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In der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts ist die Licht- und Videokunst zu einem zentralen Medium zeitgenössischen künstlerischen Schaffens geworden. Zu den Pionierinnen dieser Kunst gehört ohne Zweifel Nan Hoover. Die 1931 in New York geborene niederländische Staatsbürgerin lebt und arbeitet seit einem Jahr in Berlin. Ursprünglich von der Malerei kommend, spricht Hoover von der Fotografie, dem Video, dem Licht, ja zuweilen sogar von der Skulptur bis heute als unterschiedlichen "Pinseln" für ihre Arbeit. Die Bedeutung von Hoover als Wegbereiterin für viele Künstlerinnen und Künstler, die heute die Auseinandersetzung mit Licht und Video suchen, ist unumstritten. Bis zu ihrer Emeritierung 1996 hat die inzwischen 74jährige und mit nach wie vor unveränderter Schaffenskraft arbeitende Künstlerin an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf als Nachfolgerin von Nam June Paik Film und Video unterrichtet und dabei zahlreiche junge Künstler beeinflusst. Sie blickt auf ein Werk zurück, das in den vergangenen Jahrzehnten in Museen und im öffentlichen Raum nicht nur europaweit, sondern rund um den Globus in Ausstellungen und Lichtinstallationen von sich reden gemacht hat.

Auf den Vorschlag des Museums Wiesbaden zu einer Ausstellung in drei Sälen der Kunstsammlung reagierte Hoover mit der Idee, in den beiden großen Räumen Lichtinstallationen einzurichten, im dritten und etwas kleineren Raum jedoch eine Videoarbeit zu zeigen. Dort empfängt den Besucher die Doppelprojektion des Filmes Doors aus dem Jahre 1981, ein Spiel mit zwei Türen, das als Metapher für Kommen und Gehen, Auftauchen und wieder Verschwinden zu lesen ist. Hoover selber sieht in diesem Film auch ihren eigenen künstlerischen Werdegang - den Schritt durch das Tor von der Malerei zum Video und zur Performance, den sie in den siebziger Jahren vollzog und den sie noch heute als Entfesselung ungeahnter Kräfte begreift. Evoziert dieser erste Raum der Ausstellung mit der Doppelprojektion von Doors also ganz bewusst Anklänge an die eigene künstlerische Entwicklung, inszeniert Hoover in den beiden weiteren Sälen neue Arbeiten.

Metropolis ist eine interaktive Lichtinstallation, die mit dem Moment der Überraschung spielt. Das Publikum betritt einen abgedunkelten Raum, der in ein gelblich-rotes Licht getaucht ist. Im Halbdunkel erkennt man schwarze Stelen, die den Eindruck von Hochhäusern vermitteln. Verstärkt wird dieser Eindruck durch riesige Schatten, die die Stelen auf die weißen Wände werfen. Es ist, als staffelten sich im Dunst der Skyline weite-re Wolkenkratzer hin zum Horizont. Plötzlich nimmt man noch etwas anderes wahr: Die Welt der Hochhäuser ist bevölkert, irgendwoher tauchen menschliche Schatten auf, die die Vorstellungskraft animieren. Schnell wird klar: die Schatten sind keine Fremden, sie sind das eigene Ich. Sie bewegen sich im Rhythmus der eigenen Schritte, sie wachsen bei Annäherung an die Quellen des geheimnisvollen, emotional aufgela-denen Lichtes, sie schrumpfen mit der Entfernung davon. Sie kommen und gehen, kehren zurück und verschwinden plötzlich wieder. Immer sind es mehrere Schatten gleichzeitig, die einen umgeben. Im Rücken sind sie sichtbar nur für Andere, die eigene Schatten werfen, mit denen nun eine tänzerisch anmutende Interaktion einsetzt. Aber es ist gar nicht so einfach, der Schatten Herr zu werden, sie zu steuern. Zu wenig vorhersehbar ist die Wirkung des Lichtes, deren Quellen in einem sorgfältigen Prozess des Einrichtens dieser Installation auf die einzelnen schwarzen Stelen verteilt worden ist. Das ständige Überraschungsmoment, das diese Installation provoziert, steigert die Lust, Hoovers Angebot zur Erfindung einer eigenen Choreographie aufzunehmen.

Painting in light, der dritte Raum der Ausstellung, taucht die Wände des Raumes, in dem sonst ein Teil der Expressionistensammlung des Museums hängt, in blaues Licht. Ein umlaufendes Panorama, auf das der Betrachter von höherer Warte herabblickt. Blaue und weiße Partien wechseln einander ab, 'gemalt' nur mit dem Medium des Lichts, dessen Strahlen nie gleich sind, dessen Farben in lebendiger Nuancierung variieren und das direkt aus der Wand zu kommen scheint. Vielfarbige Blaus sind es, mit denen Hoover malt. Die Formen entstehen dadurch, dass sie den Lichtstrahl, dessen Quelle unsichtbar bleibt, immer wieder unter-bricht, ihn begrenzt oder ihn in eine bestimmte Richtung lenkt. Hoover, Meisterin im erfahrbar Machen des Lichts, dieses alltäglichsten aller alltäglichen physikalischen Vorgänge, lädt ihr Publikum in diesem Raum ein, innezuhalten. Wer der Einladung Folge leistet, wird vom Betrachtenden zum Wahrnehmenden, macht den Schritt vom unbewussten zum bewussten Aufnehmen dessen, was Lichtkunst an Assoziationen und an Emotionen auszulösen vermag.

Am Samstag, dem 25. März 2006, realisiert Nan Hoover auf Einladung des Vereins "Freunde der Kunst im Museum Wiesbaden e.V." um 17.00 Uhr in der Installation Metropolis als Auftakt zur Kurzen Nacht der Museen und Galerien eine Performance.

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