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Eröffnung am Donnerstag, dem 24. Juli von 19 - 21 Uhr

Fasziniert von der Buchkunst Charles Ricketts und unmittelbar beeinflusst durch Aubrey Beardsleys Revolution der Illustration, beginnt Marcus Behmer zur vorletzten Jahrhundertwende als Autodidakt. Bald löst er sich vom Jugendstil und entwickelt parallel zum aufkommenden Expressionismus und den neuen Impulsen der Wiener Werkstätten eine unverwechselbare Formensprache. In seiner Geburtsstadt Weimar gerät er ins Blickfeld des legendären Harry Graf Kessler. Behmer zeichnet, schreibt, gestaltet Bücher (auch für Kesslers Cranach Presse, vor allem aber für den Insel-Verlag) und entwickelt bis zum ersten Weltkrieg einen so verblüffend eigenständigen wie hochpräzisen Radierstil. Er gelangt zu einiger Berühmtheit in jenen bibliophilen Kreisen, die mit dem Aufbruch der Moderne Schritt halten. Zu Beginn von Behmers Karriere scheint alles möglich, er schafft frühe Comics, eine eigene Ornamentsprache, Schriften und Bilder von erstaunlich humorvoller Imagination und sexueller Offenheit.

Doch schon während der 20er Jahre leidet Behmer unter der Krise der Buchkunst und demzufolge auch an seiner unbeirrten Faszination für das kleine Format. Während seine Bucharbeiten, etwa zu Oscar Wildes “Die heilige Buhlerin", Herman Bangs “Exzentrische Novellen" und vor allem Phillip Otto Runges “Von dem Fischer und syner Fru" international hoch geschätzt werden, verschwinden seine zusehends freieren grafischen Arbeiten in einer kulturellen Lücke, welche fast alle Illustratoren der Moderne schluckt. Seine Präsenz bleibt dennoch groß genug, um ins Fadenkreuz der Nationalsozialisten zu geraten, die 1937 den offen schwul lebenden Behmer für zwei Jahre inhaftieren. Auch nach dem Krieg arbeitet Behmer als (oft genug verarmter) Bohemien im Umfeld von Literaten und Künstlern. Trotz zahlreicher Ausstellungen in renommierten Galerien und Institutionen, wie etwa in der Wiener Secession im Jahr 1900, im Frankfurter Städelmuseum 1956 und in den Berliner Galerien Rose 1950 und Rudolf Springer 1951, blieb Marcus Behmer, der bis zu seinem Tode 1958 in Berlin-Charlottenburg lebte, eine größere Bekanntheit verwehrt, nicht allein aufgrund seiner kleinen Formate und des darstellenden Sujets, sondern weil es ihm um anderes ging: eine Präzision in eigenen Zeichen, eine fast störrische Stilistik zwischen Ironie und Eleganz. Die Ausstellung in der Galerie Daniel Buchholz besteht aus Zeichnungen, seltenen zum Teil überarbeiteten Grafiken, illustrierten, sowie von Behmer konzipierten Büchern, Typo- und Manuskripten und Briefen, zum überwiegenden Teil aus Privatbesitz, sowie Leihgaben aus der Berlinischen Galerie, Berlin; Klingspohr Museum, Offenbach; Antiquariat Markus Haucke, Berlin; Sammlung Sternweiler im Schwulen Museum, Berlin; Städelsches Kunstinstitut/Graphische Sammlung, Frankfurt a.M.

Oliver Tepel

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Marcus Behmer
(1879-1958)