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Parallel zur Ausstellung von Derek Jarman eröffnet die Kunsthalle Zürich die Ausstellung des britischen Künstlers Luke Fowler (geb. 1978, lebt und arbeitet in Glasgow). Im April 2008 erhielt Luke Fowler den zum ersten Mal verliehenen Jarman Award, der an junge Filmschaffende vergeben wird, die sich durch ihre Experimentierfreudigkeit, Innovation und aussergewöhnlichen Visionen auszeichnen und deren Werk sich über Grenzen und konventionelle Definitionen hinwegsetzt. Luke Fowler gilt als Schlüsselfigur der Glasgower Szene: Er arbeitet hier als Dokumentarfilmer, Archivar und Musiker. Mit seinen Bands Rude Pravo, benannt nach der offiziellen Zeitung der tschechisch-kommunistischen Partei, und Lied Music – beide benutzen hauptsächlich Field Recordings und umgebaute oder selbst erfundene Instrumente – bewegt sich Fowler aktiv in der experimentellen Musikszene. Darüber hinaus führt der Künstler die Multimediaplattform SHADAZZ, die unter anderem auch LPs in Kollaboration mit anderen Musikern und Künstler veröffentlicht.

Mit seinen Filmen hinterfragt Fowler die klassischen Konventionen des Dokumentarfilms: Er untergräbt die strukturelle Syntax, collagiert gefundenes, scheinbar vergessenes wie auch selbst gedrehtes Filmmaterial mit Fotografien, Interviews, Diagrammen und Schriften zu einem neuartigen Geflecht. Dabei stellt er sich in die Tradition des Free Cinema, eine Bewegung des Dokumentarfilms in England in den 1950er Jahre, und des britischen New Wave der späten 1950er und 60er Jahre, dessen Kennzeichen es war, sich den herkömmlichen Erzählstrukturen zu widersetzen.

Vergessen gegangene Geschichten, radikale und experimentelle Ideen und Ideologien sowie ihre Protagonisten stehen im Zentrum von Fowlers Filmen. What You See Is Where You’re At (2001) kreist um das „Kingsley Hall Experiment“ des schottischen Psychiaters, Psychoanalytikers und Autors R.D. Laing und wirft Fragen nach Wert und Status kreativen Ausdrucks innerhalb der Gesellschaft auf. Die Gemeinschaftsarbeit The Way Out (2003, mit Kosten Koper) porträtiert Xentos „Fray“ Bentos, Gründungsmitglied der Band The Homosexuals, und reflektiert anhand des formalen Spiels mit Widersprüchen und Fragmenten den facettenreichen Charakter Xentos. Bogman Palmjaguar (2007) erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich infolge seiner Diagnostizierung als „paranoider Schizophreniker“ von den Mitmenschen abkehrt und sich in die Natur zurückzieht. In seinen Filmen gelingt es Fowler, die jeweiligen Inhalte in ihrer formalen Struktur wiederzuspiegeln. Der Rezipient wird angeregt, die eigene Beziehung zur Geschichte neu zu überdenken. Auf drastische und energische Weise legen die Arbeiten Zeugnis davon ab, dass Film die Fähigkeit besitzt, sowohl als Kunstform als auch als Dokumentation seine Grenzen zu überschreiten.

Die Kunsthalle Zürich vereint in ihrer Präsentation erstmals eine grössere Auswahl des filmischen Oeuvres von Luke Fowler in einer institutionellen Einzelausstellung. Neben dem eigens für die Ausstellung fertig gestellten Films An Abbeyview Film (2008), einer poetischen Bestandesaufnahme vom Leben in einer Wohnsiedlung sozial benachteiligter Menschen im schottischen Dumfermine, und einer Auswahl von Fotografien werden die Filme What You See Is Where You’re At, The Way Out sowie Bogman Palmjaguar im wöchentlichen Wechsel gezeigt.

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Luke Fowler

Künstler:
Luke Fowler