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Mit „Grenzziehungen?“ wurde in der Ausschreibung für das Jahresprogramm 2008 im Kunstpavillon und in der Stadtturmgalerie erstmals ein Thema vorgegeben. Da es sich um ein sehr breites Themenfeld handelt, ging der Vorstand davon aus, dass viele Künstlerinnen und Künstler des Vereins Tiroler Künstlerschaft bereits zu einem Teilaspekt des Themas gearbeitet haben, was sich durch das rege Interesse und die Vielfalt der Herangehensweisen, die in der Mitgliederausstellung präsentiert werden, bestätigt hat. Die Mitgliederausstellung 2007 soll sozusagen als Auftakt für das Jahresprogramm 2008 den Status quo und die Schwerpunkte der Auseinandersetzung erheben. Politische und soziale Stellungnahmen, Kartografie, Gesellschaftskritik, Tod, das Durchbrechen der Körpergrenze und das Ausloten der persönlichen Leistungsfähigkeit werden ebenso thematisiert wie formale Abgrenzungen und Überschneidungen.

Wie Architekturen sind die Keramikobjekte von Maria Baumgartner zueinander platziert. Dynamik und Bewegung loten die Grenze des Materials aus. Ursula Beilers Betonskulptur„Panzersperre“ vor dem Kunstpavillon hat durch die Farbe und die einfache Struktur Signalwirkung und ist zudem inhaltlich aufgeladen durch eine zumindest formal angedachte militärische Nutzung. Maurizio Bonato und Ewald Spiss zeigen den Prototypen einer gemeinsam erarbeiteten Audio/Video-CD/DVD-Produktion. Die CD KUBUS/CETO beinhaltet Soundarbeiten, die 1984 bei einer Aktion aufgenommen wurden. Das Video TRACCIARE (Überblendungen) entstand 2005. Diese „grenzüberschreitende Gemeinschaftsarbeit“ verbindet zeitlich weit auseinander liegende, für die beiden Künstler aber inhaltlich zusammenhängende Arbeiten. Hörproben und Videoausschnitte: web.utanet.at/spissewa Die vielteilige Installation von James Clay, die sich aus Betonrechtecken zusammensetzt, erinnert von der Ferne an eine Stadtlandschaft. Zum Teil sind in die einzelnen Segmente Dinge eingegossen – vom Kronenkorken bis zu Abflusssieb -, zum Teil ragen Formen heraus. Der strenge Raster wird so variiert und die einzelne Fließen werden zum Unikat. „Grenzziehungen am laufenden Band am Beispiel der Linie“ demonstriert Helmut Christof Degn mit drei Arbeiten aus seiner Serie „Zeichenprozessionen“. Maria Rauch setzt ihre Pinselstriche einer Kalligrafie gleich zudem sehr reduziert ein und auch Gerhard Diem nennt Formatbeschränkung und Linienführung seiner Tintezeichnungen in diesem Zusammenhang. In der Mitgliederausstellung überschreitet er klar eine Grenze indem er zwei Gemeinschaftsarbeiten mit Johanna Kiem, die kein Mitglied des Vereins Tiroler Künstlerschaft ist, zeigt. Petra Egg präsentiert zwei Arbeiten zum Thema „Patente, Branding, Urheberschaft“. Das Video „armcrossing“ ist formal ein Werbeclip für ein neues Produkt der fiktiven Firma Macrotough, Kategorie „Gestures“, und es wird darin die Patentierung des „Armeverschränkens“ behauptet. Bei dem Gemälde „Ceci n´est pas un logo“ geht es der Künstlerin um eine Aktualisierung der Arbeit von Magritte „Ceci n´est pas une pipe“. Das Nike-Logo drängt sich aufgrund der formalen Ähnlichkeit zur Pfeifenform und wegen der Tatsache, dass es zu den bekanntesten Logos weltweit gehört, auf. Es hat eine sehr einfache Form und ist dementsprechend leicht zu fälschen. Die Ansage „armed response“ (bewaffnete Reaktion) wird