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Das Kulturhistorische Museum Rostock bewahrt seit 1947 Kunstwerke aus der Aktion „Entartete Kunst“ der Nationalsozialisten. Grundlage für den Feldzug gegen die Moderne war das im Mai 1938 verabschiedete „Gesetz über (die) Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“. Damit wurden die bereits im Jahr zuvor beschlagnahmten Werke endgültig enteignet.

Aus den öffentlichen Sammlungen Deutschlands wurden 1937 nahezu alle Werke moderner Kunst ausgesondert, um sie in Schandausstellungen zu zeigen, zu Propagandazwecken zu nutzen, gegen Devisen ins Ausland zu verkaufen oder zu vernichten. Mehr als 20.000 Werke waren betroffen.

Ein Teil davon gelangte nach Kriegsende in das Museum der Stadt Rostock. Aus diesem einmaligen Bestand von Meisterwerken der Moderne zeigen das Kulturhistorische Museum Rostock und die Kunsthalle Rostock in einer großen Sonderausstellung einhundertfünfzig Werke von achtundsechzig Künstlern. Die Auswahl zeigt die beispiellose und rigorose Aussonderung all dessen, was nicht der nationalsozialistischen Ästhetik entsprach, etwa eine „unnatürliche“ Farbpalette aufwies, angeblich marxistische Propaganda betrieb, Zeichen des moralischen Verfalls trug oder aber von nicht- arischen oder politisch anders denkenden Künstlern geschaffen worden war. Erstmalig wird der Gesamtbestand der im Kulturhistorischen Museum Rostock befindlichen Kunstwerke, die aus dem Nachlass des Kunsthändlers Bernhard A. Böhmer stammen, veröffentlicht.

Seit 1938 wurde der Handel mit „entarteter“ Kunst im Sonderauftrag der Nationalsozialisten betrieben. Bevollmächtigt waren nur Kunsthändler, die vom Propagandaministerium dafür ausgewählt wurden. Vier deutsche Kunsthändler - dies waren Ferdinand Möller und Karl Buchholz aus Berlin, Hildebrand Gurlitt aus Hamburg und Bernhard A. Böhmer aus Güstrow bei Rostock - hatten den Sonderauftrag erhalten, den Verkauf von Werken "entarteter" Kunst zu übernehmen. Sie alle zeichneten sich durch ihre fundierten Kenntnisse der modernen Kunst aus und verfügten über Kontakte zu den entsprechenden Sammlern. Ungefähr die Hälfte aller beschlagnahmten Werke wurde von den Kunsthändlern zur Weitervermittlung übernommen.

Als sich Bernhard und Hella Böhmer wegen der anrückenden sowjetischen Truppen am 3. Mai 1945 in Güstrow das Leben nahmen, war der zu diesem Zeitpunkt bei Böhmer noch lagernde Bestand aus der Aktion "entartete Kunst" quasi herrenlos geworden. Der damals erst 12jährige Sohn des Ehepaares Böhmer, Peter Böhmer, überlebte die Tragödie. Zu seinem Vormund wurde Wilma Zelck, die Schwester von Hella Böhmer bestimmt. Sie übernahm den Nachlass von Bernhard Böhmer und veräußerte daraus eine bis heute nicht genau zu ermittelnde Anzahl von Kunstwerken, um für Verbindlichkeiten aus dem Erbe aufkommen zu können.

Kurz nach Kriegsende wurde an der Deutschen Verwaltung für Volksbildung die „Zentralstelle zur Erfassung und Pflege von Kunstwerken“ gegründet. Ihr oblag es, gefährdete und herrenlose Kunstwerke zu sichern. Als damaliger Sachreferent konfiszierte Kurt Reutti im Juli 1947 bei Wilma Zelck 34 Ölgemälde, 9 Plastiken und rund 1000 Grafiken aus dem Böhmer- Nachlass. Hierfür hatte die Zentralstelle 1946 von der Sowjetischen Militäradministration eine Ermächtigung zur Sicherstellung und Rückführung der Restbestände aus der Aktion „Entartete Kunst“ erwirkt.

Die sichergestellten Werke wurden dem Museum der Stadt Rostock zur Verwahrung übergeben. Aus diesem Konvolut wurden die aus dem Besitz der Nationalgalerie Berlin beschlagnahmten Werke und einige Kunstwerke aus Stettin, Breslau, Königsberg und Saarbrücken 1949 an die Berliner Nationalgalerie und das dortige Kupferstichkabinett übergeben. Weitere Rückgaben an Museen in der damaligen DDR erfolgten ab Anfang der 1950er Jahre.

Das Kulturhistorische Museum Rostock bewahrt derzeit rund sechshundert Werke aus dem Böhmer- Nachlass. In den Räumen des Kulturhistorischen Museums und der Kunsthalle Rostock wird ein Viertel des im Kulturhistorischen Museum Rostock aufbewahrten Bestandes aus dem einzigen in Deutschland noch erhaltenen Konvolut von beschlagnahmten Werken der Aktion „entartete Kunst“ ausgestellt.

In der Ausstellung wird mit den vollständigen Bestandslisten der aktuelle Forschungsstand allgemein zugänglich gemacht. Zu jedem Werk werden Angaben über Herkunft und Beschlagnahmedatum, soweit bekannt, veröffentlicht. Unter den ausgestellten Arbeiten sind Gemälde, Gragiken und Plastiken von so bekannten Künstlern wie Ernst Barlach, Willi Baumeister, Rudolf Belling, Lovis Corinth, Otto Dix, Lyonel Feininger, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Max Pechstein, Karl Schmidt- Rottluff oder Oskar Schlemmer vertreten.

In der Ausstellung wird nationalsozialistische Kulturpolitik im Hinblick auf die Klassische Moderne thematisiert und die „Verwertung“ der 1937 beschlagnahmten Kunstwerke, sowie die Rolle des Kunsthändlers Bernhard A. Böhmers dargestellt. Die Beziehung Bernhard A. Bömers und Ernst Barlachs, sowie der Einsatz Böhmers für die Erhaltung des Barlachschen Werkes wird in einem Ausstellungsteil anlässlich des Siebzigsten Todestages von Ernst Barlach in diesem Jahr näher beleuchtet.

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Meisterwerke der Moderne.
Aus den Beständen der 1937 von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Kunst
Kulturhistorisches Museum Rostock und Kunsthalle Rostock

Werke von Erich Heckel, Alexej von Jawlensky ...