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Die japanische Künstlerin Miwa Yanagi (*1967), die mit ihren Fotoserien "Elevator Girls" (1996-1998) und "My Grandmothers" (seit 2000) international Anerkennung fand, zeigt in der Wohnmaschine Fotografien aus ihrer neuen Serie „Fairy Tales“, die zur Zeit auch im Hara Museum in Tokio zu sehen sind.

Die Serie der „Fairy Tales“ mit dem Untertitel „The Incredible Tale of the Innocent Old Lady and the Heartless Young Girl“ umfasst siebzehn Schwarz/weiss-Fotografien, in denen Miwa Yanagi dem Verhältnis zwischen der Figur des jungen Mädchens und der alten Frau im Märchen nachgeht. Vorlage für Ihre inszenierten Bilder sind die Märchen und Erzählungen von Hans Christian Andersen und der Gebrüder Grimm. So interpretiert sie „Hänsel und Gretel“, „Rotkäppchen“, „Schneewittchen“ oder „Die wilden Schwäne“ und inszeniert in theatralen Posen Kernszenen aus den Geschichten. In einer Art Schaukasten-Prinzip blickt der Betrachter auf die Figurenkonstellationen. Die bis ins Detail arrangierten und mit damaturgischer Lichtregie ausgestatteten Aufnahmen erinnern an Film- oder Bühnenstills, die die jeweilige Handlung einzufrieren scheinen. Wie schon in der Serie „My Gandmothers“ transformiert Yanagi ihre jugendlichen Modelle mit Hilfe von Masken und aufwendigem Make-up zu Vertreterinnen einer anderen Generation. Während in der Literaturvorlage die alten, häßlichen Frauen - häufig Großmütter oder Stiefmütter - der jungen, unschuldigen Schönheit nach dem Leben trachten, sie quälen oder mit einem bösem Schicksal verfluchen, verändert Yanagi diese Perspektive auf groteske und beunruhigende Weise. Bereits die Verwendung des Titels „The Incredible Tale of the Innocent Old Lady and the Heartless Young Girl“, der auf eine Kurzgeschichte von Gabriel Garcia Marques „The Incredible and Sade Tale of Erendira and her Heartless Grandmother“ zurückgeht, weist auf diese Verunklärung des Generations- und Rollenverhältnisses hin. Auch für „Gretel“ gilt diese Verschiebung: Es ist nicht länger die böse Hexe, die die unschuldigen Kinder mästet, um sie später zu verspeisen. Bei Yangi liegt Gretel in lasziver Haltung auf Teppich und Kissen ausgestreckt und zieht den dürren, vertrockneten Arm der Hexe durch die Gitterstäbe zu sich heran. Mit halbschlossenen Augen beißt sie in den Finger der künstlich gealterten Greisin. Eine Geste, die eher erotisch aufgeladen, denn beängstigen wirkt.

Mit „Fairy Tales“ liegt Yangis dritte Serie vor, in der sie das Altern von Frauen und zugehörige Rollenbilder thematisiert. Sie berücksichtigt dabei pysische und psychische Faktoren und greift sowohl persönliche als auch kollektive Vorstellungen und Phantasien auf. Geichzeitig lässt Yanagi mit ihrer „Fairy Tales“-Serie überliefertes Volksgut und archetypischen Bilder und Figuren in einem anderen Licht erscheinen.

Katalog „Miwa Yanagi. The Incredible Tale of the Innocent Old Lady and the Heartless Young Girl“, 80 Seiten, 28 Abbildungen

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Miwa Yanagi: Fairy Tales