in Tirol als nicht besonders bedrohlich wahrgenommen. In Los Angeles hingegen schützt jeder sein Eigenheim mit Waffengewalt und weist mit Schildern darauf hin. Robert Gfader erarbeitete während seines MAK-Schindler-Stipendiums in L.A. eine Foto-Recherche darüber und installierte die Fotoserie auf einer dort üblichen Bauholzplatte mit Leuchtschrift. Der 16 mm-Film „Abitiamo insieme (wir wohnen gemeinsam)“ von Sabine Groschup wird in der Ausstellung als Installation in Kadern auf einem Leuchtkasten montiert präsentiert. In Nahsicht und vielleicht sogar mit Hilfe einer Lupe kommen die Betrachter der Geschichte, die der Film erzählt, auf die Spur. Personen unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe sind im Profil zu sehen. Eine kleine Weltkugel wandert durch das Bild - Begegnungen und Bewegungen sind die Folge. Die wunderbare Leichtigkeit mit der Haushalt treusorgenden, gut aussehenden Frauen von der Hand geht – zumindest laut Werbung -, transportiert Ursula Groser mit ihrem Schallplattenspieler-Objekt. Das immerwährende Kreisen des Plattentellers und die Penetranz des sich permanent wiederholenden Easy-Listening-Songs lassen die Illusion platzen und die Kritik am Rollenklischee wird deutlich. Toni Höck hat 2004 eine Serie von Zeichnungen zum Thema„Mobbing“ erarbeitet. Zwei Blätter, die diese aggressive Form der Ausgrenzung reflektieren, mit den Titeln „Dialog“ und „Konferenz“, sind in der Ausstellung präsent. „global player“ ist der Titel der aus Holz, Farbe und Textil bestehenden Installation von Monika W. Huber. Nomadentum, Wandern und das Leben auf der Alm kommen dem Betrachter in den Sinn. Der auf ein Icon reduzierte Rinderkopf, der in die Holzplatte eingeschnitten ist, könnte als Logo für diverse Wirtschaftszweige funktionieren. Gewöhnliches Baumharz, sog. Pech, nobiliert Margareta Langer dadurch, dass sie es in einem Klappbild mit vergoldetem Rahmen als „Altärchen für Hoffnungsfrohe“ präsentiert. Das Pech = Unglück wird so aufgehoben – zumindest mit dem Gedanken daran spielt die Künstlerin. Die Situation in Myanmar beschäftigte Ursula Mairamhof bereits 2005. Lange bevor die Medien das südostasiatische, seit den 60er Jahren von einem Militärregime regierte Land wegen der seit August 2007 andauernden, blutig niedergeschlagenen Demonstrationen in den Blick der westlichen Welt brachten, herrschte dort Bürgerkrieg. Landminen, Kinderlähmung und Parasiten gehören zum Alltag der Bevölkerung. Ursula Mairamhof verarbeitete ihr Entsetzen über die menschenunwürdigen Zustände, ihre Gedanken darüber wie der Bevölkerung geholfen werden kann und wie begrenzt diese Hilfestellung sind, in einer Serie von Gemälden, von denen zwei in der Ausstellung zu sehen sind. Grundlage der Gemeinschaftsarbeiten von Elisabeth Mayerhofer-Schutting und Albin Schutting bildet jeweils ein kunsthistorisches Werk, das mit Bildern des aktuellen Zeitgeschehens kombiniert wird, wodurch die Grenze zwischen Historischem und der Gegenwart aufgehoben wird. Ein vollbesetztes Flüchtlingsboot wird mit Géricaults „Das Floß der Méduse“ überblendet und in der Interpretation des bekannten Werks von C. D. Friedrich tritt der ORF-Korrespondent Friedrich Orter an die Stelle des „Mönch am Meer“. In ihrer Videoarbeit „Kap Venus“ zeigt Elisabeth Mayerhofer-Schutting die Ambivalenz in der Darstellung historischer und soziologischer