press release only in german

Eröffnung: 07. Oktober 2007, 11.30 Uhr, Künstlerhaus

Mit der Ausstellung von Videoarbeiten des 1978 in Bühl/Baden geborenen Künstlers Manuel Graf setzt der Kunstverein Göttingen seine Präsentationsreihe junger, aktueller Kunstpositionen fort.

Vorgestellt werden Arbeiten Manuel Grafs, die in den letzten Jahren nach dem Ende seiner Studienzeit an der Düsseldorfer Kunstakademie entstanden sind. Ergänzt werden sie durch Einblicke in die noch im Fertigstellungsprozess befindliche, neueste Arbeit des Künstlers.

Diese Kombination von Werk gewordenen Ideen und einer Idee, deren Weiterentwicklung vom Entwurf zum Kunstobjekt für die Dauer der Ausstellung eingefroren wird, verweist auf ein Charakteristikum der Arbeiten Manuel Grafs.

Drehen sich doch zu den Klängen von Udo Jürgens „1000 Jahre sind ein Tag“ (Remix) in Grafs Video mit gleichlautendem Titel auf einem Plattenteller Architekturmodelle aus ganz unterschiedlichen Epochen in tiefster Eintracht umeinander. Dem engen Kreis des Schallplattenrundes eingeschrieben, verschwimmen sie, indem sie ihre formal- und ideengeschichtliche Verbundenheit vorführen, zu einer Einheit.

Statt einer chronologisch bestimmten Architekturgeschichte zeigt Manuel Grafs Video eine Architektur, die von Architektur kommt und die sich jeden Tag aus dem Fundus der eigenen Bestände – ganz unabhängig davon, ob Utopie oder realisiertes Gebäude - neu erfindet.

Und so zeigt sich, dass vom modellhaften Entwurf die Entwicklung nicht zwangsweise zur Realisierung, sondern gleichberechtigt zur Idee zurückspringen kann, um sich von dort in Abgrenzung oder in Anlehnung wieder anders, überraschend neu und doch auch alt bekannt, selbst zu konstituieren.

Mit demselben verspielten Ernst begegnet Graf auch in der Videoanimation „Über die aus der Zukunft fliessenden Zeit“ der Vorstellung von geradlinig verlaufenden Entwicklungslinien. Mit dem Rekurs auf die Evolutionstheorie Otto Schindelwolfs, die sich unter deutschen Paläontologen lange Zeit großer Beliebtheit erfreute, ruft er ein Deutungsschema auf, das sich dem bekannten Darwinistischen Evolutionsmodell und der normalen Realitätserfahrung entgegenstellt. Graf lässt seinen ehemaligen Lehrer Wallat mit geschickter Sprachakrobatik vor suggestiv ins Bild gesetzten Schädelformen den Fluss der Zeit zum Stehen bringen, um ihn, wenn auch nur für die Dauer des Videos, nahezu selbstverständlich in die andere Richtung – von Alt zu Jung – laufen zu lassen.

Bei Graf sind das keine Fiktionen der Gestalt „was wäre wenn“, sondern absichtsvolle Ausflüge in die internen Mechanismen von Systemen (Architektur, Theoriebildung u.a.), die, dem „gesunden Menschenverstand“ entsprechend, gewöhnlich ohne jede weitere Überlegung linear ausgerichtet sind, und deren „In sich kreisen“ erst in den Installationen Grafs offensichtlich wird.

Und so macht Graf natürlich auch nicht vor dem System halt, in dem er selbst Heimspiel hat. In „Woher kommt die Kunst? Oder: Die Blüte des Menschen“ stellt er in handwerklich bewusst amateurhafter Ausführung Entwicklungsmodelle vor, die fantastisch unwirklich und unendlich liebenswert, die Welt konsequent durch die Brille der Kunst betrachten: Dort können in überzeugender Form- und Farblogik die Blüten der Vegetation mit nur einem leichten Flügelschlag von den ihnen ähnelnden Schmetterlingen auf Blumen und Bäume übertragen werden...ein modus operandi, der, folgt man den Bildgeschichten des Künstlers, jeder Form menschlicher Entäußerung, besonders aber jener in der Kunst, zu Grunde liegt.

only in german

Manuel Graf
"Er liebte die Falter, die Blumen und Kinder"