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Eröffnung: Freitag, 17. Oktober 2008, 19 Uhr

Lost & Found ist eine Ausstellung über Pop. Es ist eine Ausstellung darüber, wie Künstlerinnen und Künstler mit einem Gegenstand umgehen, bei dem die Grenzen zwischen Aneignung und Vereinnahmung schnell verwischen.

Lost & Found handelt von bitter beklagten Verlusten und freudig geteilten Entdeckungen: Lost – das bedeutet den Verlust von Widerspenstigkeit und von glamouröser Überschreitung. Beides scheint nur noch wehmütige Erinnerung, seit Pop an den Alltag verloren ging. Found – das sind die emanzipative Umcodierung und die begeisterte Verbreitung von popkulturellen Fragmenten. Sie kommen aus aller Welt und halten für alle etwas bereit.

Lost & Found richtet den Blick bewusst unnostalgisch auf aktuelle Möglichkeiten einer kulturellen Selbstermächtigung, die Produkte der Popkultur nicht einfach konsumiert, sondern aus subjektiver Perspektive wiederentdeckt und feministisch-queer (um)interpretiert.

Die Ausstellung wird von einem vierteiligen Veranstaltungsprogramm, einem Filmscreening zur Langen Nacht der Münchner Museen sowie weiteren Veranstaltungen der Reihe laden+ begleitet.

Was passiert, wenn die Berliner Performance-Gruppe Discoteca Flaming Star und eine aus der spanischen Extremadura stammende Gruppe für traditionelle Musik zusammentreffen? Der experimentelle Filmemacher François Boué präsentiert in seinem Video Discoteca Guitarrera Funkstorm den Clash zweier musikalischen Welten in einer höchst eigenen visuellen Interpretation.

Das narrative Musikvideo Quio: Rising Tide von Christine Lang zeigt umgedrehte Geschlechterverhältnisse als (fiktive) Selbstverständlichkeit: Quio und ihre Gang, die Queenz, stehen in ihrem Club an den Decks, und die Boys sind ihre Toys. Die gegnerische Girlgang der Kingz will Ihnen die Party streitig machen – aber Quio verfügt über Voodoo-Fähigkeiten...

Autobiografisch ist dagegen Pauline Boudrys Videoarbeit A street angel with a cowboy mouth: ein audiovisuelles Tourtagebuch, in dem die Künstlerin ihre eigenen subjektiven Beobachtungen und Erlebnisse als tourende Musikerin mit Musikbeispielen und Interviews mit queeren Künstlern mischt.

Mit Didi Neidhart wurde ein Popliebhaber eingeladen, der in seinen Arbeiten die Trennung zwischen Musikkritik, Gesellschaftstheorie und kreativem Schaffen aufhebt. Für die Ausstellung hat er eine Reihe von Plattencover-Collagen hergestellt: filigrane Basteleien aus popkulturellen Bildreferenzen, die als jederzeit re-arrangierbare Diskurstrampoline zur ständigen Neucollagierung auffordern.

Anna McCarthys How to Start A Revolution spielt ironisch mit der Glorifizierung und Romantisierung vergangenen Rebellentums. Ihre pseudo-subversiven Aktionen im öffentlichen Raum, die sie in einem stetig wachsenden Archiv dokumentiert, stellen stereotype politisch-revolutionäre Posen nach, deren Sinn und Zweck undefiniert bleiben.

Andrea Thal recherchierte die Rezeptionsgeschichte und die mehrdeutige Identitätskonstruktion des Filmmonsters Godzilla, einer eigentlich männlich geprägten Kreatur, der die Schweizer Band „Mother’s Ruin“ in ihrem Song „Godzilla“ (1979) jedoch – wenn auch eher zufällig – eine weibliche Identität verpasste. In der Ausstellung zu hören sind sowohl dieser Originalsong als auch die von der Künstlerin angeregte Neuinterpretation durch die afroamerikanische Musikerin G-Rizo. In Sabine Reinfelds Figuren der Madame Banlieue und der Frau Tiergarten schließlich verschmelzen geschlechtliche und ethnische Markierungen mit globalem Corporate Design zu monströsen Gestalten ganz anderer Machart. Den Gegensatz von Assimilation und Distanz, Beteiligung und Indifferenz hält die performative Arbeit absichtsvoll in der Schwebe.

Künstler: Pauline Boudry (CH/D), Stella Brunner (CH), Discoteca Flaming Star (D/E) & François Boué (USA), Christine Lang (D), Anna McCarthy (UK/D), Didi Neidhart (A), Sabine Reinfeld (D), Dimitrina Sevova (BG/CH) und Andrea Thal (CH)

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Lost & Found Von Verlusten und Strategien der kulturellen Selbstermächtigung
kuratiert von Alice Cantaluppi, Isabel Reiss und Anna Voswinckel

Künstler: Pauline Boudry, Stella Brunner, Discoteca Flaming Star  & Francois Boue, Christine Lang, Anna McCarthy, Didi Neidhart, Sabine Reinfeld, Dimitrina Sevova, Andrea Thal