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Was Malerei, und nur Malerei, kann Von Jens Hoffmann

Michael van Ofen setzt mit seinen Bildern genau an einem Moment an, als Malerei eine ihrer schwersten historischen Niederlagen erleiden musste. Seine Inspiration liegt in der Genremalerei des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, als die Malerei in Konkurrenz zur aufkommenden Fotografie gezwungen wurde und dann wenig später der Modernismus traditionelle Bildauffassungen radikal hinterfragte. Van Ofen seziert die akademischen Überreste von Porträt- und Landschaftsmalerei jener Zeit und zeigt so die fundamentalen Bedingungen einer künstlerischen Praxis, die zwar kurz davor stand zu implodieren, die aber noch frei war von den stetigen Zwängen der Dekonstruktion und Neuerfindung. In diesem Niedergang der Malerei findet er das, was er als das perfekte „Objet trouvé“ bezeichnet. Er beschreibt dieses Material als belanglos oder sogar unerträglich, dennoch von einem profunden Illusionismus in der Ausführung und mit einer stabilen Bildkonstruktion, die auf solidem traditionellen Handwerk beruht. So wird ironischerweise ein Augenblick der Erfindungslosigkeit zum Ausgangspunkt der Neuerfindung in van Ofens Arbeit. Vielleicht ist sein abrupter Wechsel von der Fotografie zur Malerei nach seinem Kunststudium in Düsseldorf am besten als konzeptuelle Geste zu verstehen, zumal er seine künstlerische Anregung auf Künstler wie Blinky Palermo, Bruce Naumann, Michael Asher und Marcel Broodthaers zurückführt – keiner von ihnen ein Maler. Seine bewusste Distanzierung von den Vorlagen, ihre Ablehnung beinahe, zeigt eine Haltung, die denkbar weit entfernt ist von unserer zeitgenössischen, fetischistischen Konzeption der malerischen Geste. Van Ofen hat sich die Fertigkeiten und Techniken des 19. Jh. angeeignet, um genau diese Techniken zu hinterfragen: „Ich sehe mich selbst in einer uralten Tradition, das eigene Handwerk durch die Auseinandersetzung mit den Leistungen der Maler früherer Generationen zu verbessern. Im Gegensatz zu jenen muss ich jedoch nicht nach Italien fahren, um Tizian zu kopieren, sondern kann auf relativ leicht zugängliche Reproduktionen zurückgreifen.“ So ist denn bei van Ofen der Prozess des Aneignens von künstlerischen Möglichkeiten eine Annäherung aus größter Distanz.

„Ich bin durch das fortschreitende Erlernen der Grundbedingungen dieser Gattungen immer unabhängiger geworden von den Vorlagen“. Tatsächlich benötigt er für seine neueren Bilder nun keinerlei konkrete historische Vorlagen mehr. Das Resultat sind Serien, die sich überraschenderweise der Abstraktion annähern, auch wenn van Ofen die Möglichkeit einer völlig abstrakten Praktik zurück weist. „Es kommt wohl gelegentlich vor, dass einige meiner Bilder wie abstrakte Arbeiten aussehen; tatsächlich sind sie jedoch nur das Endergebnis einer Entwicklungslinie des Figurativen, die allerdings weit ins Abstrakte hineinragt.“

Van Ofen benötigt keine vorbereitenden Studien oder Vorzeichnungen; die Nass in Nass-Technik der Ölmalerei erlaubt eine beständige Veränderung und Neubewertung während der Arbeit. Er sagt über diesen langwierigen, mühsamen Prozess: „Wann immer ich mit einem Ergebnis auf der Leinwand unzufrieden bin, kann ich alles wegwischen und auf einem jungfräulichen Untergrund von vorn anfangen. Wie erbittert also der Kampf auch immer gewesen sein mag, es bleiben keine Wunden oder Narben von Fehlschlägen oder erlittenen Niederlagen zu sehen.“ In van Ofens konzeptueller Geste geht es nicht um eine Rückkehr zur Konvention, sondern vielmehr darum, in der immer noch schwelenden Asche etwas davon wiederzufinden, was Malerei, und nur Malerei, kann.

Michael van Ofen ist 1956 in Essen geboren, lebt und arbeitet in Düsseldorf.

Solo-Shows: 2010 dkw kunst.museum.dieselkraftwerk, Cottbus
2008 Johnen Galerie, Berlin Tomio Koyama Gallery, Tokyo
Marc Foxx, Los Angeles 2006 Alison Jacques Gallery, London 2004 Sies + Höke, Düsseldorf

Group-Shows: 2005 Blumenstück. Künstlers Glück, Museum Morsbroich, Leverkusen …In Bewegung – Malerei aus der Sammlung Murken, Suermondt-Ludwig Museum Aachen Sammlung Plum, Museum Kurhaus Kleve

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Michael van Ofen