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Transformation ist ein wichtiges Merkmal der Arbeit von Michael Sailstorfer (*1979). Ausgehend von der Geschichte bestimmter Gegenstände verändert er deren Form oder funktioniert ihre eigentliche Verwendung kurzer Hand um. Die Transformation betrifft dabei sowohl das Material als auch den Zustand oder die eigentliche inhaltliche Zuschreibung der verwendeten Komponenten.

Seine bildhauerischen Arbeiten sind demzufolge nicht im klassischen Sinne aus "rohem" Material geformt. Vielmehr greift Sailstorfer auf bereits gefertigte und wieder ausrangierte Produkte zurück. So zählen zu seinen Materialien z. B. alte Autos, Flugzeuge, Wohnwagen oder Hubschrauber. Der Künstler zerlegt sein Ausgangsmaterial in Einzelteile und baut daraus wie bei einem Spielzeugbausatz eine komplett neue Konstruktion mit neuer Funktion. So entsteht bei der Arbeit "D-IBRB" aus dem Jahr 2002 aus zwei alten Segelflugzeugen ein Baumhaus oder aus einem alten Polizeiauto wird ein Schlagzeug ("Schlagzeug", 2003).

Bei einer anderen Arbeit wiederum besteht die Transformation in der Dematerialisierung des Baustoffs. Sailstofer zerlegte gemeinsam mit seinem Kollegen Jürgen Heinert Stück für Stück eine Waldhütte und verfeuerte das Holz im Kamin derselben (“3 Ster mit Ausblick”, 2002). So löste sich das Häuschen in sich selber auf, bis nur noch das Herzstück der Hütte, nämlich der Kamin, übrig war. Der Prozess der Verwandlung wird hier selber zur "Skulptur".

Der Ansatz von Sailstorfers Arbeit liegt sowohl in der Faszination für das Zerlegen und wieder neu Zusammenbasteln als auch in einer fast kindlichen Begeisterung für Fortbewegungsmittel und bewohnbare Objekte. Man könnte seine künstlerische Praxis als konstruktive Interpretation ausgemusterter Dinge bezeichnen, die Altes in Neues verwandelt, und den Prozess der Verwan-dlung dabei in das Werk mit einbezieht. Offen für das Sehnsuchtspotenzial der Vergangenheit, realisiert er Skulpturen, die wie gebaute Jugendträume aussehen können. So z. B. auch die Arbeit "Sternschnuppe", die wie eine spielerische Versuchsanord-nung gelesen werden kann. Sie besteht aus einem alten Mercedes, auf dem eine Rampe angebracht ist, auf der eine Straßen-laterne montiert wurde – fertig zum Abschuss ins All.

Ob heimatliche Behausung oder Modell ewiger Bewegung, Sailstorfers Skulpturen kennzeichnet ein spielerischer Umgang mit den "Konstruktionen" unseres Alltags. Wie ein ironischer Kommentar zur postmodernen Widerverwertungsmaschinerie recycelt Sailstorfer die Hüllen und Geschichten der uns vertrauten Heimatlichkeit und Mobilität.

Einen fast menschlichen Zug erhalten dabei zwei Straßenlaternen, die wie durch elektrostatische Spannung einen Funken-überschlag von einem Masten zum anderen erzeugen. "Elektrosex" ist der Titel dieser Arbeit, die neben der Skulptur "Stern-schnuppe" im Garten der Ursula Blickle Stiftung zu sehen ist.

Pressetext

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Michael Sailstorfer - Skulptur
Eine Ausstellung der Ursula Blickle Stiftung
Kurator: Nicolaus Schafhausen