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In der Nationalglyptothek findet bis Ende Oktober 2006, parallel zur ständigen Ausstellung, die Ausstellung von Marino Marini (1901-1980) statt, des bedeutendsten Vertreters de italienischen modernen Plastik und eines der größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts überhaupt. Diese Ausstellung gehört zu dem Programm der grossen Ausstellungen mit Bildhauerei, die im Rahmen der Kulturolympiade 2004 organisiert wurden unter dem Titel „Sechs führende Bildhauer im Dialog mit dem Menschen: Rodin, Bourdelle, Maillol, Brancusi, Giacometti, Moore“. Ebenfalls wurden am selben Ort die Ausstellungen „Christos Kapralos: der Bezug zu Olympia“ (2004) und „Julio Gonzales: ein Vulkan des 20. Jahrhunderts“ (2005) präsentiert.

Marino Marini studierte Malerei, Graphik und Plastik in Florenz und verwirklichte lange Aufenthalte in Paris, wo er die wichtigsten Vorkämpfer der modernen Kunst kennenlernte (Picasso, Braque, De Chirico, Kandinsky, Maillol, Laurens, Lipschitz, Gonzales). Auf Einladung des bedeutenden italienischen Bildhauers Arturo Marini lehrt er seit 1929 in der Kunstakadmie von Monza, und 1940 wird er zum Professor an der Brera-Akademie in Mailand berufen. Er findet schnell Anerkennung. Er nimmt an internationalen Ausstellungen teil, erhält Preise, wird Ehrenmitglied der Kunstakademie Florenz, die ersten Monographien über sein Werk erscheinen (Bedeutende Kunsthistoriker von internationalem Niveau haben Marino Marini Monographien gewidmet).

Marini wird künstlerisch vom geistigen Klima der Zwischenkriegszeit beeinflusst, das von einer Rückwendung zur Tradition gekennzeichnet ist. Er bezieht seine Inspiration aus der vorklassischen antiken griechischen Kunst des strengen Stils, aus der etruskischen Plastik, aus der gotischen Kunst und aus der Kunst der italienischen Frührenaissance. Wie jeder Klassiker konzentriert sich Marini auf wenige Themen, so wie in der Antike mit dem Menschen, dem Pferd, dem Reiter im Zentrum. Im Jahre 1934 entdeckt er auf einer Deutschlandreise im Bamberger Dom die Reiterstatue Heinrichs II., ein Werk aus dem 13. Jahrhundert, das ihn tief beeinflusst. Im Jahre 1935 bereist er Griechenland.Fast zur selben Zeit erscheinen zwei der zentralen Motive seiner Plastik: Die „Pomonae“ leiten ihren Namen von der etruskisch-römischen Göttin der Fruchtbarkeit her. Es handelt sich um weibliche Gestalten, üppig, sinnlich, geformt unter Betonung der vitalen Masse. Die „Reiter“, das zweite Hauptthema in seinem Schaffen, bringen ihm Anerkennung als grosser Künstler auf internationaler Ebene. Dieses traditionelle Thema mit heroischem und epischem Charakter erhält bei Marino Marini eine neue dramatische Kraft. Während die historische Wirklichkeit mit dem Faschismus und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs immer tragischer wird, verlieren Marinis Reiter das Gleichgewicht, sie werden „niedergerissen“ und drücken so das bewegte Miterleben des Künstlers aus.

Seit 1952 bildet Marini in den „Wundern“Pferde ab, die stürzen, aber er überhöht, erlöst den Reiter, der seinem Schicksal trotzt. Das ruhige Thema des Reiters nimmt in den „Wundern“ eine dramatische Intensität an. Kämpfer, Tänzer und Jongleure sind einige weitere Themen, die das Repertoire des Künstlers bereichern. Das, was die letzte Themengruppe charakterisiert, ist, dass derBildhauer den Moment direkt vor oder nach der Handlung auswählt und dadurch das ethische Syndrom der Handlung betont, wie es auch bei den Helden der antiken Tragödie der Fall war. Marinis Werk ist gekennzeichnet durch dichte plastische Formen und eine Ruhe, die explosive Spannung verbirgt. Marino Marini ist einer der international meistanerkannten Bildhauer. Werke von ihm befinden sich in den größten Museen der Welt, und in Italien sind drei Museen seinem Schaffen gewidmet: in seiner Heimat Pistoia wurde 1979 das Dokumentationszentrum Marino Marini etabliert, ein Jahr vor dem Tode des Künstlers, der 1980 verstarb. Im Jahre 1988 wurde das Marino-Marini-Museum in der alten Kirche San Pancrazio in Florenz eingeweiht, und bereits 1973 war das Marino-Marini-Museum in der Galleria d’Arte Moderna in Mailand eingerichtet worden. Aus allen drei Museen stammen die ca 80 Werke der Retrospektive, die am 27. Juni 2006 in der Nationalgalerie vom Präsidenten der Griechischen Demokratie Karolos Papoulias eröffnet wurde, zugleich mit der ständigen Ausstellung griechischer Plastik. Auf diese Weise wird das griechische Publikum die Möglichkeit haben, die Nationalglyptothek in ihrer Gänze zu besichtigen und zu geniessen.

Die Ausstellung „Marino Marini“ wurde von dem bekannten itaienischen Kunsthistoriker und -kritiker Giuliano Serafini unter Mithilfe der Kuratorin der NMAS Artemis Zervou betreut. Der Architekt Prof. Giorgos Parmenidis und seine Mitarbeiterin Christine Longuipie hatten die Verantwortung für die architektonische Planung der Ausstellung. Die Ausstellung wurde finanziell unterstützt vom griechischen Kultusministerium und findet unter seiner Schirmherrschaft statt.

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Marino Marini
Ein archaischer Bildhauer der modernen Kunst

Kuratiert von: Artemis Zervou, Giuliano Serafini