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Der doppelte Titel der Ausstellung, "360°" und "Scrap Metal Pieces", deutet schon an: zwei sehr individuelle Positionen abstrakter Zeichnung und Malerei präsentieren sich in einer vor allem komplementär verstandenen Gemeinsamkeit. Alle unter dem Doppeltitel gezeigten Arbeiten sind in diesem Jahr entstanden; die von Liv Mette Larsen in New York, ihrem derzeitigen Domizil; jene von Nadine Fecht in ihrer Wahlheimat Berlin. Gemeinsam ist den Arbeiten der beiden Künstlerinnen eine taktile Qualität, in der Farbe und Atmosphäre ineinander gehen. Von dieser Gemeinsamkeit ausgehend, sind es vor allem die Unterschiede, die die Ausstellung interessant machen.

Bei Liv Mette Larsen ist es der hohe Grad von Reduzierung und Vereinfachung, der ihre Bilder in die Nähe des rein Abstrakten rückt. Die Fläche, die sich in monochromer Farbe ausdrückt, ersetzt hier fast völlig den Raum, und interpretiert ihn auf eine ganz eigene Weise: so wie die Geschichten, denen die Landschaften, Skylines und die in Larsens Bildern immer wieder auftretenden Personen angehören, gerade noch erahnbar sind, so ist auch der Raum, in dem diese Geschichten sich abspielen, mehr ahnbar als sichtbar. So entstehen fast schon beunruhigend 'flache' Einblicke und Ausschnitte. Diese gewinnen in den Serien, zu denen sich die Einzelbilder zusammenfügen, ein gegenläufiges Moment von Isolation und Zusammengehörigkeit.

Es sind kleine Geschichten und subtile Einsichten, die Liv Mette Larsen in ihren Bildern und Serien vermittelt. Und wer sich die Zeit nimmt, in diese gleichsam 'hineinzuhören', wird von dem Detailreichtum dieser leisen Musik immer wieder neu ergriffen werden. Auch bei den "Scrap Metal Pieces" findet Liv Mette Larsen ihren Anlass zum Malen in ihrer unmittelbaren Umgebung. In diesem Falle New York und präziser: der Schrottplatz gleich neben ihrem Atelier im New Yorker Stadtteil Bushwick. Für die gemeinsame Ausstellung mit Nadine Fecht wurde gerade diese Serie ausgewählt, weil die Zeichenhaftigkeit der in den Bildern dargestellten Formen und Umrisse besonders deutlich die Grenze zwischen Malerei und Zeichnung von der Seite der Malerei her berührt.

Von der anderen Seite her, der Seite der Zeichnung, berühren die von Nadine Fecht gezeigten Arbeiten dieselbe Grenze. Ihre Zeichnungen nehmen den Aspekt des Farbraums und der Farbschichtung als Impuls in sich auf, übersetzen diesen in eine ganz eigene Sprache, bleiben letztenendes aber immer der Subtilität und Fragilität der Zeichnung verpflichtet.

Im Grunde drücken Nadine Fechts Arbeiten immer wieder den paradoxen Zusammenhang der Gleichzeitigkeit aus. In allem ist das Gegenteil von sich selber angelegt und anwesend: die Ordnung im Chaos, der Zusammenbruch in der Konstruktion, das Sanfte im Schroffen. Die Unruhe, die dieser Erkenntnis, dieser Art von Welterleben, entspricht, ist in den Arbeiten direkt sichtbar: die Texturen, Linien, Flächen und Kompositionen lassen den Blick niemals zur Ruhe kommen. Es ist gewissermaßen unmöglich, sich vor diesen Bildern für den einen der gegensätzlichen Pole zu entscheiden. Gerade weil sie diesen Entscheidungsprozeß offen halten, folgen die Arbeiten einer Dialektik des Ganzen, das alle Möglichkeiten noch in sich einschließt. Den Betrachter an diesem Punkt auf sich selber zurückzuwerfen, ist ihr eigentliches Anliegen.

Die in der Ausstellung unter dem Titel "360°" gezeigte Gruppe von Arbeiten verdankt sich der Idee des Panaromas. Wesentlich für den Rundumblick ist immer der Mittelpunkt, um den herum der Blick sich dreht. In diesem Falle ist dies der Mittelpunkt des Raumes, in dem die großformatigen und auf die Wand erweiterten Flächen ein solches Panorama darbieten. Wie sehr der Blick nach außen auch ein Blick nach innen sein kann, ist das vielleicht bestimmende Thema dieser Arbeit.

Eric Wunder

Liv Mette Larsens Serie Scrap Metal New York Paintings sind von 6. 10-30.10. 2011 bei Helac Fine Art in New York zu sehen.

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Nadine Fecht
360°
Liv Mette Larsen
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