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In ihrer mehr als 40-jährigen Laufbahn hat Lutz Bacher ein höchst heterogenes Werk geschaffen, das sich jeder Kategorisierung entzieht. Die US-amerikanische Künstlerin, die seit Beginn ihrer Karriere unter dem männlichen Pseudonym agiert, arbeitet konzeptuell in verschiedenen Medien. In Fotografien, skulpturalen Arrangements, Videos, Soundarbeiten und raumgreifenden Installationen nutzt Bacher Bilder und Gegenstände, die im kollektiven Gedächtnis verankert und daher leicht abrufbar sind: zum Beispiel Pressefotos von Personen des öffentlichen Lebens, die durch mehrfaches Kopieren ein ästhetisches Eigenleben entwickeln oder Fundstücke aus Altwarenläden, die sie als objets trouvés und Readymades in ihre Installationen integriert, oder stark abgenutzte Baseball-Bälle, Murmeln und Sand. Für ihre Appropriationen bedient sich die Künstlerin alltags- und popkultureller Quellen wie Groschenromane, Pornohefte, Ratgeberliteratur und Paparazzi-Fotos. Nicht nur der menschliche Körper, Sexualität, Macht und Gewalt spielen für ihre Arbeit eine zentrale Rolle, ein wesentliches Interesse gilt auch der bewussten Vermischung von privat und öffentlich.

Die grossformatigen Arbeiten ihrer Serie Jokes (1987–88) zeigen Vergrößerungen von s/w-Fotos von PolitikerInnen und Prominenten der 1970er-Jahre mit bösen Einzeilern. Diese Text-Bild-Kombinationen wurden so gefunden und die Frage, wer die geschmacklosen Zeilen ursprünglich gesprochen oder autorisiert hat, bleibt ungewiss. Die schmuddelige Erscheinung der Fotos – Lutz Bacher beschmierte sie mit Dreck und fuhr mit ihrem Auto drüber – unterstreicht den kritischen Unterton der Arbeit. Mit Closed Circuit (1997–2000) wiederum, einer vierzigminütigen Animation aus Videostills, schuf die Künstlerin ein Porträt ihrer langjährigen Galeristin Pat Hearn: Knapp ein Jahr lang zeichnete eine über dem Schreibtisch der Galeristin angebrachte Überwachungskamera alles auf. Hearn war erst kurz davor mit Krebs diagnostiziert worden und so dokumentiert Closed Circuit nicht nur den Galerienalltag, sondern auch eines der letzten Lebensjahre der Galeristin.

Abstraktion, Fragmentierung und das Schaffen neuer Ordnungen von Dingen dienen der Künstlerin als Mittel, um die Frage nach der Normierung gesellschaftlicher Identitätsmodelle und Lebensentwürfe aufzuwerfen. Diesen Formen der Normierung stellt Lutz Bacher Aufschüttungen von Sand, Schlacke oder von tausenden losen Murmeln im Ausstellungsraum gegenüber und erzeugt damit, durchaus metaphorisch zu lesen, eine räumlich labile Situation – eine Situation, die sich jederzeit verändern kann. Für ihre Installation The Book of Sand (2010–12) ließ sie in die New Yorker Galerie Alex Zachary Peter Currie 25 Tonnen Sand schütten, der nicht nur den Boden im Erdgeschoß komplett bedeckte, sondern sich auch noch über den Innenhof ausbreitete. Anders als in Walter De Marias permanenter Installation in Soho, The New York Earth Room (1977), konnte und sollte man hier die Arbeit betreten. Dadurch gestaltete sich die Oberfläche immer etwas anders, ebenso wie das hereinströmende Tageslicht die Installation stets anders erscheinen ließ.

Für ihre Ausstellung im Hauptraum der Secession entwickelt Lutz Bacher eine neue Arbeit. Zur Eröffnung erscheint ihr Künstlerbuch The Gift.

Lutz Bacher lebt und arbeitet in New York.

Eingeladen vom Vorstand der Secession
Kuratorin: Jeanette Pacher