Inhalte. Zwischen Fotografie, Performance und Skulptur ist die Arbeit von Anja Manfredi angesiedelt. Zwei Arbeiten aus dem „Archiv der Bewegungen“ sind in der Ausstellung zu sehen. „Durch körperliche Bewegungen und Gesten erzeugen wir nonverbale Kommunikation und erzählen so Geschichten der unterschiedlichen Rollen, die wir in der Gesellschaft spielen. In meiner Arbeit versuche ich durch Körperinszenierungen wechselnde Identitäten auszudrücken, es werden Übertragungsprozesse zwischen mir als Subjekt und der Welt, die mich umgibt, dargestellt.“, beschreibt die Künstlerin ihre Basisintention. Comicfragmente collagiert Hedwig Meinhart zu einem poppig bunten, mehrteiligen Tableau. Mit dieser Ästhetik thematisiert sie die US-amerikanische Kultur mit ihrer simpel zu rezipierenden Bildsprache. Hannes Metnitzer nennt die Eingrenzung des Materials - nichtbeständiges Styropor wird durch eine Kunstharzschicht gefestigt – und das Ausschließen der Umgebung als Thema seiner Raumscheiben. Die beiden Installationen von Gerald Kurdoğlu Nitsche beziehen sich auf den Galerieraum und den Hofgarten: Ein geflügelter, mit einem Absperrband gefesselter Rollstuhl weist darauf hin, dass der Kunstpavillon nicht barrierefrei zugänglich ist und im Park gesammelter Müll, als „Objets trouvés“ hinter einer Absperrung „museal“ arrangiert, zeigt auf, dass es nicht egal ist, was man zurücklässt. Die in Augenhöhe montierten Rückspiegel lassen „aus den Augen - aus dem Sinn“ nicht zu. Die Fotografie von Zita Oberwalder zeigt eine Anpflanzung im Botanischen Garten in Prag, aufgenommen am 27. Februar 2007, von Brassica White Peacock F1, einer Zierkohlzüchtung, die extrem kälteresistent ist. F1 bezeichnet die Generation der Kreuzungen. „Strandgut I und II“ sind die Titel der Aquarelle von Walter Reitmair. Das chaotische Geflecht aus angeschwemmten Gegenständen strahlt zugleich spröden Charme aus. Thomas Riss zeigt zwei Arbeiten in einer von ihm entwickelten Technik mit Tippex-Korrekturbandroller. Die Metapher des Tauchers oder des Astronauten ist für den Künstler Sinnbild für eine klare Abgrenzung oder der Suche danach. Auch die verwendete Technik, mittels der üblicherweise Dinge zum Verschwinden gebracht werden, unterstreicht diese spannungsreiche Ambivalenz. Der Tod als absolute Grenze wird von Lois Salcher und Michael Ziegler in den Diskurs über „Grenzziehungen?“ eingebracht. Die beiden Blätter von Salcher stammen aus der Werkgruppe „Über Tod und Vergänglichkeit“. In Michael Zieglers subtilen Zeichnungen finden sich Vanitas-Symbole wie der Totenschädel, die erlöschende Kerze, die Sanduhr und die verwelkte Blume. Auch Othmar Eders zweiteilige grafische Arbeit auf mit Eitempera grundiertem Papier lässt sich thematisch in diesen Kontext bringen. Seit längerer Zeit befasst er sich formal mit dem Verhältnis zwischen Farbfeld und Zeichnung. Farbgrenzen thematisiert Nina Schmid in ihren Gemälden. Hard edge painting mit klar definierten Flächen steht einer diffusen „soft edge“ Malweise gegenüber, wo teilweise flüssige Farbschichten lasierend übereinandergelegt werden. Mit Landschaft im weitesten Sinn, mit Verbindungen, Analogien und Differenzierungen beschäftigt sich Nora Schöpfer. Die Magnolie vor dem Kunstpavillon steht im Mittelpunkt ihrer subtilen Intervention für diese Ausstellung. Christiane Spatt lässt aus einem gold gerahmten Selbstportrait einen