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Ort: Siza Pavillon

Die Einzelausstellung im Siza Pavillon auf der Raketenstation Hombroich umfasst Aspekte aus Karstieß’ Werk der vergangenen zehn Jahre bis hin zu neuesten Arbeiten. Der Fontana Pavillon wird während der Laufzeit der Ausstellung ebenfalls zugänglich sein, da er eine besondere Rolle in Karstieß’ künstlerischer Entwicklung spielt.

Im Rahmen eines Gastkünstleraufenthaltes traf Markus Karstieß 2005 auf der Raketenstation Hombroich auf Lucio Fontanas großformatiges Keramik-Relief Il Sole (1952) in dem eigens hierfür erbauten Pavillon des Bildhauers Erwin Heerich – eine Begegnung, die Karstieß’ Werk fortan entscheidend prägen sollte. Noch während seines Aufenthalts auf der Raketenstation Hombroich begann Karstieß erste künstlerische Explorationen mit dem Material Ton. In einer heutzutage seltenen Konzentration auf einen Werkstoff entwickelte er in der Folgezeit eine eigene Herangehensweise und Formensprache. Grundlegend hierfür sind zwei Parameter: zum einen die gleichsam intuitive Bearbeitung des Werkstoffs und dessen Unwägbarkeiten im Fortgang seiner Verarbeitung; zum anderen das Durchdringen und Erschaffen eines eigenen Raums – sei es durch das Etablieren von Beziehungen zwischen den Skulpturen in ortsbezogenen Ensembles oder durch raumfüllende bzw. raumgebende Arbeiten und Raumsequenzen. Dabei interessiert Karstieß vor allem die performative Dimension des Werkstoffs Ton: Durch die Bewegungen zwischen Material, Künstler und Raum entstehen Skulpturen, Installationen und Raumgefüge.

Nach zehn Jahren produktiver Tätigkeit kehrt Karstieß nun zum Ursprung seines keramischen Schaffens zurück. Indem Skulpturen aus verschiedenen Werkgruppen dieser Periode gezeigt werden, zeichnet die Ausstellung Karstieß’ künstlerische Entwicklung bis in die Gegenwart nach. Sie folgt dem Künstler auf seiner Suche nach Form und Gestalt, die mäandrierend und zum Teil gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen verläuft, und spürt hierbei die Spannungsfelder seines Werks auf. Diese entfalten sich zwischen dem Organischen und dem Geometrischen, ästhetischer Autonomie und dem Spiel mit Funktionalität, dem Dunklen und dem glamourös Glänzenden, der kruden Form und den perfekten Oberflächen, dem Begierde weckenden Anziehenden und dem Dämonisch-Abstoßenden, dem Scheitern und dem Wachsen sowie dem Melancholischen, dem Archaischen und dem Ironischen. Im Siza Pavillon entspinnt sich so ein vielschichtiger Dialog dieser Kontrapunkte. Durch die begleitende Öffnung des Fontana Pavillons auf der Raketenstation Hombroich wird die Ausstellung Irden um Lucio Fontanas Keramik-Relief als Ausgangs- und Wendepunkt von Karstieß’ jüngerer künstlerischer Entwicklung erweitert.

Ein Schwerpunkt von Karstieß’ Werk liegt auf der Bemächtigung und Erschaffung von Raum. Karstieß geht davon aus, dass man der Erde etwas zurückgeben muss, wenn man ihr etwas wegnimmt, und dass Bauen gemäß Dom Hans van der Laan die Versöhnung des Menschen mit der Natur ist. So setzt Markus Karstieß sich mit Künstlern wie zum Beispiel Robert Smithson auseinander, dessen Intervention Asphalt Rundown (1969) er zum Ausgangspunkt seiner Werkgruppe Scholar’s Rocks (2015) machte. In der Werkgruppe Dirty Corners (2013) wie auch in anderen Arbeiten schafft er keramische (Teil-)Architekturen, mit denen er die Grenzen der Verarbeitungsmöglichkeiten seines bevorzugten Materials auslotet. Diesen Schwerpunkt im Grenzbereich zwischen Architektur und Skulptur teilt Karstieß mit der Stiftung Insel Hombroich.

Biografie

Markus Karstieß (*1971 in Haan/Rheinland) studierte von 1992 bis 1998 an der Kunstakademie Düsseldorf in der Meisterklasse von Jannis Kounellis. Er erhielt zahlreiche Stipendien und war mehrfach Artist in Residence, so zum Beispiel 2014 in der Casa Baldi der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. Sein Werk wird in nationalen wie internationalen Ausstellungen gezeigt. Seit 2007 wird er von der Galerie VAN HORN in Düsseldorf, seit 2012 zudem von der Galerie Bruce Haines, Mayfair in London vertreten. Neben seinem künstlerischen Schaffen hatte er von 2008 bis 2012 gemeinsam mit Christian Freudenberger die künstlerische Leitung des Kunstvereins Schwerte inne. Weitere kuratorische Projekte folgten. 2013 war er Gastprofessor und Research Fellow an der Newcastle University, UK; seit 2014 lehrt er als Vertretungsprofessor an der Akademie der Bildenden Künste München. Markus Karstieß lebt und arbeitet in Düsseldorf.