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Die Sujets fragwürdiger Malereigeschichte und der fraglichen gegenwärtigen Möglichkeiten der Malerei - als aktuelle Artikulations- und Reflektionsmethode - durchdringen das Werk Monika Baers von ihrer Studienzeit bis hin zu den jüngsten Werkreihen. Bereits ihre frühen Gemälde erregten Aufsehen durch die Vorführung des Bildes als Bühne: als Objekt selbst sowie als Aufführungsort. Unabhängig von den jeweiligen Narrationen, die von den Motiven getragen werden, ist es immer das Thema der Malerei selbst, das zur Aufführung kommtund befragt wird. Im Zentrum von „Große Spritztour“ stehen neue Bilder zum Thema Alkoholkonsum. Sie werden ergänzt durch Gemälde und Zeichnungen aus den letzten acht Jahren. In der neuen Bildgruppe verstärkt sich der szenische Charakter, der seit den frühesten Arbeiten virulent ist. Zusammen mit den ‚monochromes’, den Schlüsselloch-, Busen- und Mauerbildern der vergangenen Jahre demonstrieren sie Baers spezifische Verbindungen von Abstraktion, Realismus, expressiver Gestik und Pop Art.Die Alkoholserie besteht einerseits aus hellen Großformaten, an deren unteren Bildkanten hyperrealistisch gemalte Flaschen aufgereiht sind.Darüber erstreckt sich eine atmosphärische Leere, in der Malerei als eine Art Halluzination vorgeführt wird: ein dynamischer Pinselduktus und flächige Lasuren, skizzenhafte Zeichnungen von Betrunkenen und Farbspuren, mit den Fingern aufgebracht. Andererseits enthält die Serie schwarzgrundige Mittelformate, „on hold“ betitelt, die wie ein Negativ der hellen Serie wirken: Manche zeigen schablonierte Labels diverser Alkoholika, die im Schwarz wirbeln. Andere haben gespachtelte Ölfarbfladen, Farbwürste, die der Schwerkraft unterliegen, Spiegel, hier und da ein Regenbogenmotiv. Es sind Versatzstücke aus dem Reservoir der Künstlerin, die hier objekthaft auf dem Schwarz erscheinen - als sei das der Ort, an dem sie eigentlich sind, wenn sie nicht in anderen Bildern ihren Einsatz haben.Charakteristisch für Baers Werk ist die Doppelgleisigkeit. So wie die vorangegangene Reihe Rote Wand (2011/2012) als Gegenspieler der cremigen Monochromie der Schlüssellochbilder (rear paintings, 2012) auftritt, deren Behauptung des minimalistisch abstrakten Bilds wiederum am trivialnarrativen Element eines Schlüssellochs scheitert, stehen die sogenannten Busenbilder (ohne Titel, 2008/2009) in Opposition zu den vermeintlich abstrakten monochromes (2008-2012), die in ihrem eingeschnittenen Spinnennetzmotiv hängenbleiben.Das Positiv-Negativ der beiden Alkoholserien ist eine neue Variante des Verfahrens und treibt die Dialektik von Baers Malerei auf die Spitze.Zu erleben ist ein radikaler Zugriff auf die Malerei, deren ehemaligen Distinktionsmerkmale – malerische Geste, Stil, bis hin zu Intention und der sogenannten Haltung – nicht mehr pur zu haben sind, sondern unrein, kontaminiert und berauschend.

„Unter Einfluss“ – Mittwoch, 20. April, 20 Uhr in der Ausstellung: Monika Baer und Hans-Jürgen Hafner, Direktor des Düsseldorfer Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen diskutieren über Malerei.

Monika Baer studierte bei Alfonso Hüppi an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie lebt in Berlin und unterrichtet an der Milton Avery School of Fine Art des Bard College, New York. 2013/14 realisierte sie große Werkschauen am Art Institute of Chicago und dem Williams CollegeMuseum of Art, Williamstown MA, USA.Die Ausstellung wurde gefördert von der Stiftung Kunstfonds e.V.. Sie wurde konzipiert gemeinsam mit der Kestnergesellschaft Hannover und ist dort anschließend vom 2. September bis 6. November 2016 zu sehen. Die „Große Spritztour“ wird in einem Buch dokumentiert, das während der Ausstellungstournee erscheint. Die Ausstellung im Museum Abteiberg wurde unterstützt durch die Hans Fries-Stiftung. Im Rahmen des Projekts förderte das Land Nordrhein-Westfalen den Ankauf eines Gemäldes für die Sammlung des Museums Abteiberg.