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" Snapshots " nennt der Berliner Künstler Marc Brandenburg seine auf semi-dokumentarischen Schnappschüssen und Magazinausrissen basierenden Bleistiftzeichnungen. Geprägt von persönlichen Mythologien und der Ikonografie populärer Kultur, beschreiben seine Bildzyklen filmisch anmutende Bewegungen, die sich aus perspektivisch verfremdeten und negativ umgekehrten Einzelbildern zusammensetzen. Schnappschüsse von Freunden, ascherne Graphit- Images von Fotomodellen, Pornodarstellern, und Hooligans verbinden sich in Brandenburgs Bilderwelt mit Teen-Devotionalien, Fetisch-Objekten, Plastikspielzeug oder geometrischen Formen zu assoziativen Handlungsträgern der zeichnerischen Inszenierungen des Künstlers . So, wie sich in Brandenburgs Werk die Grenzen zwischen Subjekt und Objekt auflösen, thematisieren seine Serien wie "meddle " (1999) oder "White Rainbow" (2000) die fließenden Übergänge vom Original zur Reproduktion, von der Subversion zum Kommerz, vom individuellen Ausdruck zur mechanisch kopierenden Geste. Das Szenarium, das Brandenburg in seinen Arbeiten schildert, ist von der ästhetischen Auseinandersetzung mit Gewalt, latentem Rassismus, Homosexualität, und der eigenen Identität als Deutscher afro-amerkanischer Herkunft geprägt.

Mit FULL CIRCLE (Excerpts from Negrophobia) greift Brandenburg Motive aus "Negrophobia" auf, dem Roman des schwarzen US-Autors Darius James, der bei seinem Erscheinen in Amerika eine literarische Sensation auslöste. NEGROPHOBIA ist eine groteske Achterbahnfahrt durch das Unterbewußtsein, die Träume und Ängste eines von unterschwelligem Rassismus geprägten Amerikas. Als rauhe und elektrifizierende Mischung aus Drehbuch, Dichtung, und Theaterstück erzählt das Buch die Geschichte der blonden Teen-Queen Bubbles, und ihrem von Paranoia und Klischees geprägten Trip in die afro-amerikanische Kultur. Es geht nicht nur um die Kolportage bestehender Verhältnisse, wenn Darius James seine Heldin genüßlich sozialen und sexuellen Torturen aussetzt, oder sie mit crackverseuchten Homeboys, Kannibalen in Baströcken, sprechenden Dreadlocks, Zombie-Meistern, und grotesken Cartoonfiguren konfrontiert. James Roman ist die zugleich explizite und poetische Annäherung an die Bildsprache einer abgründigen Unterhaltungsindustrie, deren rassistische Rollenbilder, uns von Kindheit an infiltrieren, gleich welcher Hautfarbe wir sind.

FULL CIRCLE assoziiert sich als Kollaboration zwischen Darius James und Marc Brandenburg, mit der im Roman auftauchenden Figur Walt Disney`s, einem maßgeblichen Gestalter weißer Mainstream - Kultur. Disneys extrem anti-kommunistische Einstellung, die er während der Mc Carthy Ära vor dem Ausschuß für anti-amerikanische Aktivitäten bewies, die Schöpfung seines "Magic Kingdoms", und vor allem der zum Synonym für "amerikanisch" gewordene Charakter der Mickey Mouse inspirierten James zu der satirischen Fiktion eines von Disney gegründeten nationalsozialistischen Staates, in dem sich faschistische Greueltaten und religiöser Fundamentalismus mit der "Be happy or I kill you" Mentalität Disneylands verbinden.

Ausgangsmotiv für FULL CIRCLE ist die berühmte Sequenz des 1940 entstandenen Disney- Films "Fantasia", in der sich die Silhouetten von Mickey und dem Dirigent Leopold Stokowski die Hände reichen. Mit FULL CIRCLE übernimmt Brandenburg diese Konstellation, indem er Darius James in einem eigens für die Ausstellung vom Künstler gestalteten Raum in der uniformierten Rolle eines Mickey- Mouse- Führers aus verschiedenen Perspektiven fotografiert, die in ihrer Gesamtheit eine Kreisbewegung ergeben - eine Drehung um ein Podest, auf dem James wie sein Vorbild Stokowski in der Haltung eines Dirigenten positioniert ist. Die so entstandenen Fotos bilden die Grundlage für Brandenburgs jüngste Serie von Zeichnungen. Gleichzeitig ist FULL CIRCLE die pseudo-authentische Rekonstruktion einer Performance, die jedoch erst am Eröffnungsabend tatsächlich stattfindet, wenn Darius James vor dem Publikum Auszüge aus NEGROPHOBIA zur Aufführung bringt, ein Werk zu dem er sagt: " Ich möchte, das jedem körperlich schlecht wird, der einen rassistischen Gedanken hat." FULL CIRCLE bezeichnet Formen einer geschlossene Bewegung: den Kreislauf immer wieder reproduzierter Vorstellungen, das Kreisen eines Taktstockes, die Rundungen eines Scheinwerfer-Spots, den Zyklus von Tätern und Opfern.

FULL CIRCLE ist die erste Ausstellung im Rahmen des Galerie-Progamms der LAURA MARS GRP., dessen Schwerpunkt die Verknüpfung aktueller Kunst mit Netzkultur sein soll. Zeitgleich mit der Ausstellung in unseren Räumen, wird eine Internet-Version von FULL CIRCLE realisiert werden. Pressetext

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Marc Brandenburg / Darius James
FULL CIRCLE ( Excerpts from NEGROPHOBIA)

Ausstellung - Performance - Internetprojekt