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Das August Macke Haus präsentiert anhand thematischer Schwerpunkte die expressionistische Phase im künstlerischen Schaffen von Ludwig Meidner (1884 - 1966), die etwa von 1912 bis in die frühen zwanziger Jahre andauerte. In dieser Zeit gelang Ludwig Meidner formal und inhaltlich ein eigenständiger und nachhaltig beeindruckender Beitrag auf dem weiten Feld der expressionistischen Kunst in Deutschland. Er entwickelte - auch in der Auseinandersetzung mit der internationalen Avantgarde - einen signifikanten Stil und eine originäre Ikonographie.

Etwa um 1910 eroberte sich Ludwig Meidner mit frühen, vorexpressionistischen Berliner Vorstadtlandschaften ein neues Thema. Eine Tuschezeichnung mit der Ansicht eines Berliner Hafens und zwei noch unpublizierte Zeichnungen von 1911 und 1912 führen in die Bildwelt Meidners ein, die sich nur ein Jahr später mit Blick auf das Zentrum der Stadt ungeheuer verdichtete und gleichzeitig immer instabiler wurde. Aus dieser spannenden Periode, in der die Großstadt metaphorisch als Ort des Umbruchs aber auch der Katastrophe gedeutet wird, werden zahlreiche seltene druckgraphische Blätter mit Straßen und Caféhausszenen gezeigt. Die Destruktion des (Bild-) Raumes und der ihn füllenden Architektur-, Figur- und Landschaftsmotive mündet in den sogenannten „Apokalyptischen Stadtlandschaften“. Damit wurde von Meidner ein Thema bearbeitet, das zeitgleich in der expressionistischen Literatur von großer Aktualität war.

Die Anbindung Meidners an die literarische Bohéme drückt sich auch in zahlreichen Porträts seiner Freunde und Weggefährten aus. Es handelt sich hier überwiegend um Druckgraphiken, die seinen engen Freund Ernst Wilhelm Lotz, Max Herrmann-Neiße, Theodor Däubler, Arthur Holitscher, Johannes R. Becher, Franz Werfel und viele andere zeigen. Diese Galerie der Köpfe belegt Meidners enorme Sensibilität als Porträtist.

In direktem Zusammenhang mit dieser Werkgruppe stehen die zahlreichen Selbstporträts von Meidner, in denen sich der Künstler immer wieder befragt und mit großer Intensität in verschiedensten Techniken dargestellt hat. Die enorme Präsenz seiner Physiognomie, die innere Aufgewühltheit und Nervosität, die sich direkt in den künstlerischen Ausdrucksmitteln zu spiegeln scheint und schließlich der experimentelle Charakter im Umgang mit Perspektive und Verkürzung lassen diese Werkgruppe besonders bedeutsam werden.

Ein tiefer Einschnitt in das Leben und Werk von Ludwig Meidner wird durch den Ersten Weltkrieg markiert. Der Künstler musste zwar nicht selbst an den Kämpfen teilnehmen, aber die Brutalität des Krieges und insbesondere der Tod von Ernst Wilhelm Lotz provozierten eine Reihe von beeindruckenden Kriegsszenen, die durch einige herausragende Tuschfederzeichnungen, durch Druckgraphiken und das bereits 1914 publizierte Mappenwerk „Krieg“ vertreten sind.

Thematisch schließt sich daran die Wiederentdeckung religiöser Motive an. Hier handelt es sich vor allen Dingen um großartige Prophetendarstellungen, die durch zwei Aquarelle, aber auch Zeichnungen und Graphiken vorgestellt werden.

Der stilistische Wandel, der in Meidners Werk etwa um 1920 einsetzt und vom Expressionismus zu einem neuen Naturalismus führt, wird im Umgang mit dieser Aufgabenstellung besonders augenfällig. Daher beschließen wenige ausgesuchte Blätter aus den frühen zwanziger Jahren den Zeitrahmen dieser Ausstellung.

Insgesamt zeigt das August Macke-Haus in Bonn rund 80 Arbeiten von Ludwig Meidner aus den Jahren zwischen 1910 und 1926, darunter mehrere Arbeiten, die erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Es handelt sich dabei überwiegend um Zeichnungen und Druckgraphiken der wichtigsten privaten Meidner-Sammlung Europas, die durch einige zumeist farbige Werke aus öffentlichem Besitz und durch eine Reihe von Publikationen und Buchillustrationen, die Ludwig Meidner als Literaten und Mitglied der expressionistischen Schriftstellerszene ausweisen, ergänzt wird.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog mit mehreren wissenschaftlichen Beiträgen u. a. zu Ludwig Meidners expressionistischem bildkünstlerischen Werk, zu seinem literarischen Oeuvre sowie zu seiner Mappe Krieg vom Herbst 1914. Autoren: Winfried Flammann, Gertrude Cepl-Kaufmann, Martina Padberg, Dietrich Schubert Pressetext

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Ludwig Meidner - Weltentaumel
Die expressionistische Werkphase
Kuratorin: Martina Padberg