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Natalja Gontscharowa (1881-1962) zählt zu den schillerndsten Figuren der russischen Avantgarde. Obwohl sie mit ihren Arbeiten Künstler wie Kasimir Malewitsch und Wladimir Tatlin beeinflusste und ihre Bilder heute auf Auktionen hohe Preise erzielen, war noch nie eine monographische Retrospektive zu sehen, die ihr gesamtes künstlerisches Schaffen von 1905 bis 1960 widerspiegelt. Die Rüsselsheimer Opelvillen präsentieren nun vom 5. Oktober 2009 bis zum 24. Januar 2010 in Kooperation mit der Staatlichen Tretjakow Galerie, Moskau, rund 70 Werke einer breiten Öffentlichkeit. Gezeigt werden vor allem Arbeiten in Öl, darüber hinaus zählen einige Zeichnungen zu den ausgewählten Exponaten.

Um die Ausstellung zu ermöglichen, hat Dr. Beate Kemfert, Kuratorin und Vorstand der Stiftung Opelvillen, gemeinsam mit russischen Kolleginnen und Kollegen eine wegweisende wissenschaftliche Aufarbeitung geleistet. „Anhand von Archivmaterial und zum Teil unbekannten Fotografien ist es uns möglich, sowohl das Werk als auch die Biografie der Künstlerin erstmals ausführlich vorzustellen“, sagt Kemfert.

Einige der ausgestellten Werke waren seit Jahrzehnten nicht mehr zu sehen, so Gontscharowas letzte Bilder „Sputniks“, die in Deutschland zum ersten Mal gezeigt werden. Die Künstlerin vermachte ihren gesamten Nachlass der Tretjakow Galerie, die als Hauptleihgeberin für die Opelvillen diesen Bestand erstmals geöffnet hat.

Natalja Gontscharowa legte sich nie auf einen einzigen Stil fest und entwickelte ihre künstlerische Identität in den Kunstzentren Moskau und Paris. Geboren in der ländlichen Provinz Tula, besuchte sie in Russlands Hauptstadt die Akademie und nahm an radikalen Avantgarde-Ausstellungen teil. Aufgrund der Oktoberrevolution konnte die Avantgardistin nicht mehr nach Moskau zurückkehren und wählte Paris als Exilort.

In frühen Jahren malte sie, inspiriert von Folklore und Volkskunst ihres Landes, farbenfrohe Bilder mit kraftvoller Ornamentik. Später schuf sie an die Ikonenmalerei angelehnte Bilder, die der russischen Avantgarde wichtige Impulse zur Verbindung von Tradition und Moderne gaben. Gontscharowas Einzelausstellungen waren avantgardistische Meilensteine, führten immer wieder zu öffentlichen Eklats und polarisierten die Presse. 1910 durch ihre erste Einzelausstellung in Moskau schlagartig berühmt geworden, konnte sie drei Jahre später eine Schau mit rund 800 Arbeiten zeigen. Das war bis dahin die größte Ausstellung, die jemals einer russischen Künstlerin oder einem russischen Künstler zuteil geworden war.

Gontscharowa gelang es, mit westlichen Traditionen zu brechen und einen eigenen russischen Stil zu entwickeln. Ab 1917 lebte sie mit dem Maler Michail Larionow in Paris, wo sie unter anderem Kostüme und Bühnenbilder für Sergej Djaghilew „Ballets Russes“ entwarf. 1962 starb sie in ihrer Wahlheimatstadt an der Seine.

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Natalija Gontscharowa
Zwischen russischer Tradition und europäischer Moderne
Kurator: Beate Kemfert

Stationen: Opelvillen Rüsselsheim, Kunsthalle St. Annen, Lübeck, Angermuseum, Erfurt