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Pressevorbesichtigung: Freitag, 27.3. um 11 Uhr Eröffnung: Freitag, 27.3. um 19 Uhr

John Cages berühmter Satz Nothing to say and I am saying it hat der Ausstellung seinen Titel gegeben. Er formuliert den Widerspruch, den die Werke enthalten: Eine monochrome Fläche kann mehreres sein: ein minimalistischer Untergrund für Pigmente, die Demonstration einer idealen Farbe, ein formalistisches Rechteck, ein Fenster auf einen Raum von ungewisser Tiefe. Es kann ein Bild oder ein Gemälde sein. Es kann geschaffen sein, nichts zu sagen oder verschweigen, was es sagt. Die Ausstellung betrachtet das Potenzial des Spielraums zwischen Objekt und Bild, wie ein hell erleuchtetes Rechteck auf der Kinoleinwand, bevor der zu erwartende Film beginnt.

Das Projekt thematisiert eine aktuelle Tendenz in der Kunst, in der monochrome Farbflächen suggestive Bildwelten eröffnen. Hierbei handelt es sich insofern um ein paradoxes Phänomen dar, als dass diese Wirkung von Werken hervorgebracht wird, die gleichzeitig minimalistische Züge besitzen. In der europäischen Kunst hat sich die Minimal Art Ende der 1960er Jahre entwickelt als Reaktion auf die figürliche Stilrichtung der Pop Art sowie auf die emotionale und individuelle Sprache des Abstrakten Expressionismus. Dem Minimalismus zugeordnete Werke zeichnen sich vor allem dadurch aus, Metaphorik, Symbolik und Illusion zu negieren. Darüber hinaus betonen sie die Materialität, die in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit verwendet werden. Mit dieser Materialität wird eine Dinghaftigkeit frappant, welche das Werk als Objekt präsentiert. Daher ist es umso erstaunlicher, dass sich gegenwärtig diese Charakteristika mit der Erzeugung von Illusion vereinigen.

Nothing to say and I am saying it führt medienübergreifend Werke von sieben internationalen Künstlerinnen und Künstlern zusammen, die exemplarisch diese Entwicklung repräsentieren.

Der Konzeptkünstler Cerith Wyn Evans (GB, 1958) ist der älteste und bekannteste der Künstler. Von ihm wird der 35mm Film „Take my eyes and through them see you“ (2006) präsentiert, ein Film, der als Unendlichschleife ein schwarzes Rechteck auf eine Leinwand projieziert. Der Betrachter blickt auf eine schwarze Fläche, die nichts projeziert, allerdings weisen helle Kratzer auf den Abrieb des Zelluloids hin. Diese Spuren erinnern an Lineaturen einer Zeichnung und suggerieren in unserer Wahrnehmung Bilder. In der Malerei von Sergej Jensen (DK, 1972) macht sich seit etwa zwei Jahren eine Veränderung bemerkbar. Seine Bilder waren früher in formalistischen Kompositionen angelegt. In der Regel waren sie geometrische abstrakte Formen oder Collagen aus Textilien und Farben, die auf der Bildfläche arrangiert wurden. Heute sind seine Arbeiten in dünnflüssigen Farbschichten zurückhaltender Erd- oder Metalltöne gearbeitet. Trotz des immer noch betonten Materials, eröffnen seine Farbfelder illusionistische Räume, die an Nebelbänke erinnern, in denen der Betrachter auf der Suche nach Inhalt seinen Blick versenkt.

Von Markus Amm (D, *1969), der Skulpturen, Bilder und Fotoarbeiten schafft, sind in der Ausstellung zwei Werkgruppen zu sehen deren Gattungen sich gegenseitig stark beeinflussen. Die weißen Flächen der hochformatigen Bild-Collagen erinnern aufgrund der Brillanz der Oberfläche an Fotografien. Die Papierarbeiten, sog. „Chemograms“, dagegen besitzen malerische Qualitäten, die durch eine fotochemische Reaktion dunkle, fast monochrome matte Oberfläche aufweisen. Darin birgt sich das Potential fiktive Landschaften zu sehen, die sich durch das Falten während der Einwirkzeit der Chemikalie kaleidoskopartig angeordnet ständig zu verändern scheinen. Im Gegensatz dazu geben die Bildcollagen nichts preis, vielmehr scheint die Farbe die Bilder zu verhüllen.

