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Die in Zusammenarbeit mit dem Museo d’Arte Mendrisio und der Mailänder Fondazione Lucio Fontana konzipierte Ausstellung Lucio Fontana, 1946 – 1960, Zeichen und Zeichnung stellt erstmals das zeichnerische, malerische und plastische Werk des Künstlers in einen übergreifenden konzeptuellen Zusammenhang. Die These der beiden Kura-toren Simone Soldini (Mendrisio) und Luca Massimo Barbero (Venedig) geht kaum von einer ästhetischen Autonomie des einzelnen Kunstwerks aus, eher stellen sie die Arbeiten, die Fontana zwischen 1946 und 1960 fertigte, in den Kontext eines umfassenden ästhetischen Konzepts, das schlagwortartig mit Fontanas Wunsch nach der „Eroberung einer neuen Dimension“ (nicht nur für die oder in der bildenden Kunst) umschrieben werden kann: Fontanas Con-cetto spaziale (die Vorstellung einer neu definierten Raumempfindung), deren Entwicklung gerade in der Zeichnung augenfällig wird, steht im Zentrum der Ausstellung. In der konzentrierten Auswahl der Werke aus dem so genannten Spätwerk (24 Leinwandarbeiten, darunter die Buchi, Löcher, und die Tagli, Schnitte, 8 plastischen Werken, 49 Arbeiten auf und mit Papier, und einer Rauminstallation, er-gänzt um historisches Dokumentationsmaterial) wird der Künstler Lucio Fontana (*19. Februar 1899; †17. September 1968) als einer der Begründer einer raumbezogenen und performativen Kunst vorgestellt: einer Kunst, die im sprich-wörtlichen Sinne die Begrenzungen der traditionellen Gattungen Malerei, Skulptur und Zeichnung „öffnet“ und über-windet. Damit bereichert Fontana – kunsthistorisch vor dem französischen Künstler Yves Klein oder den deutschen Künstlern des Zero – die Kunst um eine ideelle, wenn nicht idealistische Komponente. Paradigmatisch steht seine Kunst für das „offene Kunstwerk“ (Opera aperta, Umberto Eco, 1962), in dem semiotisch und strukturell Zeichen, Bezeichnendes und Bezeichnetes, ineinander geblendet werden. 1946 begann Fontana, seine bereits in den späten 1930er Jahren skizzierten Überlegungen zu einer raumorientierten Kunst in Zeichnungen zu systematisieren – und im ersten „spazialistischen“ Manifest (Manifiesto Blanco) schriftlich zu fixieren. 1947 entsteht die erste Scultura spaziale (Raumplastik), in der die Leere, die Lücke, der Durchblick als werk-bestimmend formuliert wird. Die 1948/49 erstmals in einer Mailänder Galerie eingerichtete, vielteilige und grosse Installation Ambiente spaziale a luce nera übersetzt unmittelbar zweidimensionale Entwürfe in eine schillernde Raum-zeichnung, ein Environment, das zugleich das künstliche oder natürliche Licht als Bestandteil der Kunstwerke von Fontana exemplarisch vorführt. Die Wahrnehmungsverschiebung vom sichtbaren Objekt hin zur nachvollziehbar, im Anschaulichen aufgehobenen Konzeption wird anhand herausragender Werke aus den Reihen der Buchi, Tagli, Na-ture, Attese und Forme anschaulich, die meist in den 1950er Jahren entstanden sind. Die Ausstellung endet 1959/60, kurz nach dem radikalen Schnitt in die Leinwand, der mithin zum oft missverstandenen „Markenzeichen“ Fontanas wurde.

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Lucio Fontana
1946 – 1960, Zeichen und Zeichnung

Kuratoren: Simone Soldini und Luca Massimo Barbero