Kunsthaarzopf wachsen und überschreitet so die Grenze der Fotografie. Zudem spielt sie mit Rollenbildern, Wünschen und Träumen - die scheinbar unüberwindbaren Turmmauern die Rapunzel mit Hilfe des Prinzen überwindet thematisieren zudem die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Die dreiteilige Fotoarbeit „Meerbergwolken“ von David Steinbacher zeigt ganz realistisch auf wo die optischen Grenzen der Wahrnehmung der Welt liegen. Alle drei Sujets „Meer“, „Berggipfel“ und „Wolken“ sind aufgeladen mit Motiven der Sehnsucht nach Ferne und Freiheit. Pia Steixner hat mit einer eigens für den Kunstpavillon entwickelten Gitterskulptur eine Barriere im Galerieraum errichtet, die Durchblicke ermöglicht und den Blick auf den dahinterliegenden Raum segmentiert. Einen Vorhang aus Rasierklingen hat Renée Stieger im Ausstellungsraum installiert. Filigran und in allen Farben das Licht brechend handelt es sich ästhetisch um ein höchst ansprechendes Objekt. Die Vorstellung, was passieren würde, wenn jemand den Durchgang tatsächlich benutzen würde, ist jedoch durchaus Furcht einflößend. Nicht das Grenzen überschreiten in einem geografischen Sinn, sondern das Ausloten der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit, v. a. bei Reisen in die Himalaya-Region, thematisiert Martina Tscherni immer wieder in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung. Diese findet sehr häufig mit dem Medium der Zeichnung statt. Die Künstlerin sagt, dass ihre großformatigen Zeichnungen und Rollen einen Ausnahmezustand beschreiben: „Sie zeigen ein beobachtendes und ein erlebendes ich“. Franz Wassermann präsentiert einen Teil seines Projekts „Schubhaft“. Für eine Plakataktion hat der Künstler Kleidungsstücke mit den Häftlingen getauscht und stellt die Shirts als Stellvertreter der Personen mit den Begründungen für die Flucht aus ihrer Heimat wie z.B. „Ich bin in Schubhaft, weil ich Schriftstellerin und Christin bin“ Werbeslogans wie „So schmeckt die Freiheit, der Präsident“ gegenüber. Das Ölgemälde „The Sea Cave“ ist wegen seiner gegenläufigen Lichtführung, der räumlichen Brüche durch Farbwert und –auftrag und des Perspektivenwechsels repräsentativ für die Arbeit von Wolfgang Wirth. Der Künstler versucht durch eine – wie er sagt – „Verflächung“ der Raumkonstruktion einerseits und die Erweiterung des Bildraums andererseits die Bildebene zu überwinden: Eva Maria Wolzt zeigt in ihrem Ölgemälde „Heimat“ aus der Vogelperspektive. Straßen durchschneiden die Grünflächen, Häuser bilden dunkle Rechtecke, Höhenschichtlinien gleich sind Hügel zu erkennen – eine Tallandschaft.

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Mitgliederausstellung - Grenzziehungen?
Tiroler Kuenstlerschaft - Kunstpavillon

mit Maria Baumgartner, Ursula Beiler, Maurizio Bonato, James Clay, Helmut Christof Degn, Gerhard Diem, Othmar Eder, Petra Egg, Robert Gfader, Sabine Groschup, Ursula Groser, Toni Höck, Monika W. Huber, Margareta Langer, Anja Manfredi, Ursula Mariamhof, Elisabeth Mayerhofer-Schutting, Hedwig Meinhart, Hannes Metnitzer, Gerald Kurdolu Nitsche, Zita Oberwalder, Maria Rauch, Walter Reitmair, Thomas Riess, Lois Salcher, Nina Schmid, Nora Schöpfer, Albin Schutting, Christiane Spatt, Ewald Spiss, David Steinbacher, Pia Steixner, Renee Stieger, Martina Tscherni, Franz Wassermann, Wolfgang Wirth, Eva Maria Wolzt, Michael Ziegler