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Ornamentbänder aus Sand, Geflechte aus Menschenhaar, Arabesken aus Fruchtgummi, ein Labyrinth aus Lamettafäden: Die in Hamburg lebende und an der Stuttgarter Kunstakademie lehrende Bildhauerin Mariella Mosler (*1962) ist für ihren eigenwilligen Umgang mit Materialien und Ausstellungsräumen bekannt. Besonderes Aufsehen erregte sie 1997 auf der documenta X mit einer Bodenskulptur aus geschüttetem Quarzsand. Nun zeigt das Ernst Barlach Haus neuere Arbeiten der international renommierten Künstlerin.

Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei eigens für das Museum geschaffene Installationen: das Bodenmosaik Hundreds and Thousands aus 500 Kilogramm Liebesperlen und ein mit Silberfolienstreifen ausgekleideter Ausstellungsraum, in dem Mosler ihre neueste Werkgruppe Masken zeigt. In dieser Installation ist das Phänomen „Maske“ in seinen schillernden Facetten präsent: als Fetisch und Kultobjekt, als Chiffre für das Exotische und „Wilde“ in der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte, als machtvolles Symbol für menschliche Affekte und gesellschaftliche Rollenspiele.

Grundlage der präzisen, meist raumbezogenen Arrangements von Mariella Mosler sind komplexe Muster und Strukturen. Intensiv erkundet sie die Möglichkeiten ornamentaler Gestaltung – von außereuropäischer Ornamentik über barocke Zierformen bis zur Airbrush-Ästhetik der Popkultur. Was in der westlichen, puristisch geprägten Moderne oft als Beiwerk abgetan wurde, rückt Mosler ins Zentrum der Aufmerksamkeit: In ihren Arbeiten entfaltet das Ornament eine verschwenderische, zweckfreie Schönheit, die sich gegen Funktionalismus und ökonomische Zwänge behauptet.

Moslers Auseinandersetzung mit floralen und geometrischen Mustern zielt immer auch auf Ordnungssysteme, die unser Leben bestimmen – in Naturwissenschaft und Kunst, Politik und Gesellschaft, Sprache und Denken. Im gegliederten, ausgewogenen, prinzipiell unendlich fortsetzbaren Ornament scheint sich unsere Sehnsucht nach überschaubaren Strukturen, nach Sicherheit und Kontrolle zu erfüllen. Moslers Arbeiten spiegeln solche Ordnungswünsche – und entziehen sich ihnen zugleich. Ihre Ornamente sind kompliziert und verschlungen, durchdringen sich auf undurchschaubare Weise: Geordnetes lässt Irrationales aufscheinen.

Im Ernst Barlach Haus präsentiert Mariella Mosler ihre Kunst unter dem Titel Volapük – eine dem Esperanto vergleichbare, im späten 19. Jahrhundert mit dem Ziel der Völkerverständigung entwickelte Plansprache, deren Wortschatz sich aus Versatzstücken verschiedener europäischer Sprachen speist. Auch Mosler überführt Bekanntes in neue Zusammenhänge, arbeitet mit Strategien der Verschränkung und Überblendung. Ausgehend von Oberflächenreizen eröffnen ihre Arbeiten ein irritierendes Spiel mit Werten und Bedeutungen: Banales wirkt ungewohnt veredelt, Vertrautes befremdet.

Ein Künstlerbuch zur Ausstellung Volapük erscheint Anfang September. Die Buchpräsentation findet im Rahmen eines Gesprächs mit Mariella Mosler am Dienstag, 2. September 2008 um 19 Uhr statt.

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Mariella Mosler
Volapük