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Maximiliane Baumgartner & Laura Ziegler. Aha!

10. Juli — 22. August 2021

Laura Ziegler und Maximiliane Baumgartner verwandeln in ihrer Ausstellung Aha! den Kunstverein Harburger Bahnhof in einen doppelt oder gar dreifach künstlichen Park. Darin ereignet sich ein freundinnenschaftlicher Dialog zwischen zwei Malerinnen, die konkrete Handlungsansätze erproben und untersuchen: bei Ziegler oftmals in Puppenbühnen und für ihren Filmklub, bei Baumgartner als fahrende Aktionsräume und -settings in Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dabei beziehen sich die beiden Künstlerinnen in ihren jeweils eigenen erweiterten Malereibegriffen auf Figuren wie Vagabund:innen, Pädagoginnen, Bänkelsänger:innen und Ziereremit:innen, die in öffentlichen Räumen, in Parks und auf Plätzen künstlerisch tätig waren und dort Positionen einnahmen, die in einem Spannungsverhältnis zu ihrem gesellschaftlichen Umraum standen. Diese Figuren sind Teil des Dialogs von Baumgartner und Ziegler, den sie über Rollenbilder von Künstler:innen, Formen von Wissensproduktion und Selbstorganisation ebenso führen wie über Betrachter:innenrollen und künstlerische Handlungsformen.

Mit dem Ausstellungstitel Aha! nehmen Baumgartner und Ziegler Bezug auf einen überraschend sichtbar werdenden Grabentypus, der Offenheit suggeriert, zugleich aber eine kulturell geschaffene Beschränkung ist. Der Aha will wie andere Gestaltungsmittel im Formenvokabular von Parkanlagen bestimmte Effekte und Verhaltensweisen hervorrufen und steht damit exemplarisch für Formen sozialer Disziplinierung und Hierarchisierung. Baumgartners und Zieglers Parksetting schlägt eine Umdeutung und andere Nutzung vor. Neben Aneignungen von Parkgrammatiken in mit Schotter und Moos „bewachsenen” Parzellen oder z.B. einem TV-Brunnen von Ziegler finden sich im Ausstellungsraum Elemente einer pädagogischen Architektur, die auf kommende sowie vergangene Aktionen Baumgartners hinweisen. Ihren „Park“ und ihre erweiterten malerischen Praxen setzen sie als szenische Elemente ein, um künstlerische Handlungsweisen zu hinterfragen.

Park und Ausstellungsraum stehen in Maximiliane Baumgartners und Laura Zieglers Ausstellung Aha! paradigmatisch für Orte der Zusammenkunft verschiedener Individuen, ihrer Wahrnehmungen und Vorstellungen. Es sind jene Räume des Öffentlichen, Urbanen und Gesellschaftlichen, in denen sich Wissen, Erwartungen und Verhaltensweisen formieren und strukturieren. Indem Baumgartner und Ziegler in diesen Räumen Arbeits- und Handlungsformen anderer und inoffizieller Rollenfiguren versammeln, hinterfragen sie hegemoniales Denken und gesellschaftliche (Rollen-)Milieus. Die künstlerische Praxis ist dabei sowohl Mittel von Forschung und Wissensproduktion als auch Handlungsvorschlag. Die Vagabund:innen und pädagogischen Situationen, die in Baumgartners Malereien immer wieder auftauchen, stehen in einem direkten Verhältnis zu Baumgartners fahrenden Aktionsräumen, die urbane Lebenswelten infrage stellen. Laura Zieglers Puppenspielbühnen oder collagehaften Detailstudien sinnbildhafter Szenen verorten sich in einer Beziehung zur Genremalerei, sind aber ebenso Teil ihrer gleichfalls in öffentlichen Räumen stattfindenden Filmklub-Praxis. Für Baumgartner und Ziegler ist die Malerei entsprechend keiner romantischen Vereinnahmung verfügbar, sondern ein brauchbares Medium, um Kompliz:innenschaften zu suchen, Räume zu vereinnahmen und Intimitäten öffentlich zu teilen.

Kuratiert von Annette Hans.

Maximiliane Baumgartner (*1986, lebt in Düsseldorf) arbeitet als Künstlerin sowohl in Malerei als auch Pädagogik und Self-Publishing. In ihrem Interesse an (Gegen-) Öffentlichkeiten und ihren historischen Zusammenhängen innerhalb eines städtischen Raums, entwickelt sie (oft in Kollaboration) künstlerische Aktionsfelder und Spielsettings. Dabei interessiert sie der Einsatz von Malerei als soziales Handlungsfeld. Sie initiierte den Aktionsraum Der Fahrende Raum und programmierte diesen in wechselnden Kollaborationen von 2015 - 2019 in München. Seit 2019 forscht und lehrt sie am Institut für Kunst und Kunsttheorie der Universität zu Köln. 2020 erschien in Zusammenarbeit mit dem Neuen Essener Kunstverein und dem Kunstverein München die Publikation Ich singe nicht für Bilder schöne Lieder zu ihrer Arbeit beim Verlag Motto Books.

Laura Zieglers (*1990, lebt in Hamburg) Aufführungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen beinhalten u.a. Münchner Opernfestspiele (2014), Kunstverein Arnsberg (2015), Galerie Deborah Schamoni (München, 2015), KUB Arena Kunsthaus Bregenz (2015), Madre Museum (Neapel 2017), Haus der Kunst (München, 2019), Kunstverein München (2020) und Kunstverein in Hamburg (2021). 2019 erschien in Zusammenarbeit mit Stephan Janitzky Haus der Kunst – Texte und Noten. Im Sommer 2021 knüpft daran eine Stadtzeitung im öffentl. Raum, Rasberries&Diamonds, mit Melissa E. Logan im Kunstverein Langenhagen an. Seit 2019 organisiert sie die expanded-cinema-Reihe proformFilmklub.