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Fünf raumgreifende Installationen von Bruce Nauman (1941 in Fort Wayne, Indiana, geboren), Barbara Kruger (1945 in Newark, New Jersey, geboren) und Alfredo Jaar (1956 in Santiago de Chile geboren) stehen im Zentrum der Ausstellung. Wichtige Elemente dieser multimedialen Arbeiten sind die gleichzeitige Verwendung von Text und Bild, der Umgang mit Sprache und das Nachdenken über ihre Ausdruckskraft. Ausserdem thematisieren sie verschiedene Formen von Gewalt und Gewalttätigkeit.

Seit Mitte der sechziger Jahre gehört das Wechselspiel von Bild und Sprache zu Bruce Naumans Werk, das ein beständiges und differenziertes Befragen und Hinterfragen der Conditio humana im Sinne hat. Seinem Schlüsselwerk der achtziger Jahre, Good Boy Bad Boy, liegen hundert Sätze zugrunde, die, einer präzisen Struktur folgend, konjugiert, in ihre Negation verkehrt und objektiviert werden: “I was a good boy. You were a good boy. We were good boys. That was good … I was a bad boy ...” Es handelt sich um eine Auflistung alltäglicher Verrichtungen, die das Leben auf seine existenziellen Gegebenheiten reduziert und seine Widersprüchlichkeit und Zwiespältigkeit darlegt.

Während sich die Ausstellungsbesucher in der Videoversion von Good Boy Bad Boy (1985) mit einer Frau und einem Mann konfrontiert sehen, die diese Litanei von Phrasen gleichzeitig, aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intonation rezitieren, verteilen sich die hundert Sätze in der Neonversion (1986/87) auf vier Kolonnen. Die einzelnen Sätze und Satzgruppen leuchten nacheinander auf und werden optisch rhythmisiert. Das pulsierende Blinken der verschiedenfarbigen Neonschriftzüge einerseits und die Eindringlichkeit der Stimmen und Blicke der Vortragenden andererseits tragen dazu bei, dass der Sinngehalt der Sätze in den Hintergrund tritt und die Betrachter zu einer Selbstbefragung herausgefordert werden.

Barbara Kruger wurde durch Fotoarbeiten bekannt, in denen sie kurze, prägnante Texte mit appropriierten Fotos unterlegt. Durch provokative Kombinationen von Wort und Bild hinterfragt sie Gemeinplätze und Vorurteile: “Love for sale”, “We don't need another hero”, “My body is your battleground” etc. In Form von Plakaten und anderen Manifestationen im öffentlichen Raum finden ihre Botschaften immer auch den Weg aus dem Museum hinaus und erreichen ein breites Publikum.

Für die raumfüllende Installation Power/Pleasure/Desire/Disgust (1997) formt Kruger erstmals Sätze und Dialogsequenzen, die sich durch eine narrative und appellative Struktur auszeichnen und die in rascher Abfolge flächendeckend auf die Wände und den Boden des Ausstellungsraumes projiziert werden. Zusätzlich erscheinen auf der Stirnseite des dunklen Raumes drei bewegte Bilder mit überlebensgrossen Gesichtern von Menschen, die den Betrachtern Sätze entgegenschleudern. Die Phrasen zeigen ein Übermass an Emotionalität, die von Wut über Angst und Unsicherheit zu Zärtlichkeit reicht. Die Ausstellungsbesucher sind direkt angesprochen und mit ihrem eigenen Wertsystem konfrontiert. Krugers Arbeit hat einen unversöhnlichen, fast resignativen Anstrich. Sie macht sprachliche Klischees und das Potenzial verbaler Aggression erfahrbar.

In den Arbeiten Field, Road, Cloud (1997) und The Eyes of Gutete Emerita (1996/2000), die beide Teil seines umfassenden Rwanda Project (1994-2000) sind, setzt Alfredo Jaar Text ein, um die Aufmerksamkeit der Betrachter (zurück) zu gewinnen und um ihr Vorstellungsvermögen zu aktivieren. Die dreiteilige Fotoarbeit Field, Road, Cloud zeigt Fragmente einer schönen, friedvollen afrikanischen Landschaft. Dieses Idyll wird durch kleine Skizzen gestört, die diese Aufnahmen begleiten und den gezeigten Ort als einen der Schauplätze des 1994 erfolgten Genozids der Tutsis durch die Hutus identifizieren.

Die Ausstellungsbesucher werden von einer Leuchtschrift – einer knappen, sachlichen Beschreibung der politischen Situation Ruandas und einigen wenigen Angaben zur Biographie der Protagonistin, die bei einem Massaker ihren Mann und die beiden Kinder verloren hat – in die Rauminstallation The Eyes of Gutete Emerita geführt. Hier begegnen sie Gutete Emerita respektive ihren Augen in Form eines Lichtbildes, das der Künstler eine Million Mal vervielfacht auf einem riesigen Leuchttisch präsentiert. Gutete Emerita hat das Massaker zwar überlebt, ihre persönliche Verzweiflung dementiert jedoch jede Hoffnung. Kollektive Gewalt verbindet sich mit individueller. Sie ist es, die uns hier anblickt und nicht mehr loslässt.

Die Ausstellung wird von einem Katalog und einem Art Education-Projekt, the power of art, begleitet.

Pressetext

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Nauman Kruger Jaar
Bruce Nauman, Barbara Kruger, Alfredo Jaar