Marieta Chirulescus (RO, *1974) Werke zeichnen sich durch Zurückhaltung aus. Die digitalen Prints deuten nur schwache Umrisse an, in denen ansatzweise Bilder hineingesehen werden könnten, aber das Abbildhafte bleibt ungeklärt. Ebenso verhält es sich mit ihren Gemälden: die hellen hauptsächlich weißen Farbflächen könnten Landschaften oder Innenräume darstellen, sind letztlich aber nicht bestimmbar. Die Objekthaftigkeit ist besonders dann betont, wenn Chirulescu das fertige Bild auf einen größeren Keilrahmen aufspannt. Der weiße Rand, der dann die Bildflächen umgibt ist uns von Fotografien her bekannt, er definiert die Werke als Kunstobjekte und setzt die tiefenräumlichen Felder von der außerbildlichen Wirklichkeit ab.

Von Ned Vena (USA, *1982) werden zwei unterschiedlich formatige Bildfolgen gezeigt. Sie sind in einem strengen Grundmuster von schmalen Querstreifen konzipiert, das sich wie ein All Over über die gesamten Bildflächen legt. In der Regel erarbeitet der Maler solche Kompositionen akkurat mit Schablonen oder im Siebdruckverfahren. Diesmal malt er direkt mit dem Pinsel, was dazu führt, dass die Muster geradezu verschwimmen. Im Ergebnis steht der Betrachter ungleichmäßig monochromen Flächen gegenüber, die nicht nur Tiefe andeuten, sondern teilweise auch optisch zu schwingen scheinen. Ned Venas Hochformate eröffnen illusionistische Räume, die mannigfaltige Assoziationen zulassen.

Andrew Dadson (CA, *1981) verwendet ebenfalls das Mittel der Übermalung. Er arbeitet in den verschiedenen Medien, Malerei, Video, Fotografie und Zeichnung. Für seine Fotografien sucht sich der Künstler Orte in seiner unmittelbaren Umgebung, die er in einer Performance schwärzt oder weißt. Das Ergebnis wird dokumentiert. Zum einen wird mit diesem Verfahren das Foto als Zeugnis der Wirklichkeit dadurch neutralisiert, dass es einen Überzug erhält, der die Umrisse und Volumina der sichtbaren Gegenstände weitgehend auslöscht. Zum anderen entsteht etwas Künstliches: der Ausschnitt der Wirklichkeit wird zum Stillleben. Die großformatige Wachskreidezeichnung besticht durch ihren hohen Grad an Materialität. Sie wirkt in der Ausführung schwer, jedoch sind unter der schwarzen Oberfläche bunte Spuren sichtbar, die auf mehrere Schichten von Zeichnungen weisen. Gerade durch die nicht ganz hermetisch geschlossene Oberfläche wirkt sie transparent und leicht. Darüber hinaus suggeriert die Fläche eine verdeckte Darstellung.

Bei Karla Blacks (GB, *1972) skulpturalen Werken spielt der Minimalismus eine große Rolle. Eine rosa-fleischfarbene Papierarbeit hängt von der Decke herab und stellt ein Verhältnis zum Besucher und den Umraum her. Das Werk weist unterschiedliche Materialspuren auf: Lippenstift, Kleber, Nagellack, Acrylfarbe. Auf dem zerknitterten Papier wirken sie wie emotionale Zeichen, die eingeschrieben werden, um eine Geschichte zu erzählen. Eine weitere, kleinere Arbeit aus Klarsichtfolie, die ebenfalls von der Decke hängt, ist mit Kreidestaub bearbeitet. Wie eine barocke Wolke eröffnet sie einen illusionistischen Raum. Durch das unterschiedliche Material der beiden Skulpturen divergieren sie nicht nur in ihrer Körperlichkeit, sie erzeugen auch verschiedenartige Bildräume.