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Unter diesem tautologisch anmutenden Titel zeigen wir unterschiedliche Aktdarstellungen aus der Bochumer Kunstsammlung, um zum einen diese kunsthistorisch bedeutsame Gattung anschaulich zu thematisierten. Zum anderen um eine Möglichkeit zu bieten, das Phänomen Nacktheit in der Kunst und in den Massenmedien zu relativieren. Die Aktkunst bzw. ein Akt bildet den unbekleideten menschlichen Körper ganz oder in Teilen ab. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen 'actus' - 'Handlung', 'Bewegung' – ab und meint im 19. Jahrhundert eine eingehaltene Position des Modells zwischen zwei Bewegungen, die den Künstlern in den Ateliers und Akademien das Studium des menschlichen Körpers ermöglicht. Um die Körperlichkeit gut zu erfassen, posieren weibliche und männliche Berufsmodelle unbekleidet. Mittlerweile bezeichnet 'Akt' alle Formen nackter Menschendarstellung. Die frühsten Beispiele der Kunst- und Kulturgeschichte sind Kultgegenstände wie Venusdarstellungen (z. B. Die Venus von Willendorf, 25.000 v. Chr.). Auch in späteren Kulturen hat Nacktheit eine sakrale Bedeutung; man stellt sich die Götter nackt vor und begegnet ihnen bei kultischen Handlungen wie Gebet, Opfer oder Prophetie entkleidet. Das Entblößen kommt einem schutzlosen Sichausliefern gleich und soll die höheren Mächte freundlich stimmen. Das Ablegen der Gewänder meint auch das Abstreifen des alten Menschen. In der Bibel verweist paradiesische Nacktheit auf Unschuld und Unbewußtheit, nach dem Sündenfall steht sie für Scham- und Schuldgefühle. Im Unterschied zu den abrahamistischen Religionen - im Christentum beispielsweise wird im 4. Jahrhundert Nacktheit kirchenrechtlich verdammt und der Islam kennt den Ganzkörperschleier 'Burka' - herrscht in anderen Kulturen ein 'freier' Umgang mit dem nackten Körper. Frühe Hochkulturen in Ägypten oder Indien weisen außerordentliche künstlerische Nacktdarstellungen vor und die Griechen erheben sie zur eigenen Kunstform.

Die Verbildlichung biblischer Themen führt im Abendland zwar zur Abbildung nackter Menschen (Adam und Eva, Christus am Kreuz, Heiliger Sebastian oder Auferstehung der Toten), die bisweilen später übermalt werden, naturwahre Wiedergaben finden sich jedoch erst seit der Renaissance. Donatello, van Eyck, Michelangelo oder Dürer entwickeln eine neue Sicht auf den Menschen und verschieben in diesem Zusammenhang Tabugrenzen. Seit dem 19. Jahrhundert wird die Aktdarstellung von religiösen, mythologischen oder historischen Motiven befreit. Nacktheit versinnbildlicht körperliche und geistige Ideale wie Vollkommenheit, Sinnenfreude, Sehnsucht nach Ursprünglichkeit oder weltflüchtige Verträumtheit, dient zur Darstellung psychischer Befindlichkeiten und wird zur Projektionsfläche von Künstler und Betrachter. Die Kunst trägt zu allen Zeiten zum jeweiligen nackten Menschenbild maßgeblich bei, was sehr oft als Provokation empfunden wird – so wurde Goya wegen seines Gemäldes 'Nackte Maya' vor das Inquisitionstribunal geladen. Gustav Courbet löste mit seinem inzwischen verschollenem Bild 'Ursprung der Welt' einen Skandal aus. Egon Schiele oder E.L. Kirchner wurden wegen ihrer freizügigen Darstellungen strafrechtlich verfolgt. Kunst thematisiert höchst komplexe zwischenmenschliche Erfahrungen, wie Sinnlichkeit und Erotik, die gleichermaßen Körper und Geist berühren. Dagegen zeigen soft-pornographische oder hard-core Bilder in Privatfernsehen oder Internet kommerziell verwertete, geist- und emotionslos sexualisierte Nacktheit.