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In unserer 3. Einzelausstellung mit dem in Berlin lebenden Künstler Mark Lammert präsentieren wir zwei Werkkomplexe, die einerseits zeichnerischer Nachvollzug einer vorgefundenen bzw. erschaffenen Konfiguration von Körpern im Raum sind, andererseits Untersuchungen darstellen über das Verhältnis der Linie zu Farbe und Fläche als abstrakten Komponenten dieser dialogischen Anordnung.

Seit 2006 entstehen in Auseinandersetzung mit der anatomischen Sammlung des Musèe Fragonard in Paris Zeichnungen, die sich an naturwissenschaftliche Studien anlehnen. Forschend und genau beobachtend beschäftigte sich Mark Lammert mit diesen Tierknochenpräparaten, die nach einem heute nicht bekannten System geordnet und farbig markiert wurden. Seine Darstellungen erinnern einerseits an Skizzen von archäologischen Funden, andererseits zelebrieren und verdichten sie das ungewöhnliche Farbspiel auf den Knochen. Zum Teil wird das Gesehene (die Farben) in schriftlicher Form in die Zeichnungen hineinprotokolliert. Die Arbeiten bewegen sich auf einer Grenzlinie zwischen materieller Präsenz der Darstellungsmittel und der Reflektion über die physische Vergänglichkeit des Darstellungsgegenstandes.

Der zweite Werkkomplex schließt sich dem ersten an. Seit vielen Jahren existiert neben der Zeichnung und der Malerei eine intensive Arbeit am Theater. So konzipierte Mark Lammert zahlreiche Bühnenräume u.a. für Heiner Müller, Jean Jourdheuil oder zuletzt für Volker Schlöndorff. Auch für das von Dimiter Gotscheff inszenierte und in 2009 in Epidaurus aufgeführte Stück „die Perser“ entwarf Mark Lammert Bühne und Kostüm. Bei den in diesem Zusammenhang entstandenen Blättern handelt es sich allerdings nicht um „klassische Kostümentwürfe“, sondern um Zeichnungen, die von einem anderen Interesse geleitet wurden und die als Weiterführung der anatomischen Studien gesehen werden können. Beschäftigen sie sich doch in gleicher Weise mit Körper, Raum und Farbe. Man erkennt Schichten von verschiedenfarbigen Stoffen, die sich um die Körperteile fügen und sich gegenseitig verschlingen. Die Farbflächen in vornehmlich Blau- und Rottönen beschreiben hierbei weniger textile Strukturen oder Oberflächen, sie scheinen ganz ihre Autonomie als ästhetisches Zeichen zu bewahren. Die unter den Farben liegenden Körper der Akteure hingegen sind fast nur in minimalen Andeutungen markiert oder als Negativ-Volumen mehr ab- als anwesend.

Die Zeichnungen beider Werkkomplexe sind auf handgeschöpftem, stark strukturiertem Papier platziert, was das taktile Erleben der Werke unterstützt. Als mittlere Ebene zwischen Papier und Zeichnung dient ein mit Bleistift genau aufgezogenes Raster, an dem der Betrachter sich beim optischen Abtasten der Körperteile orientieren kann, wie in einem Koordinatensystem.

Mark Lammert scheint sich den Objekten zunächst in der Rolle eines Forschers zu nähern, präzise und analytisch. Doch ist evident, dass er dabei immer Künstler bleibt. Er inszeniert den Gegenstand und seine eigenen Beobachtungen. Er fängt die Schönheit oder Besonderheit eines Augenblicks oder Details ein und transformiert sie in eine neue ästhetische Ordnung. Was bleibt ist, ein elementarer Rest, eine Spur unserer physischen Präsenz auf dem Grund dieser Transformation in Kunst.

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Mark Lammert
beauty is booty