler interessiert die Landschaft und ihre Wege und Wissensformen, verlorene Textilgeschichten, das Verhältnis von Handwerk, angewandter und bildender Kunst – und es geht um die Prognose, was neue Modelle sein können angesichts des geschichtlichen Vergessens zwischen Stadt und Land. Wie könnten die lokalen Ökologien genauso wie ökonomische Austauschformen von morgen aussehen? Welche Formen der Kollaboration sind heute unter Einbeziehung verschiedener Communities und ihrer Wissensformen – trotz oder gerade in Zeiten der Pandemie und des Klimawandels – denkbar? Was können wir von Anderen lernen?

Zusammen mit der vorherigen Ausstellung von Julie Favreau Bonds ergibt sich so ein von Christine Nippe entwickeltes Schwerpunktthema für das 2. Jubiläumshalbjahr der Schwartzschen Villa: Human Textures, menschliche Texturen. Sind es doch diese vielfältigen Texturen der Kunst, welche in der Schwartzschen Villa in Steglitz immer wieder entdeckt werden können.

Kurzbiographien:

Olaf Holzapfel (*1967 in Dresden) lebt und arbeitet in Berlin und Brandenburg. Er war Artist in Residence an der Columbia University in New York. Als Gastprofessor war er an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und an der HfbK in Hamburg tätig. Ihm wurde 2014 der Gerhard-Altenbourg-Preis verliehen, stellte bei der Venedig Biennale 2011 aus und war Teil der Documenta 14, 2017 in Athen und Kassel.

Guido Yannitto (*1981, Mendoza/Argentinien) studierte Kunst und Malerei an der Universidad Nacional de Córdoba (AR). Seine Werke wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen in Argentinien, Mexico, Paraguay, Uruguay Chile, Deutschland, Portugal, den Niederlanden und den Vereinigten Staaten gezeigt und sind Teil der Sammlungen von MACRO, MAC und dem Cafaffa Museum.

Der Aufenthalt von Guido Yannitto wird gefördert von ifa – Künstlerkontakte und findet in Zusammenarbeit mit der ifa Galerie Berlin statt.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation bei Bom Dia Books.

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Wichí bedeutet in der Wichí-Lhamtes-Sprache “Mensch(en), Volk“.